Promotionsstipendium: Dr. Michael Fritz

Die Umweltdynamik in der westlichen kanadischen Arktis während natürlicher Klimaschwankungen im Spätquartär

Die Umweltdynamik in der westlichen kanadischen Arktis

Titel der Dissertation:

Late Quaternary environmental dynamics of the western Canadian Arctic: Permafrost and lake sediment archives at the eastern Beringian edge

 

Während der letzten Kaltzeit gehörten Teile der westlichen kanadischen Arktis geographisch zur zusammenhängenden Landmasse Beringia, die sich weitgehend unvergletschert von Sibirien über Alaska bis nach Nordwestkanada erstreckte. Diese Landbrücke über die heutige Beringstraße ermöglichte die Wanderung von Pflanzen, Tieren und Menschen zwischen dem asiatischen und nordamerikanischen Kontinent. Die Yukon Coastal Plain im Nordwesten Kanadas stellt eine Schlüsselregion zur Rekonstruktion der spätquartären Klima- und Landschaftsgeschichte Beringias dar, denn sie war als Grenzraum zwischen ehemals vergletscherten und unvergletscherten Landschaften beiden Wirkungsbereichen unmittelbar ausgesetzt. Diese Region hat dabei Zeugnisse der Klimageschichte am Übergang von Kalt- zu Warmzeiten archiviert. Seesedimente und dauerhaft gefrorener Untergrund (Permafrost) dienen als Archiv und sind zur Rekonstruktion der regionalen Umweltgeschichte geeignet.

Ziel der Arbeit war es herauszufinden, wie sich Landschaften dies- und jenseits der Vereisungsgrenze in Nordwestkanada seit der letzten Eiszeit bis heute d.h. in den letzten ca. 28.000 Jahren entwickelt haben. Es galt darüber hinaus die Prozesse zu verstehen, die zur Bildung großer, massiver Grundeiskörper in der ehemals vergletscherten Region führten, deren Ursprung bisher ungeklärt ist und wie arktische Vegetationsgesellschaften auf vergangene Klimaschwankungen reagiert haben. Die vorliegende Arbeit verfolgt dabei einen multidisziplinären Forschungsansatz, der sich auf sedimentologische, paläo-ökologische, hydrochemische, isotopengeochemische und biostatistische Methoden stützt.

 

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass der vormals vergletscherte Küstenbereich Nordwestkanadas ca. 16.000 Jahren vor heute im Zuge einer deutlichen Klimaerwärmung eisfrei wurde. Während der vorhergehenden Eiszeit war die unvergletscherte Randzone in einem sehr trocken-kalten Klima nur spärlich bewachsen und von Permafrost dominiert. Die abschmelzenden Eismassen lieferten viel Wasser in die Landschaft, was zur Entstehung von Seen führte und einen hohen Sedimenteintrag in das Küstentiefland des Arktischen Ozeans zur Folge hatte.Steigende Temperaturen am Übergang zur aktuellen Warmzeit (ca. 10.000 Jahre vor heute) ließen die oberen Bereiche des Permafrostes tauen und Eis im Untergrund schmelzen, wodurch es zu verstärkter Oberflächenabsenkung, Seebeckenbildung und intensivem Torfwachstum in wassergefüllten Senken kam. Die zunächst von Süßgräsern und Kräutern bewachsene Landschaft entwickelte sich rasch in eine feuchte Strauchtundra mit Zwergbirken, Weiden- und Erlengebüsch sowie Sauergräsern. Im untersuchten Zeitraum hat die Baumgrenze das Untersuchungsgebiet nie erreicht. Leicht sinkende Temperaturen in den letzten 3000 bis 4000 Jahren führten zu verstärkter Permafrostentwicklung, verringertem Torfwachstum und intensiver Eiskeilbildung.

Die Klima- und Landschaftsgeschichte der westlichen kanadischen Arktis am Ostrand Beringias ist im besonderen Maße durch die Wechselwirkungsbeziehungen zwischen Eisschild, Ozean und Permafrost geprägt.

AZ: 20008/953

Zeitraum

01.06.2008 - 30.09.2011

Institut

Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft

Betreuer

Prof. Dr. Hans-Wolfgang Hubberten