Promotionsstipendium: Dr. Markus Weiß

StSP Nachhaltige Bioprozesse: Nachhaltige biokatalytische Synthese von enantiomerenreinen beta-Aminosäuren durch Michael-Addition von Stickstoffnukleophilen

Biokatalytische Synthese von enantiomerenreinen beta-AminosäurenEINLEITUNGInnerhalb des letzten Jahrzehntes hat die stereoselektive Synthese von beta-Aminosäuren aufgrund ihrer beachtlichen biologischen Bedeutung, dem Vorkom-men in Naturstoffen, sowie als potentielle Vorstufe zu beta-Lactamen, beachtliche Auf-merksamkeit erfahren. Beta-Aminosäuren verfügen über viele Strukturmerkmale, die natürlichen Aminosäuren ähnlich sind, werden jedoch im Gegensatz zu diesen aufgrund der „unnatürlichen“ beta-Funktionalität, wie manche Forscher annehmen, durch körperei-gene Enzyme langsamer abgebaut. Dieser so genannte beta-Trick, auf den die Phar-maentwickler setzen, macht sich in höheren Halbwertszeiten bezüglich des Abbaus, der Ausscheidung und der Deaktivierung im Organismus bemerkbar.Funktionalisierte beta-Aminosäuren sind zudem Schlüsselbausteine einer Reihe von biologisch aktiven Wirkstoffen wie Taxol.SYNTETSCHE ZUGÄNGEFür die kommerzielle Produktion von Vertretern dieser äußerst viel versprechenden neuen Verbindungsklasse konnten zudem bereits Verfahren basierend auf chemo- bzw. biokatalytischen Routen entwickelt werden.Aufgrund der in jüngster Zeit verstärkt berichteten pharmazeutischen Anwendungen von ?-Aminosäuren wird prognostiziert, dass „dass dies nur der Anfang einer steilen Karriere der ?-Aminosäuren in der Pharmaindustrie sein dürfte“. Für die kommerzielle Produktion von Vertretern dieser äußerst vielversprechenden neuen Verbindungsklasse konnten zudem bereits Verfahren basierend auf chemo- bzw. biokatalytischen Routen entwickelt werden.Der weit am häufigsten angewandte chemo-enzymatische Zugang basiert auf kinetischer Racematspaltung von Carbonsäurederivaten. Neben dieser biokatalytischen Methode existieren zudem weitere, jedoch seltener verwendete Verfahren wie Synthesen mit Transferasen, Isomerasen und die für Hydrolasen eher untypische biokatalytische Michael-Addition.UMWELTRELEVANZDas Bewusstsein und das Verlangen nach einer nachhaltigeren Chemie haben sich nicht zuletzt seit der Formulierung (1998) der zwölf Prinzipien der grünen Chemie durch Anastas verstärkt. Das Projektvorhaben baut genau auf diesen Prinzipien auf und soll dadurch einen entscheidenden Beitrag zur Verbreitung der grünen Chemie leisten. Möchte man die umweltbezogene Performance eines synthetischen Verfahrens bewerten, so kann dies über den von Sheldon eingeführten E-Faktor erfolgen.Verglichen mit anderen Industriesegmenten weisen pharmazeutische Verfahren weitaus ungünstigere Werte für den E-Faktor. Dies ist meist der Fall, da pharmazeutische Verfahren in der Regel komplexe Moleküle bei hohen Qualitätsstandards liefern und oftmals eine Vielzahl an Verfahrensschritten für die Synthese des Zielmoleküls benötigen. Eine weitere Ursache für die typische Größenordnung 25 bis >100 des Verhältnisses von „kg Abfall“ zu „kg Produkt“ kann aber auch in dem hohen Lösungsmittelbedarf (insbesondere bei vielstufigen Synthesen) gesehen werden. Eine Herausforderung an den Chemiker mit hohem Potential im Hinblick auf eine umweltfreundliche Synthese stellt daher die Entwicklung von Syntheseverfahren ohne Einsatz organischer Lösungsmittel dar. Ein weiterer Vorteil solcher Verfahren ist das Erreichen hoher Raum-Zeit-Ausbeuten. ZIELSETZUNG DES FORSCHUNGSPROJEKTESIn dem angestrebten Forschungsprojekt sollen nun die bisherigen Limitierungen der enantioselektiven Aza-Michael-Additionsreaktion, wie aufwendige mehrstufige Syntheserouten, Verwendung toxischer und teurer Chemikalien, hoher Lösungsmittelbedarf und die damit verbundene atomökonomisch und vor allem ökologisch problematische Entsorgung überwunden werden. Ziel des Projektes ist somit die Entwicklung eines effizienten, breit anwendbaren und auf technischen Maßstab übertragbaren, geeigneten biokatalytischen Verfahrens zur Herstellung pharmakologisch und chemisch relevanter ?-Aminosäuren, die als Bausteine für weitere Funktionalisierungen dienen können. Ein wesentliches Merkmal dieses Verfahrens ist demnach ein einfacher Zugang zu prochiralen, durch elektronenziehende Gruppen (z.B. CO2R) aktivierten Substraten. Die Vertreter dieser Verbindungsklasse sind entweder kommerziell erhältlich bzw. einfach und in hohen Ausbeuten durch bereits bekannte Synthesen darstellbar. Im darauf folgenden Schritt sollen die so gewonnen Substrate in einer enzymkatalysierten Reaktion mit einem Stickstoffnukleophil umgesetzt werden. Ein essentielles Merkmal des Verfahrens ist dabei die solvensfreie Durchführung der Reaktion, was sich im Kontext der Abfallbilanz (E-Faktor) vor allem in industriellem Maßstab positiv auswirkt. Weitere entscheidende Charakteristika des Verfahrens sind die geringe Menge an verwendetem Enzym, die leichte Abtrennung des biokatalytisch aktiven Enzyms durch einfache Filtration, sowie eine unkomplizierte Isolation des Rohproduktes. Im Folgeschritt erfolgt die Entschützung und Verseifung der Zwischenprodukte, worauf nach eventuell notwendiger Aufreinigung die gewünschten freien ?-Aminosäuren in hoher enantiomerer Reinheit und Ausbeute erhalten werden. Ergebnisse:Publikationen:[1] M. Weiß, H. Gröger, Synlett, 2009, 8, 1251.[2] M. Weiß, H. Gröger, Practical Highly Enantioselective Chemoenzymatic One-Pot Synthesis of Short-Chain Aliphatic beta-Amino Acid Esters, Tenth Tetrahedron Symposium, Paris, June 23-26 th, 2009.[3] M. Weiß, T.Brinkmann, H.Gröger, Green Chem., in preparation.Kooperationen:Ifu Hamburg GmbHProf. Andreas Liese

AZ: 20007/944

Zeitraum

01.12.2007 - 30.11.2010

Institut

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Organische Chemie

Betreuer

Prof. Dr. Harald Gröger