Flugfähigkeit und Mobilität der Köcherfliegen DeutschlandsFauna und Morphologie der meisten Fließgewässer in Deutschland sind beeinträchtigt, wie die ersten Bestandsaufnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie eindrucksvoll dokumentieren: 61% der Gewässer werden höchstwahrscheinlich den „guten ökologischen Zustand“, ein rechtlich vorgegebenes Ziel, nicht erreichen, während bei nur 15% die Zielerreichung wahrscheinlich ist (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 2006). Nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie wird der ökologische Zustand anhand von wasserlebenden Organismen bestimmt, wobei Kleintiere, die an der Gewässersohle leben (das Makrozoobenthos) besonders häufig Verwendung finden.Auch gut geplante und durchgeführte Renaturierungsmaßnahmen an Fliessgewässern führen oft nicht zu einer Verbesserung der Besiedlung des Makrozoobenthos, z.B. durch die Ansiedlung anspruchsvoller Arten (Feld et al. 2007). Die meisten Autoren vermuten als Ursache, dass Organismen des Makrozoobenthos lange Zeiträume zur Besiedlung renaturierter Strecken benötigen, wobei es nur wenige Daten zur Geschwindigkeit der Wiederbesiedlung gibt. Um den Erfolg von Renaturierungen abschätzen und ggf. auch modellieren zu können, sind daher Daten zur Ausbreitungsfähigkeit von Arten des Makrozoobenthos notwendig – es gibt jedoch zur dieser Frage nur wenige, meist exemplarische, Untersuchungen.Daher werden für eine große Anzahl an Arten einer aquatische Insektenordnung (die Köcherfliegen) Daten zur Ausbreitungsfähigkeit im flugfähigen Stadium ermittelt werden, durch eine Kombination von morphologischen und experimentellen Untersuchungen an den erwachsen Tieren. Als Basisdatenstock werden flugrelevante, morphologische Parameter wie Flügellänge und -fläche, Körper- und Thoraxmasse von 100 Köcherfliegenarten unterschiedlicher Häufigkeiten (selten bis häufig) erhoben. Dabei werden alle untersuchten Köcherfliegenarten mit Individuen aus drei verschiedenen Populationen vertreten sein. Das Tiermaterial stammt sowohl aus unterschiedlichen Fangmethoden (Licht- und Emergenzfallen) wie auch aus unterschiedlichen Populationen (älteren Fängen der Universität Duisburg-Essen und anderer Spezialisten, wie auch eigene Fänge). Es werden zusätzlich Emergenzfallen in einem Gewässer nahe Essen über das Jahr 2008 exponiert. Aus der so gewonnenen Datenmenge werden drei Arten ausgewählt, die einer experimentellen Feststellung der Flugfähigkeit im Labor unterzogen werden. Zur Standardisierung der Methode werden die Arten als Larven und/oder Puppen im Freiland besammelt und im Labor bis zum Schlupf aufgezogen. Die Adulten werden dann dem Experiment zugeführt und nach Beendigung auf den oben erwähnten Basisdatenstock Morphologie hin untersucht.Aus den morphologischen Daten und den Flugfähigkeitsbefunden werden morphologische Indikatoren für die Ausbreitungsfähigkeit festgesetzt und mit den verschiedenen deutschen Benthosdatenbanken abgeglichen.Die während der Arbeit gewonnenen Daten sollen zur Erklärung der Verbreitungsmuster der 100 untersuchten Arten dienen.Diese Ergebnisse können als ein Baustein für Evaluierungsmethoden verschiedener durchgeführter Renaturierungsmaßnahmen an deutschen Gewässern fungieren.