Ganzzell-Biokatalyse in MikroreaktionssystemenBiotechnologische Verfahren gewinnen als Ergänzung von klassisch-chemischen Verfahren immer mehr Bedeutung. Enzyme oder ganze Zellen können metallorganische Katalysatoren in der Herstellung von Feinchemikalien, besonders bei der Produktion optisch aktiver Substanzen, ersetzen. Enzyme sind in der Lage, nur eine definierte Reaktion mit einem eingeschränkten Substratspektrum zu katalysieren. Allerdings ist ein Großteil der Enzyme außerhalb der Zelle instabil. Ein weiterer Nachteil tritt bei Reaktionen auf, bei denen Cofaktoren benötigt werden (z.B. Redoxreaktionen). Diese Cofaktoren können auf Grund ihrer Kosten nicht in äquimolarer Menge zugesetzt werden, was eine effiziente Cofaktorregenerierung nötig macht.Diese Probleme werden durch Einsatz der Ganzzell-Biokatalyse umgangen, da die Enzyme in ihrer natürlichen Umgebung vorliegen, und eine Cofaktorregenerierung zellintern vorhanden ist. Aber auch der Einsatz ganzer Zellen hat Nachteile. Zellen besitzen meist mehrere Enzyme, die eine Reaktion katalysieren können. Je nach Kopienzahl und Geschwindigkeitskonstanten der Enzyme wird durch zum Beispiel Reduktion eines prochiralen Ketons das (R)- oder das (S)-Enantiomer gebildet. Wenn die Zelle Stress ausgesetzt wird, kann es zu einer Veränderung der Kopienzahl und zur Bildung anderer Enzyme kommen, um die Zelle vor den Auswirkungen des Stresses zu schützen. Das kann wiederum zu einer Verringerung der Enantiomerenreinheit und einem wertlosen, verunreinigten Produkt führen. Stress kann auf die Zelle durch zum Beispiel Temperaturschwankungen, Konzentrationsschwankungen des Eduktes beziehungsweise Produktes oder durch die Scherwirkung des Rührers ausgeübt werden.Im technischen Maßstab finden biotechnologische Verfahren in Reaktoren mit einem Volumen bis zu 10m³ statt. Zellen produzieren durch ihren Stoffwechsel Wärme, die durch geeignete Kühlvorrichtungen abgeführt werden muss. Die Kühlung kann über die Wand (Doppelmantelreaktor) und/oder über Kühlschlangen im Reaktor erfolgen. Die Zellsuspension ist in der Nähe der Kühlung kälter als im Inneren des Reaktors. Durch Rühren der Zellsuspension werden die Zellen abwechselnd durch kalte und wärmere Bereiche des Reaktors geleitet. Dadurch sind sie nie in einer optimalen Temperaturumgebung, was Stress auf die Zellen ausübt und, wie oben erläutert, zu einer Verringerung der Enantiomerenreinheit führt. Ein weiterer Einflussfaktor ist der Rührer. Durch diesen wird Scherstress auf die Zellen ausgeübt. Die Zugabe des Eduktes erfolgt meist im fed-batch-Verfahren. Dadurch ist die Konzentration des möglicherweise toxischen Eduktes an der Dosierstelle höher als im Rest des Reaktors. Die Zelle sieht sich chemischem Stress ausgesetzt, was auch zu einer Verringerung der Enantiomerenreinheit führt.Eine Möglichkeit, die Zellen diesem Stress nicht auszusetzen, ist der Einsatz der Mikroreaktionstechnik. Die Apparaturgröße liegt im µm- bis mm-Bereich. Durch diese geringen Abmessungen leisten die Diffusion und die Wärmeleitung, die in größeren Reaktoren vernachlässigbar wären, einen signifikanten Beitrag zur Wärme- und Stoffübertragung. Die Folge ist eine Prozessintensivierung. Wärme kann schneller abgeführt und Konzentrationsunterschiede schneller ausgeglichen werden. Dadurch herrschen im gesamten Reaktor reproduzierbare Bedingungen. Während dieser Promotion soll ein neuer Reaktor für die Ganzzell-Biokatalyse entwickelt werden. Dieser Reaktor ist ein Mikrokanal mit einem Innendurchmesser von 1 bis 2 mm und einer Länge von bis zu 100 m. Die als Reaktionsmedium genutzte Zellsuspension soll mit Stickstoff kompartimentiert werden. Diese Kompartimentierung führt zum sogenannten Slug-Flow, der die Vermischung innerhalb des Reaktionsmediums gewährleistet und die Rückvermischung im Kanal verhindert. Dadurch soll die Enantiomerenreinheit der Reduktion von ?-Ketoestern zu ?-Hydroxyestern durch Saccharomyces cerevisiae deutlich verbessert werden.