Experimentelle Untersuchungen zur hydrothermalen Karbonisierung von Biomasse
Im Rahmen des Promotionsstipendiums wurde eine Grundlage zur energetischen Bewertung von hydrothermaler Karbonisierung für die Aufbereitung von Biomasse zu einem Energieträger mit verbesserten Brennstoffeigenschaften erarbeitet. Hierfür wurde die Wärmetönung der Reaktion experimentell untersucht und erstmalig der derzeitige Stand des Wissens zusammenfassend dargestellt. Durch die Auswertung der umfangreichen Literatur zur Theorie der hydrothermalen Karbonisierung (HTC) und deren technischer Umsetzung entsteht ein umfassendes Bild des zugrunde liegenden Reaktionsnetzwerkes. Durch die Unterschiede zur Chemie der Pyrolyse wird deutlich, dass eine separate Betrachtung des Prozesses erforderlich ist. Zusätzlich wurden Wissenslücken identifiziert, die für ein Verständnis der Reaktion geschlossen werden müssen. Hervorzuheben sind hier die Mechanismen der Polyreaktionen, die zur Bildung der HTC-Kohle führen, ein besseres Verständnis der Zusammensetzung der HTC-Kohle bzw. ihrer Fraktionen sowie Reaktionen des Lignins unter hydrothermalen Bedingungen. Relevante Prozessparameter konnten zwar identifiziert und qualitativ ausgewertet werden, es fehlen jedoch schlüssige Modelle zur Beschreibung der Produktverteilung und deren Zusammensetzung. Die im Prozesswasser gelöste Organik ist besonders zu beachten, da diese einen signifikanten Einfluss auf die Effizienz des Karbonisierungsprozesses hat. Im experimentellen Teil wurden Versuche zur Bestimmung der Reaktionswärme der hydro-thermalen Karbonisierung durchgeführt, da dies ein wichtiger Parameter für den Wärmehaushalt des Prozesses ist. Messungen in einem leistungskompensierten Differenzkalorimeter mit Cellulose und Glucose ergaben Werte von -1070±40 J/gtr,af bzw. -1060±70 J/gtr,af (n=6). Die gemessene Exothermie für Holzspäne war mit -750±11 J/gtr,af (n=6) deutlich geringer. Diese Ergebnisse stellen nach dem jetzigen Stand der Forschung die genauesten Messungen für die Reaktionswärme von hydrothermaler Karbonisierung dar. Die Messergebnisse weichen signifikant von bisher veröffentlichten Abschätzungen der Exothermie von hydrothermaler Karbonisierung ab. Eine kritische Diskussion der unterschiedlichen Ergebnisse zeigt auf, das bislang die Exothermie überschätzt wurde. Auf Grundlage der Messergebnisse kommt der Exothermie eine untergeordnete Rolle im Wärmehaushalt des Prozesses zu. Zusätzlich zur quantitativen Bestimmung der Reaktionswärme wurde der Einfluss der Beladung untersucht. Diese zeigte im Bereich von 20 bis 50% Trockensubstanzgehalt keinen signifikanten Einfluss auf den Verlauf der Reaktionswärme. Der Einsatz von unterschiedlichen Säuren zeigte keinen beschleunigenden Einfluss auf den Verlauf der Reaktionswärme oberhalb von pH 3. Parallel zur Durchführung der Messungen mit Modellsubstanzen wurde ein Versuchsstand aufgebaut, der für größere Probenmengen (bis zu 100 g) die Reaktionswärme von hydrothermaler Karbonisierung durch die Entnahme von Dampf messen sollte. Allerdings konnten Messungen kein Ergebnis für die Reaktionswärme liefern. Mögliche Gründe hierfür werden diskutiert und auf Basis der gewonnen Erkenntnisse ein anderes Messkonzept empfohlen. Hydrothermale Karbonisierung kann nicht als einfache Technologie (‚low tech‘) bezeichnet werden, vor allem nicht im Vergleich zu klassischer Pyrolyse und anaerober Vergärung. Beispiele aus der Literatur zeigen, dass der Anlagenaufwand zum Verarbeiten der Biomasse, zur internen Wärme-rückgewinnung und Aufbereitung des Prozesswassers nicht unerheblich ist. Nichtsdestotrotz können sich je nach Anwendungsfall entscheidende Vorteile ergeben, vor allem bei der Nutzung von Biomasseströmen mit einem sehr hohen Wassergehalt. Daher ist es möglich, dass hydrothermale Karbonisierung im Einzelfall eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Umwandlungstechniken für Biomasse darstellen kann.