Architektur und Ethik
Architektur für ein gutes Leben Über Verantwortung, Moral und Ethik des ArchitektenMotivation und Ausgangspunkt der Dissertation ist die Feststellung einer großen Diskrepanz zwischen der Bedeutung der gebauten Umwelt für den Menschen und die Natur auf der einen Seite und der ethischen Reflexion auf ihre Entstehungsbedingungen und speziellen Probleme andererseits. Die Arbeit soll einen Beitrag zur Entwicklung einer Ethik der gebauten Umwelt leisten. Insbesondere die Tätigkeit des Architekten und allgemein die Gestaltung der gebauten Umwelt soll unter ethischen Gesichtspunkten untersucht werden. Was darf man bauen und was nicht? Was sollte man bauen? Welchen Beitrag kann Architektur zum guten Leben im ethischen Sinn leisten? 1 Das erste Kapitel enthält zunächst eine allgemeine Einführung in das Thema und eine Diskussion seiner gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Relevanz. Nach genauerer Festlegung des Untersuchungsbereiches und Hinweisen zur Methode wird kurz auf den Forschungsstand eingegangen. Abschließend wird das Thema als der Umweltethik zugehörig verortet.2 Um den Gegenstand der Untersuchung klar fassen zu können, gebe ich im zweiten Kapitel zunächst mein Verständnis von gebauter Umwelt und Architektur an. Dazu wird auch auf den Entstehungsprozess von Architektur und auf die an diesem Prozess beteiligten Akteure eingegangen. Anschließend erläutere ich mein Verständnis von für diese Untersuchung wichtigen Begriffen aus der Ethik.3 Im dritten Kapitel wird der Zusammenhang von Architektur und Moral beziehungsweise von Architektur und Ethik sowohl unter systematischen als auch historischen Aspekten untersucht.4 Im vierten Kapitel wird die Verantwortung in der Architektur als heuristischer Ausgangspunkt einer Ethik der Architektur umfassend analysiert und diskutiert. Die Feststellung, dass Architektur als eine verantwortungsvolle Aufgabe gesehen wird und die Begründung dieser Feststellung bilden den Ausgangspunkt des Kapitels. Anschließend wird das Verhältnis von Bauherr und Architekt empirisch und systematisch rekonstruiert, bevor die Verantwortung des Architekten, des Bauherren, der Architektenschaft und weiterer Beteiligter genauer untersucht wird.5 Für eine ethische Beurteilung ist die Feststellung von Verantwortung nicht detailliert genug, da Verantwortung ethisch sekundär ist, insofern sie auf ein Gerüst normativer Aussagen und bestimmter Wertvorstellungen verwiesen ist, also auf eine Ethik, eine Moral oder ein Ethos. Daher wird im fünften Kapitel auf die der Tätigkeit des Architekten zugrunde liegenden moralischen und ethischen Vorstellungen eingegangen. Es erfolgt zunächst eine Systematisierung der Grundlagen normativer Ansprüche an das Handeln des Architekten. Ich sehe dabei drei normative Systeme, aufgrund derer dem Architekt Verantwortung auferlegt wird. Es sind dies basale moralische Intuitionen, das Ethos der Architekten und die individuellen moralischen Überzeugungen. Im Anschluß folgt eine deskriptive Untersuchung besagter Grundlagen, gefolgt von einer Untersuchung zur Eignung verschiedener ethischer Ansätze für die Begründung normativer Aussagen zum Handeln von Architekt und Architektenschaft. 6 Im sechsten Kapitel werden moralische Prinzipien für das Handeln eines Architekten vorgestellt, diskutiert und in erster Näherung spezifiziert. Es sind zum einen die vier, zwar klassischen, konkret aber aus der Prinzipienethik von Beauchamp/Childress entnommenen, Prinzipien Gerechtigkeit, Autonomie, Schadensvermeidung und Pflicht zur Sorge, ergänzt um Wahrheit, Schönheit und Nachhaltigkeit. Insofern sich dieses Vorgehen zumindest in loser Form am metaethischen Modell der so genannten Prinzipienethik anlehnt erfolgt vor der Diskussion der Prinzipien eine kurze Erläuterung der von mir angenommenen metaethischen Grundlagen und der Methode.7 Im abschleßenden siebten Kapitel werden alle Ergebnisse der Arbeit kurz zusammengefasst.