Cephalopoden in der NordseeZwischen dem Sommer 2007 und dem Winter 2010 konnten im Rahmen des International Bottom Trawl Survey (IBTS) in der Nordsee 178.847 Tintenfische gefangen werden.Insgesamt konnten 12 verschiedene Arten (Alloteuthis subulata, Loligo forbesi, Loligo vulgaris, Illex coindetii, Todarodes sagittatus, Todaropsis eblanae, Rossia macrosoma, Sepiola atlantica, Sepietta oweniana, Sepia elegans, Sepia officinalis, Eledone cirrhosa) identifiziert werden.Die häufigsten Tintenfische waren die Langflossenkalmare Alloteuthis subulata (168.162 Exemplare) und Loligo forbesi (5.709 Exemplare). Kurzflossenkalmare wie Todaropsis eblanae (264 Exemplare), Illex coindetii (94 Exemplare) und Todarodes sagittatus (51 Exemplare) waren dagegen seltener vertreten. Die erstellten Verbreitungskarten weisen für A. subulata und L. forbesi auf typische Verbreitungsgebiete hin. So wurden im Winter die meisten unreifen und reifenden A. subulata im zentralen und nördlichen Bereich der Nordsee gefangen, wo sie sich in den tieferen und wärmeren Wassermassen aufhielten. Zum Sommer zogen die reifenden und ausgereiften Tiere südöstlich ins warme, flachere Küstenwasser. Die Ergebnisse deuten somit auf ein Laichgebiet an der Küste und eine Laichperiode im Sommer hin. L. forbesi wurde im Winter am häufigsten in den wärmeren und salzhaltigeren Wassermassen im nördlichen Bereich der Nordsee, nahe der Shetland Inseln gefangen. Im Sommer hingegen kam L. forbesi verstreut in der ganzen Nordsee vor. Die Ergebnisse der Reifegradanalyse lassen auf eine winterliche Laichperiode und auf ein Laichgebiet nahe der Shetlands schließen.Bis auf L. vulgaris, der vermehrt im südlichen Nordseebereich vorkam, weisen die anderen untersuchten Arten kein typisches Verbreitungsgebiet vor.Daten älterer Ausfahrten ergänzt mit den aktuellen Ausfahrten deuten darauf hin, dass die Tintenfischbestände in den letzten Jahren angestiegen sind.Mit Hilfe zweier Interpolationsverfahren konnte die Gesamtanzahl der in der Nordsee lebenden Tintenfische auf etwa 2,7 Milliarden im Winter und 440 Millionen im Sommer geschätzt werden. Die Bestandsgröße von A. subulata beträgt im Winter 2,5 Milliarden und im Sommer 360 Millionen Exemplare. Die Bestandsgröße von L. forbesi ist mit 77 Millionen Exemplaren im Sommer und Winter wesentlich kleiner.Die Ergebnisse der Mageninhaltsanalyse zeigen eine klare Abhängigkeit zwischen der dorsalen Mantellänge, der Beutezusammensetzung und der Beutegröße.So ernähren sich die kleineren Tintenfische hauptsächlich von Polychaeten und kleinen Crustaceen. Mit zunehmender Größe werden vermehrt Tintenfische und Fische erbeutet. Unter der Fischbeute konnten kommerziell genutzte Arten wie Kabeljau und Hering identifiziert werden. Dabei ist die Zusammensetzung der Nahrung saisonal und regional unterschiedlich, was wiederum mit der Verfügbarkeit der Beute und der dorsalen Mantellänge in Zusammenhang steht. Mit Hilfe der Messung stabiler Isotope konnten die Tintenfische in das Nahrungsnetz der Nordsee eingeordnet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Cephalopoden auf der gleichen Trophieebene wie die großen Raubfische der Nordsee eingestuft werden können.Mit einer berechneten täglichen Konsumption von 133 t Fisch im Sommer und 295 t Fisch im Winter, kann der Bestand von L. forbesi einen potentiellen „Top-Down“-Einfluss auf die kommerziell genutzten Fischarten ausüben. So frisst L. forbesi 0,6 % der jährlichen Rekrutiererbiomasse von G. morhua, 0,3 % vom Schellfisch, 0,4 % vom Stintdorsch und 2,3 % vom Wittling.A. subulata frisst im Winter hauptsächlich Crustaceen (488 t täglich), wohingegen im Sommer vermehrt Fische (106 t täglich) gefressen werden. Aufgrund der kleineren dorsalen Mantellänge werden aber hauptsächlich Gobiiden erbeutet, so dass A. subulata keinen direkten Einfluss auf die Rekrutierer wichtiger kommerziell genutzter Arten aufweist.Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern neue Erkenntnisse über die Verbreitung, das Vorkommen, saisonale Wanderungen, potentielle Laichgebiete sowie zur Nahrungsökologie der häufigsten Nordsee Tintenfischen, und zusätzlich grundlegende Informationen für ein wissenschaftliches Assessment und einer möglichen Modellierung des Ökosystems der Nordsee.