Promotionsstipendium: Dr. Michael Strümpel

Sichere industrielle Nutzbarmachung der präparativen Diazoalkanchemie mittels kontinuierlicher Mikroverfahrenstechnik – Ein Beitrag zur Prozessintensivierung durch Steigerung der ökologischen Effizienz und Regenerierung des Diazoalkanprecursors

Mikroverfahrenstechnik zur nachhaltigen Prozessintensivierung sicherer präparativer DiazoalkanchemieIn diesem Projekt wird die Mikroreaktionstechnik (MRT) genutzt, um N-Methyl-N-nitroso-p-toluensulfonamid (MNTS bzw. Diazald®), die wahrscheinlich wichtigste Vorstufe zur Bereitstellung des industriell begehrten C1-Synthesebausteins Diazomethan, in einer mehrstufigen Synthese ausgehend von p-Toluensulfonsäure (p-TsOH) zu gewinnen. Die besonderen Eigenschaften der MRT sollen dabei für die einzelnen Synthesestufen Vorteile und deutliche Effizienzsteigerungen mit sich ziehen. Weiterhin soll ein durchgehend kontinuierlicher Gesamtprozess entstehen, der im Weiteren den Anschluss der bereits erprobten eigentlichen Gewinnung sowie Nutzung des Diazomethans aus MNTS[1] mit der MRT möglich macht und somit eine abgeschlossene Prozesseinheit für die Diazomethan-Chemie bildet. Die Nachhaltigkeit dieser Prozesseinheit erfährt eine weitere Steigerung, wenn anfallende Nebenprodukte wieder oder weiter verwertbar sind. In diesem Fall eignet sich das während der Diazomethanfreisetzung anfallende p-TsOH gegebenenfalls für den erneuten Aufbau zum MNTS. Die Aufarbeitung, Rückführung und Recyclisierung des p-TsOH ist daher ein weiterer Schwerpunkt in der ganzheitlichen Prozessführung. Die drei notwendigen Synthesestufen zur Produktion von MNTS wurden in diesem Projekt bereits untersucht. Zur Bewertung der Effizienz der Synthesen wurde die einfach zu handhabende Software EATOS[2],[3] herangezogen, aber auch weitere Kriterien betrachtet, wie die Raum-Zeit-Ausbeute (RZA) und Energieeffizienz. Es wurde gefunden, dass die erste Stufe, die Chlorierung von p-TsOH zu p-Toluensulfonchlorid (p-TsCl), aus technischen und stofflichen Gründen nicht kontinuierlich mit der MRT durchgeführt werden kann, obwohl einige gefährliche Stoffeigenschaften der zu verwendenden Chlorierungsmitteln für die Verwendung der MRT sprächen. Insbesondere die allgemein heterogene Reaktionsführung (flüssig-fest) verhindert den Einsatz der MRT. Dieser Schritt wird daher aus der Planung zur kontinuierlichen Verfahrensweise herausgenommen und konventionell in diskontinuierlicher Verfahrensweise durchgeführt. Größere Nachteile ergeben sich dadurch nicht, da eine Angliederung an bereits diskontinuierlich geplante Aufarbeitung und Rückführung von p-TsOH möglich ist. Mögliche Effizienzvorteile ergeben sich daher auch nur aus der Wahl der Synthesemethode bzw. des Chlorierungsmittels (z.B. Thionylchlorid oder Phosphorpentachlorid).Die zweite Synthesestufe, die Aminolyse von p-TsCl zu N-Methyl-p-toluensulfonamid (p-TsNHMe) mit Methylamin, wurde bereits soweit optimiert, dass sie kontinuierlich mit hoher Performance (quantitative Umsätze und Ausbeuten) mittels durchführbar ist. Die Optimierung zeigt nicht nur deutliche Effizienzvorteile und gesteigerte RZAs, sondern auch klare Vorteile durch Verwendung der modernen Technologie. Da die Reaktion sehr schnell und stark exotherm ist, bietet die MRT mit der Möglichkeit eines schnellen Wärmeaustausches die idealen Bedingungen zur effektiven Kühlung. Durch das geschickte Ausnutzen von Phasentrennungen ist es aufgrund von Aussalzeffekten weiterhin möglich, das Produkt nahezu quantitativ in hoher Konzentration in organischer Lösung zu erhalten, während das Abfallprodukt Methylammoniumhydrochlorid in wässriger Lösung abgetrennt wird. Das als am besten geeignete Lösungsmittel wurde bisher Acetonitril befunden, da es hohe Konzentrationen (3 mol/l) ermöglicht und in der Bewertung mit EATOS die geringsten ökologischen Nachteile mit sich bringt.Die dritte Stufe, die Nitrosierung von p-TsNHMe mit Natriumnitrit (NaNO2) zum Zielprodukt MNTS, wird ebenfalls bereits kontinuierlich durchgeführt. Es zeichnen sich in Optimierungsversuchen ebenfalls Vorteile und Steigerungen in der Effizienz gegenüber konventionellen Methoden ab. Die diskontinuierlichen Optimierungen zeigen, dass auf nötige Überschüsse an NaNO2 und HCl relativ wenig Einfluss genommen werden kann, aber grundsätzlich wieder eine gute Performance (quantitative Umsätze und Ausbeuten > 80 %) zu erreichen ist. Hier gilt es vor allen Dingen, die lange Reaktionszeit durch die intensive Mikrovermischung mit der MRT zu reduzieren. Phasentrennungen aufgrund von Aussalzeffekten können auch in diesem Reaktionsschritt vorteilhaft zur Produkttrennung verwendet werden.Die Verbindung der Aminolyse mit der Nitrosierung im kontinuierlichen Betrieb wird momentan untersucht und verläuft weitestgehend unproblematisch. Dafür ist nach der Aminolyse nur die Zuführung eines Überschusses Salzsäure nötig, um die nötigen aciden Bedingungen für die Nitrosierung zu schaffen. Endgültige Aussagen zur Nitrosierung können noch nicht getroffen werden, da die Untersuchungen zur kontinuierlichen Verfahrensweise noch abzuschließen sind.Im weiteren Verlauf der Arbeiten wird zunächst die Erstellung der Gesamtanlage stehen, sowie die Anbindung an die nachfolgende Prozesseinheit, nämlich die Freisetzung von Diazomethan und dessen Reaktion. Der nächste Teil des Projektes muss sich dann detailliert mit der Aufarbeitung und Rückführung des p-TsOH befassen und auch die günstigsten Bedingungen zur diskontinuierlich durchzuführenden Chlorierung schaffen, womit die gewünschte ganzheitliche Prozesseinheit zur Diazomethan-Chemie fertig gestellt wäre. Mit einer solchen Prozesseinheit wird es möglich sein, die Vorteile des C1-Synthesebausteins Diazomethan auf einen analogen größeren Synthesebaustein (wie C2 oder C3) zu übertragen. Daher soll im weiteren Verlauf der Arbeit mit der Prozesseinheit die beispielhafte Synthese von mindestens einem weiteren Diazoalkan (z.B. Diazoethan oder Diazopropan) bzw. respektive seiner Vorstufen gezeigt werden. Um abschließend den industriellen Nutzen der Prozesseinheit zu überprüfen, soll die bisher genutzte Modellreaktion zur Umsetzung des Diazomethan mit einer pharmazeutisch relevanten Synthese ersetzt werden.[1] M. Strümpel, B. Ondruschka, R. Daute, A. Stark, Green. Chem., 2008, 10 (1), 41.[2] M. Eissen, Bewertung der Umweltverträglichkeit organisch-chemischer Synthesen, Oldenburg (Germany), 2001.[3] http://www.chemie.uni-oldenburg.de/oc/metzger/eatos/deutsch.htm, 07.11.2008.

AZ: 20006/878

Zeitraum

01.01.2007 - 31.12.2009

Institut

Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Technische Chemie und Umweltchemie

Betreuer

Prof. Dr. Bernd Ondruschka