Invasionsbiologie und ökologisches Verhalten der Rot-Esche
Biologische Invasionen haben im Zuge des internationalen Handels und der prognostizierten Klimaerwärmung vermehrt an Bedeutung gewonnen und zeigen vor allem vor dem Hintergrund naturschutzfachlicher Bewertungen eine hohe Brisanz. Die Rot-Esche (Fraxinus pennsylvanica) ist eine Baumart aus NO-Amerika, die im 18. Jahrhundert nach Europa und Deutschland eingeführt wurde. Auch im Gebiet der Mittleren Elbe (Sachsen-Anhalt) wurde sie damals gepflanzt und erreicht dort heute hohe Stetigkeiten. Die Auenwälder der Mittleren Elbe unterliegen seit 1979 bzw. 1990 durch ihre Ausweisung als Biosphärenreservat einem besonderen Schutzstatus durch die Anerkennung der UNESCO, dessen wesentliches Ziel der Erhalt gebietstypischer Ökosysteme sowie ihrer Arten- und Formenvielfalt ist. Durch ein massives Auftreten und eine fortschreitende Ausbreitung der gebietsfremden Rot-Esche können sich Konflikte bei der Erhaltung der wertvollen Auenwälder ergeben. Die Arbeit soll Erkenntnisse zum ökologischen Verhalten der Rot-Esche im neuen Areal und zur Invasionsbiologie liefern. Da bislang noch keine konkreten Aussagen zum Verhalten der Rot-Esche im neuen Areal möglich waren, ist es ein wesentliches Ziel der Untersuchungen, Fragen zum Fruktifikations- und Verjüngungsverhalten der Baumart zu beantworten sowie Einflussfaktoren für ihre Ausbreitung herauszuarbeiten. Die Untersuchungen beschränken sich dabei auf drei wesentliche Phasen des Verjüngungszyklus: Samenausbreitung, Keimung und Verjüngungsetablierung. Auf der Grundlage von durch Samenfänge gewonnenen Daten der anemochoren (durch Wind) Samenausbreitung wurden in einem mathematischen Modellierungsprogramm (WaldStat) Angaben über mögliche Ausbreitungsentfernungen und Samenmengen pro Mutterbaum errechnet. Durch einen spezifischen Versuch konnte auch die hydrochore (durch Wasser) Ausbreitung der Rot-Eschen-Samen nachgewiesen werden. Diese Ausbreitungsmöglichkeit ist vor allem im Auwald von wesentlicher Bedeutung. Verschiedene Keimtests und Versuche zur Diasporenbank der Baumart ermöglichen eine Einschätzung des zu erwartenden Etablierungserfolges. Das Wissen um die beeinflussenden Parameter der Samenausbreitung und Keimlingsetablierung kann nun mit erhobenen Daten der Verjüngung auf verschiedenen Standorten verschnitten werden.Die erzielten und zu erwartenden Ergebnisse ermöglichen es, das Ausbreitungspotentials der Rot-Esche für das Gebiet der Mittleren Elbe abzuschätzen und potenzielle naturschutzfachliche Risiken für das Schutzgebiet herauszustellen.