Constructed Wetlands in Flussauen zum Schutz vor oberflächennahem CKW kontaminiertem GrundwasserInsbesondere an Großstandorten der chemischen Industrie, wie z. B. in Bitterfeld oder auch an anderen europäischen Standorten, führt die Grundwasserfließrichtung oder deren Veränderung dazu, dass ein großflächiger Eintritt des oberflächennahen, anaeroben kontaminierten Grundwassers in nahe gelegene Flußauen mit der entsprechenden Umweltschädigung zu erwarten ist. Grundwasserkontaminationen durch chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) stellen aufgrund ihrer Ausdehnung, der Toxizität und Persistenz von CKW weltweit ein Umweltproblem dar, für das es zurzeit keine ökonomisch sinnvollen Sanierungsansätze gibt. Im anaeroben Milieu der meisten Grundwasserleiter wird die mikrobielle Mineralisierung von Schadstoffen verzögert oder unmöglich gemacht, da die meisten CKW zur vollständigen Mineralisierung auch aerobe Abbauschritte verlangen. Sich ausbildende aerobe Verhältnisse beim Übertritt des kontaminierten Grundwassers in die Flußauen begünstigen den vollständigen Abbau von CKW. Durch den Einsatz von „constructed wetlands“ bietet sich hier eine innovative, technologisch einfache Option zum Schutz gefährdeter Flussgebiete. In der Wurzelzone (Rhizosphäre) von Sumpfpflanzen (Helophyten) in Auengebieten kommt es zum verstärkten biologischen Abbau von Kontaminanten durch Stimulation des mikrobiellen Wachstums mittels Eintrag von Nährstoffen, Substraten und Sauerstoff. Letzterer bewirkt die Ausbildung wechselnder oxischer Zonen an der Wurzeloberfläche und anaerober Zonen in wurzelfernen Bereichen, wodurch das Abbaupotential des Systems besonders für hoch chlorierte Substanzen erhöht wird. Verschiedene Milieubedingungen (aerob/anaerob) – gleichzeitig im selben System oder in sequentieller zeitlicher Abfolge – stellen vor allem zur Behandlung von Wässern, welche sowohl hoch chlorierte als auch niedrig chlorierte Kontaminanten enthalten, einen innovativen Ansatz dar. Zur effektiven Nutzung dieses Konzepts ist die Identifizierung der das Schadstoffverhalten beeinflussenden Prozesse und Umweltfaktoren im „black-box“-System eines „constructed wetland“ notwendig. Daher sind die wesentlichen Ziele des Promotionsvorhabens die Analyse und der Nachweis der vorherrschenden mikrobiellen Abbauwege verschiedener CKW in der Rhizosphäre, des Einflusses biotischer Prozesse unter Beteiligung der Helophyten (Metabolisierung, Akkumulation) und der physikalischen und pflanzlichen Volatilisierung von CKW sowie der für diese Prozesse bedeutenden Umweltparameter. Darauf aufbauend soll die Entwicklung speziell angepasster Verfahrenstechniken besonders zur Behandlung von Wässern, die hoch chlorierte Komponenten, niedrig chlorierte Komponenten oder beides enthalten, in Modell- und Pilotsystemen umgesetzt werden. Die Anpassung des Designs und der Betriebsweise eines „technischen“ Auensystems ist ein bislang in Freiland-Pflanzenklärsystemen nicht angewendetes neuartiges Konzept.Die Identifizierung und Quantifizierung von Einflussfaktoren auf das Verhalten der CKW in den Systemen wird anhand von Untersuchungen physikalisch-chemischer und biologischer Parameter und des mikrobiellen Abbaupotentials in gradientenfreien Wurzelraumreaktoren,in einer Freilandpilotanlage und in einem mesoskaligen Modell-System unter Variation der Betriebsparameter wie Wassereinstauhöhe, Retentionszeit und Verfügbarkeit von Elektronenakzeptoren und -donoren durchgeführt. Die mikrobielle Metabolisierung der CKW wird durch Kohlenstoffisotopenfraktionierung untersucht. Die Eliminierung von Monochlorbenzen (MCB) und Perchlorethen (PCE) im Wurzelraumreaktor wurde bereits in getrennten Systemen unter oxischen Bedingungen untersucht. Im oxischen System wurde ca. 99% des MCB eliminiert, jedoch nur 50% des PCE. Die reduktive Dechlorierung, der einzige bekannte mikroielle Abbaumechanismus zur Transformation von PCE zu TCE, konnte nicht nachgewiesen werden. Der trotzdem aus dem System eliminierte Anteil an PCE wurde vermutlich volatilisiert; dieser Eliminierungsweg wird in einem Experiment mit geschlossenem Luftraum untersucht werden. Um das Redoxpotential in den Modellreaktoren zu erniedrigen und gleichzeitig Elektronendonoren für die reduktive Dechlorierung von PCE zur Verfügung zu stellen, wurden Versuche mit der Zudosierung einer zusätzlichen leicht abbaubaren C-Quelle (Acetat) durchgeführt. Tatsächlich verschlechterte sich dadurch die Effizienz des Systems beim MCB-Abbau, vermutlich aufgrund der geringeren Sauerstoffverfügbarkeit. Die reduktive Dechlorierung von PCE konnte bisher trotz der Acetataddition nicht beobachtet werden. Um geeignete Mikroorganismen in das System einzubringen, wird momentan mit der Animpfung der Reaktoren mit Material aus der Bitterfelder Anlage gearbeitet.Die Freiland-Pilotanlage wird zur Zeit mit MCB-kontaminiertem Grundwasser und dem zusätzlich zugefügten Schadstoff PCE betrieben. Die simultane Eliminierung beider Schadstoffe konnte bereits gezeigt werden. Ein großangelegter Versuch zum Sauerstoffeintrag und dem Sauerstoffverbrauch im Zusammenhang mit der Oxidation der CKW wird momentan noch durchgeführt. Zu diesem Zweck werden neuartige hochauflösende in situ Sauerstoffoptoden und Passivsammler zur vereinfachten CKW-Messung in der Anlage getestet. Weiterhin wird im Moment mit der Zudosierung von Stickstoff gearbeitet, um ein optimaleres Pflanzenwachstum zu erreichen und möglicherweise den Zusammenhang zwischen Pflanzenaktivität und CKW-Eliminierung aufzuzeigen.In den mesoskaligen Modell-Systemen wurde die Datenerhebung zur kontinuierlichen Betriebsweise bereits abgeschlossen; das System zeigt dauerhafte hohe Effizienz bei der MCB-Eliminierung. Die MCB-Emissionen werden dort zur Zeit noch erfasst. Ein Versuch zur weiteren Effizienzsteigerung durch intermittierende Wasserstände und der Einfluss dieser Betriebsweise auf die Volatilisierung soll sich anschliessen. Durch das regelmäßige Absenken des Wasserspiegels soll eine verbesserte Sauerstoffverfügbarkeit erreicht werden.Als bisher nicht untersuchter, potentiell relevanter Eliminierungsweg für chlorierte Schadstoffe in Constructed Wetlands wird nun zusätzlich auch die abiotische reduktive Dechlorierung mittels natürlich vorkommender Eisen- und Schwefelminerale untersucht. Die Gelegenheit, diesen Aspekt näher zu betrachtet, bot sich in Form eines Forschungspraktikums beim US Geological Survey in Baltimore/USA.