Promotionsstipendium: Dr. Annekatrin Dreyer

Herkunft und Verteilung von polyflourierten organischen Verbindungen (PFCs) in der Gas- und partikulären Phase der küstennahen und marinen Umwelt

Flüchtige polyfluorierte organische Verbindungen (PFCs) in UmgebungsluftEXTREM LANGLEBIG UND FAST ÜBERALL VERTRETENSeit mehr als 50 Jahren wird in der Industrie eine Gruppe perfluorierter organischer Tenside eingesetzt, um Oberflächen fett-, wasser- und schmutzabweisend zu machen. Diese Stoffe, so genannte polyfluorierte Verbindungen (PFC), finden unter anderem Anwendung in Imprägniermitteln, Feuerlöschschäumen sowie in Lebensmittelverpackungen. Ihre für Konsumgüter nützliche Eigenschaft der thermischen und chemischen Stabilität macht einige PFC in der Umwelt zu langlebigen Schadstoffen, die sich in der Nahrungskette anreichern können. Bei der Verwendung von PFC können diese Substanzen in Flüsse und ins Trinkwasser gelangen. Auch im Blut und der Leber von Robben und Eisbären sowie in Eisbohrkernen der Arktis wurden PFC entdeckt. Wie brisant diese Verbindungen eingeschätzt werden, zeigte auch, dass die Vermarktung einiger PFC über eine EG-Richtlinie reguliert sowie dass Perfluoroktansulfonat (PFOS) in die Liste der persistenten organischen Schadstoffe (POPs) aufgenommen wurde.WIE GELANGEN PFC IN DIE ABGELEGENEN REGIONEN UNSERER ERDE? Neben PFOS gehört die Perlfuoroktansäure (PFOA) zu den bekanntesten und am intensivsten untersuchten PFC. Der Transport der PFC über den Wasserkreislauf erklärt nicht volltständig die hohe Konzentration dieser Substanzen in der Arktis, da diese Verbindungen auf dem Wasserweg von der Produktionsstätte bis in den Arktischen Ozean lange Zeit unterwegs sind. Der Transport über die Atmosphäre stellt eine weitere Erklärungsmöglichkeit für das Vorkommen von PFC in entlegenen Regionen dar. Bei diesem Transportmechanismus spielen neutrale flüchtige Vorläuferverbindungen (Perfluoroktansulfonamide und Fluortelomeralkohole (FTOH)) eine Rolle. Diese werden in der Atmosphäre über lange Strecken transportiert und bauen sich während des Transports oder danach zu den problematischen PFC ab. Die Promotionsarbeit beschäftigte sich mit dem atmosphärischen Transport von PFC.ZUSAMMENFASSUNG DER PROMOTIONSARBEITObwohl erste Einzelmessungen von volatilen PFC in Luftproben einen atmosphärischen Transport bestätigten, fehlen bisher Studien, die die Verbreitung dieser Verbindungen umfassend darstellen. Aus diesem Grund wurden räumliche und zeitliche Variationen von PFC-Konzentrationen untersucht. Dazu wurden Luftproben während verschiedener Probenahmekampagnen in den Jahren 2007 und 2008 genommen. Als Probenahmeplattformen dienten Dauermessstellen bei Hamburg (Deutschland) und verschiedene Forschungsschiffe, die in atlantischen und antarktischen Gewässern sowie in der Nord- und Ostsee operierten. Die Luftproben wurden mit so genannte High Volume Air Samplern genommen. Dabei wird Luft mittels einer Pumpe über einen Filter und über eine mit Adsorbermaterial gefüllte Glaskartusche gesaugt. Partikulär gebundene PFC akkumulieren auf dem Filter, flüchtige Vorläuferverbindungen an dem Adsorber in der Kartusche. Nach 1 bis 3 Tagen werden Filter und Säulen gewechselt und im Labor analysiert. PFC konnten in allen Luftproben von der Arktis bis zur Antarktis nachgewiesen werden. Dabei waren die Konzentrationen in der Nordhemisphäre höher als in der Südhemisphäre. Die festgestellte weltweite Verbreitung von PFC in der Luft bestätigt, dass diese Gruppe von Chemikalien von hauptsächlich nordhemisphärischen Quellenregionen über weite Strecken in entlegene Gebiete transportiert werden kann. Während die perfluorierten Säuren (PFCA, PFSA) ausschließlich in geringen Konzentrationen (meist < 1 pg m-3) in der partikulären Phase bestimmt wurden, lagen die Summenkonzentrationen ihrer volatilen Vorläufer (FTOH, Fluortelomeracrylate (FTA), Perfluoralkylsulfonamide (FASA), und Perfluoralkylsulfonamidoethanole (FASE)) zwischen 4.5 pg m-3 im antarktischen Ozean und 335 pg m-3 in Quellengebieten (marine Luft) und zwischen17 und 972 pg m-3 (permanente Stationen bei Hamburg). Weiterhin wurden während einer 14monatigen Probenahmekampagne bei Hamburg starke Konzentrationsschwankungen von PFC in Luftproben beobachtet. PFC-Emissionen von nahe gelegenen lokalen Quellen sowie der Langstreckentransport von PFC, die von diffusen Quellen westlich und südwestlich von Hamburg emittiert wurden, schienen den Konzentrationsverlauf zu erklären. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern neue Erkenntnisse über atmosphärisch transportierte PFC. Sowohl die bestimmten atmosphärischen Verweilzeiten als auch die festgestellte weltweite Verbreitung von PFC in der Luft bestätigen, dass diese Gruppe von Chemikalien von hauptsächlich nordhemisphärischen Quellenregionen über weite Strecken in entlegene Gebiete transportiert werden können.PUBLIKATIONENDreyer A. 2009. Atmospheric Distribution and Seasonality of Airborne Polyfluorinated Compounds: Spatial and Temporal Concentration Variations from Ship- and Land-Based Measurements in Northern Germany, the Atlantic Ocean, and Polar Regions. Dissertation. ISSN 0344-9629.Dreyer, A., Shoeib, M., Fiedler, S., Barber, J., Harner, T., Schramm, K., Jones, K., Ebinghaus, R. submitted. Field Intercomparison on the Determination of Volatile and Semi-volatile Polyfluorinated Compounds in Air. Environmental Science & Technology.Dreyer, A.; Matthias, V., Weinberg, I., Ebinghaus, R. in press. Wet Deposition of Poly- and Perfluorinated Compounds. Environmental Pollution.Dreyer, A.; Weinberg, I.; Temme, C.; Ebinghaus, R. 2009. Polyfluorinated Compounds in the Atmosphere of the Atlantic and Southern Ocean: Evidence for a global Distribution. Environmental Science & Technology, 43, 6507-6514.Dreyer, A.; Langer, V.; Ebinghaus, R. 2009. Determination of Octanol-Air Partition Coefficients (KOA) of Fluorotelomer Acrylates, Perfluoroalkyl Sulfonamids, and Perfluoroalkylsulfonamido Ethanols. Journal of Chemical and Engineering Data, 54, 3022-3025.Dreyer, A.; Matthias, V.; Temme, C.; Ebinghaus, R. 2009. Annual Time-Series of Air Concentrations of polyfluorinated Compounds. Environmental Science & Technology, 43, 4029-4036.Dreyer, A.; Ebinghaus, R. 2009. Polyfluorinated compounds in ambient air from ship- and land-based measurements in northern Germany. Atmospheric Environment, 43, 1527-1535.Dreyer, A.; Temme, C.; Sturm, R.; Ebinghaus, R. 2008. Optimized method avoiding solvent-induced response enhancement in the analysis of volatile and semi-volatile polyfluorinated alkylated compounds using gas chromatography-mass spectrometry. Journal of Chromatography A, 1178, 199-205.Thuens, S.; Dreyer, A.; Sturm, R.; Temme, C.; Ebinghaus, R. 2008. Determination of the octanol-air partition coefficients (KOA) of fluorotelomer alcohols. Journal of Chemical and Engineering Data, 53, 223-227.

AZ: 20005/821

Zeitraum

01.04.2006 - 31.03.2009

Institut

Helmholtz-Zentrum hereon GmbH Zentrum für Material- und Küstenforschung GmbH

Betreuer

Dr. Ralf Ebinghaus (PD Dr. habil)