Promotionsstipendium: Dr. Sebastian Busch

StSP Bionik: Selbstreparaturprozesse bei Pflanzen als Ideengeber für die bionische Übertragung in innovative selbstreparierende technische Materialien

Bionisch inspirierte selbstreparierende Materialien

Stipendienschwerpunkt Bionik:Das Leben auf unserer Erde hat eine mehr als 3,8 Milliarden Jahre dauernde Entwicklungsgeschichte. Die Natur hat während dieses Entwicklungsprozesses geniale Konstruktionsprinzipien und zahlreiche, teilweise überraschende Problemlösungen entwickelt. Bionik befasst sich mit der systematischen Übertragung dieses hohen Potentials „biologischer Kreativität“ in technische Anwendungen. ThemaDas Thema dieses Forschungsprojektes ist die Wundheilung bei Pflanzen. Durch äußere Verletzungen oder durch interne Wachstumsprozesse (sekundäres Dickenwachstum) können innerhalb des Pflanzengewebes Risse entstehen, die durch Reparaturprozesse verschlossen werden und so die Pflanze vor unkontrolliertem Wasserverlust und Infektionen schützen und letztendlich auch die mechanische Stabilität wiederherstellen. Im Rahmen dieser Promotion werden morphologisch-anatomische und mechanische Veränderungen im Wundbereich untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Projektes ist die Untersuchung der biochemischen und physiologischen Prozesse, die der Wundheilung zu Grunde liegen. Wundheilung bei PflanzenEs wurden Untersuchungen an den Lianen Aristolochia macrophylla und Aristolochia ringens durchgeführt. Im Querschnitt ihrer Sprossachse befindet sich ein peripherer Festigungsring aus verholzten Sklerenchymfasern. Durch sekundäres Dickenwachstum des innenliegenden Xylems und Phloems kommt es zu radialen und tangentialen Spannungen, welche zu Rissen im Sklerenchymring führen. In einer ersten Phase dringen benachbarte turgeszente parenchymatische Zellen auf Grund verletzungsbedingter Veränderungen im Spannungs-Dehnungs-Feld in den Riss ein. In dieser ersten Phase erfolgt die Versiegelung des Risses überwiegend durch physikalisch-chemische Prozesse, die zu Verformungen der Zellwand der reparierenden Zellen führen. Anschließend kommt es zu Zellteilungen und Zellwachstum. In einer späteren Phase stabilisieren sich die Reparaturzellen durch Zellwandverdickung und Lignifizierung, wodurch die mechanische Funktion des umliegenden Festigungsgewebes zumindest temporär wieder hergestellt wird [1-3]. Biochemische UntersuchungenIn Untersuchungen von an wachsendem Gewebe konnte gezeigt werden, dass Sauerstoffradikale an Wachstumsprozessen beteiligt sind. Sie führen dabei vermutlich zur Spaltung der Zellulosemikrofibrillen und dadurch zu einer Plastifizierung der Zellwand [4,5]. Mit Hilfe der Elektronenspinresonanz Spektroskopie und verschiedener Färbetechniken wird in dieser Arbeit der Einfluss von Sauerstoffradikalen bei der Wundheilung untersucht. In diesem Projekt interessiert uns insbesondere die Frage, ob es bei der Wundheilung zu einer Plastifizierung der Zellwände kommt [6]. Bionische UmsetzungDas aus den biologischen Versuchen gewonnene Verständnis soll durch Abstraktion der Prinzipien zu einer direkten bionischen Umsetzung bis zum Labormaßstab führen. Eine erste mögliche technische Anwendung ist eine selbstreparierende Membran für spezielle pneumatische Strukturen, die auf dem Tensairity®-Prinzip basieren. Hier konnte bereits ein erster Demonstrator hergestellt werden, bei dem eine in Tensairity®-Strukturen einsetzbare Membran derart beschichtet wurde, dass bei Verletzungen der Membran mit Nägeln mit Durchmessern von bis zu 5 mm ein Reparaturfaktor von zwei bis drei Größenordnungen erreicht wurde [1,2]. Produkte mit Selbstreparatureffekt haben folgende Vorteile:- Erhöhung der Nutzungsdauer – Ressourcenschonung – verbesserten Marktakzeptanz und Erweiterung des Einsatzbereiches – Umweltschonung durch die Verwendung recyclingfähige Materialien

Literatur

1. Speck, O., R. Luchsinger, S. Busch, M. Rüggeberg und T. Speck (2006): Self-repairing membranes for pneumatic structures: transferring nature’s solutions into technical applications. Proceedings of the 5th Plant Biomechanics Conference, Stockholm.

2. Speck, T., R. Luchsinger, S. Busch, M. Rüggeberg und O. Speck (2006): Self-healing processes in nature and engineering: self-repairing biomimetic membranes for pneumatic structures, in Design and Nature III, Editoren: M. Collins and C.A. Brebbia, WIT Press: Southampton.

3. Busch, S., Seidel, R., Speck,O. und T. Speck (2010): Morphological aspects of self-repair of lesions caused by internal growth stresses in stems of Aristolochia macrophylla and Aristolochia ringens. Proc. R. Soc. B published online before print, doi:10.1098/rspb.2010.0075

4. Liszkay, A., B. Kenk und P. Schopfer (2003): Evidence for the involvement of cell wall peroxidase in the generation of hydroxyl radicals mediating extension growth. Planta 217:658-667.5. Liszkay, A., E. van der Zalm und P. Schopfer (2004): Production of Reactive Oxygen Intermediates (O2*-, H2O2, and *OH) by Maize Roots and Their Role in Wall Loosening and Elongation Growth. Plant Physiology 136:3114-3123.

6. Busch, S., T. Speck, A. Liszkay, O. Speck, und R. Luchsinger (2006): Self-repair processes in plants as concept generators for innovative biomimetic technical materials with self-repairing functions. Proceedings of the 5th Plant Biomechanics Conference, Stockholm.

AZ: 20005/775

Zeitraum

01.06.2005 - 31.05.2008

Institut

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Botanischer Garten

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Betreuer

Prof. Dr. Thomas Speck