Kontrollfaktoren des Makroalgenvorkommens in deutschen KüstengewässernWeltweit spielen Makroalgen eine wichtige trophische und strukturelle Rolle in küstennahen benthischen Ökosystemen. Durch den alarmierenden Rückgang perennierender Makroalgen, wie z.B. in der Ostsee aus der Familie der Fucaceae, können wichtige Ökosystemfunktionen nicht unverändert aufrechterhalten werden. Der Fraßdruck von Herbivoren (meist Fische, Echinodermata, Crustacea und Mollusca) ist hierbei ein möglicher Faktor, der die Abundanz und Diversität von Makroalgenbeständen steuern kann. Algen sind in dieser Wechselwirkung keine ausschließlich passiven Teilnehmer. Beispielsweise wird der Konsum von Pflanzenfressern unter anderem durch eine Antifraßverteidigung der Algen gesteuert. Bislang ist sehr wenig über die Formen (chemisch, strukturell, assoziativ) und die Mechanismen (konstitutiv, induziert) der Antifraßverteidigung bei Algen bekannt. Um diese Lücke teilweise zu schließen sollen in diesem Projekt folgende Schwerpunkte näher untersucht werden: a. taxonomische und funktionale Bedeutung von Verteidigungsinduktion bei Makroalgen der Nord- und Ostseeb. Entwicklung einer chromatographischen Methode zum Nachweis induzierter Verteidi-gungc. ‚Reaktionsgeschwindigkeit‘ der Algen, d.h. wie lange nach Beginn bzw. Ende eines Fraßereignisses wird Verteidigung in- bzw. reduziert.d. Einfluss der prognostizierten Umweltveränderungen (Temperatur, Lichtintensität) auf die Verteidigungsregulation von Fucus vesiculosus.Dafür findet im ersten Jahr ein Screening statt, bei dem für ca. 15 Algenarten der Nord- und Ostsee getestet wird, ob Herbivorie Verteidigung induziert. Speziell geht es um die Fragen, welche Algenarten zur Verteidigungsinduktion befähigt sind und wie sich diese Fähigkeit auf die Großtaxa Rot-, Grün-, Braunalgen bzw. auf die funktionellen Gruppen der perennierenden und ephemeren Algen verteilt. Diese Induktion wird durch Vergleiche der Fraßattraktivität beweideter vs. unbeweideter Individuen überprüft. Folgend soll eine Methode entwickelt werden, chemische Verteidigungsinduktion chromatographisch nachzuweisen. Induzierte Verteidigungsstoffe werden chromatographisch durch einen eindeutigen ?Peak? identifiziert, damit in den folgenden Versuchen die Verteidigungssituation der Algen schnell, jedoch eindeutig eingeschätzt werden kann. Vor dem Hintergrund der prognostizierten Klimaveränderungen soll im zweiten Jahr bei 2-3 Algenarten, die im ersten Jahr ausgeprägte Verteidigungsregulation aufwiesen und deren Verteidigungslevel mit Hilfe der Chromatographie bestimmt werden konnte, getestet werden, wie physiologische Stresssituationen (erhöhte Temperatur, geringere Lichteinstrahlung) die Verteidigungsregulationsfähigkeiten der Algen beeinflussen. Das dritte Jahr konzentriert sich auf die Braunalge Fucus vesiculosus, die wichtigste strukturierende Art der Ostsee, deren Verteidigungsregulation von mir bereits nachgewiesen werden konnte. Für Fucus soll sowohl die Induktions- und Reduktionsgeschwindigkeit der Verteidigung untersucht werden, als auch den Einfluss der angesprochenen Stressfaktoren auf diese Regulationsgeschwindigkeiten.