N-Bakterien im BodenEntscheidend für die Bearbeitung ökologischer Fragestellungen ist zunächst die Kenntnis über die beteiligten Organismen (Deskription) um mit diesem Wissen als Grundlage Zusammenhänge zu untersuchen (Analyse). Aus naheliegenden Gründen wird vor allem die Ökologie höherer Tiere oder Pflanzen untersucht. Gerade für die systemische Ökologie („ökosystemarer Ansatz“) dürfen aber auch die Mikroorganismen (vor allem Bakterien, aber auch Pilze, Archaeen und Protisten) nicht unberücksichtigt bleiben. Da die Artenvielfalt von Mikroorganismen jedoch immens ist ? verglichen mit Pflanzen um einen Faktor von mindestens 100 größer ? und zudem die weitaus meisten Bodenbakterien mit herkömmlichen Methoden nicht kultiviert werden können, müssen neuartige Methoden entwickelt werden, diese Vielfalt zu erfassen.Zu diesem Zwecke wurde eine seit etwa 5 Jahren etablierte molekularbiologische Methode (T-RFLP) mit einem bioinformatischen Verfahren kombiniert. So wird eine automatische Auswertung über eine neu entwickelte Software ermöglicht. Die mithilfe verschiedener Restriktionsenzyme erhaltenen experimentellen Daten werden hierbei gegen in einer Datenbank organisierte Erwartungswerte abgeglichen. Das Resultat ist dann eine Liste von wahrscheinlich in der untersuchten Bakterienpopulation enthaltenen Arten. Durch freie Wahl der Restriktionsenzyme sowie der Datenbank zur Identifzierung ist es prinzipiell möglich die Diversität in verschiedenen Genen und verschiedenen Organismengruppen, z.B. Bakterien, Archaeen oder Pilzen zu untersuchen. Hier wird das Verfahren jedoch nur am Beispiel eines Gens bakterieller ribosomaler RNA (16S rDNA) für einen Waldbodens demonstriert. Gegenüber den bisherigen Methoden ist mit diesem neuen Ansatz eine wesentlich schnellere und umfangreiche Charakterisierung von Bakterienpopulationen bezüglich ihrer Biodiversität möglich.Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD 1992) führt in der Präambel zwar zunächst den „Eigenwert“ von Biodiversität an, betont gleichzeitig jedoch auch die Nutzung biologischer Ressourcen. Hierzu werden die „genetischen Ressourcen“ gezählt, die in der o. g. Konvention als „genetisches Material von tatsächlichem oder potentiellem Wert“ definiert werden. Da für viele Anwendungsgebiete (Medizin, Biotechnologie, Lebensmittelindustrie) Mikroorganismen als Ressource von größter Bedeutung sind, ist der potentielle Wert der ? bislang weitestgehend unbekannten ? genetischen Informationen von Umweltbakterien entsprechend beliebig hoch anzusetzen. Da die meisten Antibiotika und in der Biotechnologie eingesetzten Enzyme (z. B. für Wirkstoffsynthese, Produktprozessierung oder Reinigungsschritte) Derivate von ursprünglich aus Bakterien isolierten Substanzen sind, ist es plausibel anzunehmen, daß der bisher uncharakterisierte Anteil der Umweltbakterien ein beinahe unerschöpfliches Reservoir an Wirkstoffen und nutzbaren Enzymen bereithält. Daher ist Kenntnis über die Biodiversität auch unter diesem Aspekt wünschenswert. In diesem Zusammenhang ist auch die Entwicklung in neueren Disziplinen wie der Metagenomik hervorzuheben.Darüber hinaus könnte das Wissen über die Zusammensetzung von Bakterienpopulationen auch zur Klassifizierung von Bodenproben sowie als Bioindikator eines Umweltstandortes dienen. Hierfür läuft ein Langzeitversuch in dem eine Waldparzelle bezüglich des Einflusses von Stickstoffdüngung untersucht wird. Änderungen in den Umweltbedingungen (z. B. durch Überdüngung, Pestizideintrag oder Schwermetall-kontamination) sollten eher und eventuell detaillierter an der Zusammensetzung der Bakterienflora als bei Pflanzen oder Tieren abzulesen sein.