Promotionsstipendium: Dr. Steffen Fliegner

Potentiale und Zielgruppenanalyse zur Entkopplung von Autonutzung und Autobesitz mit dem Ziel der Entmotorisierung von Haushalten mit eigenem Auto als Ansatzpunkt für ein nachhaltiges Mobilitätssystem

Potentiale und Zielgruppenanalyse zur Entkopplung von Autonutzung und Autobesitz mit dem Ziel der EnZiel der Dissertation ist, das Potenzial zur Autoabschaffung in autobesitzenden Haushalten (?Entmotorisierung?) zu bestimmen. Aufgrund der hohen Integration des Autos in die moderne Gesellschaft (in den Industrieländern) ist eine ersatzlose Autoabschaffung chancenlos. Stattdessen intendiert die Studie eine Entkopplung von Autonutzung und Autobesitz, wie sie z. B. die Teilnahme am Car Sharing ermöglicht. Repräsentativ für die Großstadt Halle/Saale wurden die Autoabschaffungs-Potenziale bei Teilnahme an einem idealtypischen Car Sharing bestimmt. Als zentraler theoretischer Ansatz wurde eine Mobilitätsstil-Konzept weiterentwickelt. Hauptuntersuchungsmethode ist eine sozialempirische Befragung in autobesitzenden Haushalten mit 498 Face-to-face Interviews von Führerscheinbesitzern. Mit Hilfe von Faktoren-/Clusteranalysen konnten fünf Mobilitätsstile bestimmt werden. Lediglich einer dieser Stile zeigt kritische Distanz zum Auto (Autokritische Multioptionale). Die anderen vier Stile bilden eigenständige automobile Muster. Bemerkenswert ist der konsistente Zusammenhang zwischen den subjektiven Orientierungen der Mobilitätsstile und dem objektiven Verkehrsverhalten. Dies widerlegt populäre Ergebnisse einer hohen Diskrepanz von Umwelteinstellung und Umweltverhalten. Zur Bestimmung des Potenzials für die Autoabschaffung wurde ein Typisierungsmodell mit Eignungsindikatoren entwickelt, basierend auf der Car Sharing Forschung. Im Ergebnis konnten vier Haushaltstypen autobesitzender Haushalte bezüglich ihres Potenzials zur Autoabschaffung bestimmt werden:- Die Potenzialgruppe weist realistisches Potenzial für eine Autoabschaffung auf. Sie ist in ihrer Orientierung vom Auto gelöst und praktiziert multimodales Verkehrsverhalten. – Bei den Problembewussten und Autohaltern ist eine Orientierungs-/Verhaltensdiskrepanz ermittelt worden. Die Gruppen sind quasi komplementär zueinander und ohne Abschaffungspotenzial.- Die Autofixierten als überwiegende Mehrheit der autobesitzenden Haushalte sind dagegen homogen in ihrer Bindung ans Auto, d. h. ebenfalls ohne Potenzial.Zur Bestimmung der praktischen Relevanz des theoretischen Modells wurde die Reaktion auf ein idealtypisches Car Sharing Angebot getestet. Halle/Saale ist eine Car Sharing Hochburg in Deutschland. Bemerkenswert ist die Diskrepanz zwischen einem zwar geringen, aber breit gestreuten Interes-se an einem optimalen Car Sharing Angebot und dem auf einen Haushaltstyp beschränkten Potenzial zur Autoabschaffung. Dies wird dahingehend interpretiert, dass ein optimales Angebot eines ?öffentlichen Autos? sowohl zusätzliche Mobilitätsbedürfnisse in Form von ?halben? Zweit- und Drittwagen befriedigt, als auch in bestimmten, wenigen Haushalten die Abschaffung des Privatautos ermöglicht. Unter gegenwärtigen Bedingungen ist das Potenzial für diese Autoabschaffung in autobesitzenden Haushalten selbst bei einem optimalen Car Sharing Angebot sehr klein. Langfristig könnte damit je-doch eine Begrenzung der Motorisierung in Europa erreicht werden, die eine Alternative zu einer voll-ständigen ?Amerikanisierung? der Verkehrsverhältnisse bietet.

AZ: 06000/391

Zeitraum

01.06.1998 - 31.05.2001

Institut

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Fachgebiet Sozialgeographie
Institut für Geographie

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Betreuer

Prof. Dr. Klaus Friedrich