Ziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung eines neuartigen Provenienztests sowie eines modellhaften Ansatzes zur Auswahl vielversprechender forstlicher Herkünfte im Klimawandel am Beispiel der Baumart Esskastanie (Castanea sativa Mill.). Die Geschwindigkeit der anthropogenen Klimaänderungen macht eine ähnlich schnelle Anpassungder Wälder ohne menschliches Eingreifen unrealistisch. Mitunter rücken thermophile Baumarten aus trockeneren Naturräumen zunehmend in den Fokus der Diskussion um den Aufbau klimaresilienter Wälder. Dabei sollte die Suche nach geeigneten Alternativen nicht auf die Artenebene beschränkt bleiben. Insbesondere wenn über eine weite geographische Fläche und klimatische Amplitude voneinander differenzierte Ökotypen einer Art existieren, die sich in Anpassung an die vorherrschenden Umweltbedingungen entwickelt haben, kann die gezielte Einbringung bestimmter Provenienzen ein probates Mittel sein, um negative Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder abzumildern.
Die Esskastanie wird vielfach als geeignete Baumart im Klimawandel artikuliert. Sie ist eine in Deutschland bislang seltene Baumart, die als Archäophyt gilt. Die Ursprungsorte der Vorkommen in Deutschland sind in der Regel unbekannt. Anzunehmen ist, dass diese oft von ehemaligen Kulturformen abstammen. Gleichzeitig geht aus der Literatur hervor, dass innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der Esskastanie mehrere Ökotypen unterschieden werden können. Einige Autoren sprechen von untereinander differenzierten Populationen, die unter sehr verschiedenen Klimabedingungen vorkommen. Vor diesem Hintergrund besteht eine Wissenslücke bezüglich der Frage, welche Herkünfte für den Anbau in Deutschland besser geeignet sind als andere.
Herkömmliche Herkunftsversuche testen eine Vielzahl von Herkünften auf einer Vielzahl von Standorten über mindestens ein Jahrzehnt. Die Vorauswahl von Herkünften soll mithilfe eines systematischen Ansatzes rationalisiert und die Testphase durch die gezielte Untersuchung der Keimungs- und Etablierungsphase abgekürzt werden. Der Fokus auf die frühe Lebensphase erlaubt den Einbezug einer großen Stichprobe auf verhältnismäßig kleiner Fläche sowie statistisch auswertbare Ergebnisse schon nach ein bis zwei Vegetationsperioden. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass diese sensibelste Phase im Lebenszyklus eines Baums das höchste Mortalitätsrisiko abbildet, gleichzeitig im Rahmen eines naturnahen Waldbaus unbedingt das Potential zur Naturverjüngung gegeben sein sollte. Die prinzipielle Möglichkeit bereits in jungen Stadien anhand bestimmter Merkmale Rückschlüsse auf das Wuchsverhalten in späteren Stadien ziehen zukönnen, ist von Frühtests bekannt.
Im vorliegenden Forschungsvorhaben sollen insbesondere drei bis vier autochthone, aber auch ein bis zwei nicht-autochthone Herkünfte der Esskastanie in einem Feldexperiment entlang eines Klimagradienten sowie in einem Gewächshausexperiment untersucht werden. Dem Vorhaben liegen folgende Forschungsfragen zugrunde: