Projekt 39954/01

Entwicklung und modellhafte Anwendung einer Impfung (Immune priming) von Edelkrebsen gegen den Krebspesterreger

Projektdurchführung

Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)
Institut für Insektenbiotechnologie
Heinrich-Buff-Ring 26
35392 Gießen

Zielsetzung

Flusskrebse sind Ökosystemingenieure und haben als solche einen großen Einfluss auf die biologische Vielfalt von Süßgewässern und das Funktionieren von Ökosystemen. Leider sind die Populationen der einheimischen Flusskrebse in ganz Europa stark rückläufig. Die größte Bedrohung für die Krebse sind die zunehmenden Populationen invasiver nordamerikanischer Krebse, die Überträger des Erregers der Krebspest, Aphanomyces astaci, sind. Dieser Oomycet gehört zu den 100 schlimmsten invasiven Arten weltweit und hat zur Ausrottung ganzer Flusskrebspopulationen in Europa geführt, was massive Auswirkungen auf das Funktionieren von Ökosystemen hat. Daher ist die Untersuchung der Frage, wie europäische Flusskrebse der Krebspest widerstehen können, von großer ökologischer Bedeutung für Deutschland und Europa.

Lange Zeit wurde allgemein angenommen, dass wirbellosen Tieren ein Immungedächtnis fehlt. Bei Krebstieren wurden jedoch erste Beweise für ein Immungedächtnis durch Immune-Priming-Experimente erbracht. Der übergreifende Mechanismus hinter diesem Phänomen des Immungedächtnisses ist höchstwahrscheinlich mit epigenetischen Prozessen verbunden, d. h. mit Veränderungen, die auf der Ebene der Genexpression wirken. Das maternale transgenerationale Immunpriming (mTGIP) ist ein solcher epigenetischer Mechanismus, bei dem die Weibchen ihre Nachkommen auf die Abwehr von Krankheitserregern vorbereiten, mit denen sie selbst bereits in Berührung gekommen sind. Dieses mTGIP löst bei den Nachkommen die Expression bestimmter Abwehrgene aus, was zu einer ähnlichen Immunabwehr führt wie bei der Mutter.

Unser Forschungsziel ist daher die Entwicklung und Anwendung eines Impfstoffs für weibliche Edelkrebse (Astacus astacus), der ihre Nachkommen durch mTGIP gegen die Krebspest schützt.

Obwohl die Krebspest seit Jahrzehnten große ökologische Schäden in Deutschland und Europa anrichtet, wurde eine Behandlung zur Erzeugung einheimischer Krebse mit gestärktem Immunsystem bisher noch nicht erprobt. Die Verfügbarkeit von krebspestresistenten Besatzkrebsen würde den langfristigen Erfolg der Bewirtschaftungsmaßnahmen deutlich verbessern. Daher kann die vorgeschlagene Impfmethode als hoch innovativ und ökologisch relevant eingestuft werden. Ein positives Ergebnis dieses Impfansatzes wäre ein Meilenstein für die Bewirtschaftung von Süßwasserkrebsen, da es den Erfolg von Besatzmaßnahmen massiv steigern würde.

Arbeitsschritte

Um unser Ziel zu erreichen, planen wir die Durchführung von Experimenten in drei aufbauenden Arbeitspaketen (AP):

AP1) Impfung der Weibchen vor der Verpaarung.
Wir injizieren den weiblichen Edelkrebsen subkutan Lösungen von rohen Hyphenextrakten von A. astaci, was die Immunantwort der Weibchen gegen den Erreger verstärken soll, ohne dass sie tatsächlich infiziert werden (da die Hyphen das nicht-infektiöse Stadium von A. astaci sind). Um den besten Zeitpunkt und die beste Dosis für die Immunisierung zu bestimmen, wenden wir die Impfung in drei verschiedenen Impfgruppen an: wir impfen die Weibchen vier (Gruppe 1) oder acht Wochen (Gruppe 2) vor der Paarung. Außerdem testen wir die Wirkung der doppelten Dosierung der Impfung, wobei einige Krebse den Impfstoff sowohl vier als auch acht Wochen vor der Paarung erhalten (Gruppe 3). Eine Gruppe von weiblichen Zuchttieren bleibt als Kontrolle ungeimpft. Zur Beurteilung des Immunstatus der weiblichen Krebse nehmen wir subletale Hämolymphproben für die qPCR von Immungenen zu verschiedenen Zeitpunkten vor und nach der Impfung sowie kurz vor der eigentlichen Paarung.

AP2) Vermehrung unter mTGIP.
Wir verwenden die immunisierten weiblichen Edelkrebse für die kontrollierte Fortpflanzung in Innenbecken, die mehrere Männchen enthalten. Nach der Paarung werden die Eier pro Weibchen in separaten Inkubationskörben bebrütet, wo die Larven schlüpfen und sich zu Jungtieren entwickeln können. Der Immunstatus wird mittels qPCR von Immungenen während der Entwicklung von Eiern und Nachkommen bewertet. Die F1-Generation wird bis zu ihrem ersten Sommer aufgezogen, getrennt nach Impfgruppen. Zu diesem Zeitpunkt sollten die Jungtiere eine durchschnittliche Größe von 4 cm erreicht haben, die für anschließende kontrollierte Infektionsversuche zur Überprüfung der Effizienz von TGIP ausreichend ist.

AP3) Infektionsexperiment zum Nachweis von mTGIP.
Wir verwenden die F1-Generation der Edelkrebse für kontrollierte Infektionsexperimente, um letztlich die Effizienz dieses mTGIP-Ansatzes nachzuweisen. Wir führen kontrollierte Infektionsexperimente pro Impfgruppe durch, mit 10 behandelten und 10 Kontroll-Tieren pro Impfgruppe. Wir überprüfen die behandelten Krebse auf Anzeichen von Krankheitssymptomen. Nach dem Ende des Infektionsexperiments werden alle Krebse mittels qPCR auf ihren Immunstatus untersucht. Die überlebenden F1-Gruppen können dann für Wiederaufstockungsmaßnahmen verwendet werden.

Übersicht

Fördersumme

174.450,00 €

Förderzeitraum

01.01.2025 - 31.12.2026

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz