Die global sich verändernden Klimabedingungen machen es verstärkt erforderlich, Kulturgüter vor den hydroklimatischen Auswirkungen des Klimawandels zu schützen und Verwitterung und Feuchteschäden zu vermeiden. Mauervegetation setzt in der Regel die Materialfeuchte herab und übt damit einen schützenden Einfluss gegenüber Durchfeuchtung und Feuchteschwankungen aus. An historischen Bauwerken bestehen jedoch häufig Vorbehalte gegen die Duldung oder das gezielte Anpflanzen von Vegetation, da schädliche Wirkungen von Flechten- und Moosüberzügen und von Pflanzenwurzeln befürchtet werden.
VegProtect soll belastbare Daten zum Einfluss der Vegetation auf den Feuchtehaushalt liefern und dieses Wissen bei Entscheidungsträgern in der Denkmalpflege bekannt machen, um die Akzeptanz für ein Zulassen von Begrünung zu erhöhen. Die Untersuchungen fokussieren dabei auf die Beeinflussung von Mikroklima und Gesteinsfeuchte durch unterschiedliche Typen von Vegetation (Flechten, Moose, sommergrüne und immergrüne Rankenpflanzen, Krautvegetation). Die Kernfrage ist, welche Art von Pflanzenbewuchs eine besonders starke protektive Wirkung ausübt und dabei keine schädliche Verwitterungswirkung zeigt.
Die Untersuchungen finden an drei Burgen und einem Gebäude in Franken statt. Ergänzend mit internationalen Partnern Versuche an Standorten in Antwerpen (Belgien) und Oxford (England) sowie an Freiland-Testmauern der Universitäten Bayreuth und Oxford durchgeführt.
Die Ergebnisse sollen in einen Leitfaden einfließen, der die hydrologische Wirkung und das Verwitterungspotenzial von Pflanzenbewuchs aufzeigt und damit zu einer besseren Einschätzung der Chancen und Risiken von Begrünung an Kulturgütern beiträgt.
Im Arbeitspaket AP1 (Messung der Gesteinsfeuchte) werden Feuchteschwankungen durch die Messung der elektrischen Leitfähigkeit erfasst. Die Geräte sind wartungsarme Eigenentwicklungen mit Datenübertragung zu einem Server. Die Sensorpaare werden an/unter der Vegetation und auf vegetationsfreiem Stein installiert. Die Messung der räumlichen Feuchteverteilung geschieht durch Mikrowellen-Handmessgeräte an unbewachsenen Standorten und im Umfeld bzw. unter den verschiedenen Vegetationstypen. Die Messungen erfolgen zu verschiedenen Jahreszeiten sowie in kürzeren Abständen bei wechselhafter Witterung. Messprofile in größere Gesteinstiefe geschehen über 2D-Geoelektrik, was die Aufnahme von 2D-Profilen bis in 20-30 cm Tiefe ermöglicht.
Begleitende hydroklimatische Messungen (AP2) umfassen Temperatur- und Luftfeuchtemessungen an der Maueroberfläche unter und ohne Vegetation, außerdem Schlagregenmessungen mit selbst konstruierten Messeinrichtungen und die Erfassung des Oberflächenabflusses. In AP3 (Gesteinsparameter und Verwitterungszustand) wird die Verwitterung nach mehreren Terminologien kartiert. Hydrologische Kennwerte der Wasseraufnahme werden im Labor und im Gelände erfasst. Daneben wird die Schadenswirkung verschiedener Wurzeltypen abgeschätzt, und die Verwitterung der Gesteinsoberflächen wird über Dünnschliffe und Rückprallhärte untersucht. In Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern im Bereich Geoökologie der UBT werden Vegetationsaufnahmen durchgeführt (AP4). Eine vollständige Vegetationskartierung ist nicht geplant; es werden die im Fokus stehenden Vegetationstypen (Flechten, Moose) und Arten (Efeu, Jungfernrebe, versch. Krautpflanzen) aufgenommen und ihre jeweilige Deckung bestimmt.
Arbeitspaket AP5 (Austausch und Kooperation) dient dem Austausch mit Praktikern in der Bausteinkonservierung und Denkmalpflege. Dabei findet der Wissenstransfer über Workshops an Projektstart und –ende sowie über ein Expertengremium statt, das den Projektfortschritt beurteilen und Vorschläge für mögliche Richtungskorrekturen geben soll. In AP6 (Publikationen und Outreach) sind deutsch- und englischsprachige Publikationen in Open-Access-Journalen geplant. Ein zu erstellender Leitfaden soll soll die Literatur zu positiven und negativen Seiten der Vegetation an Baudenkmälern in allgemeinverständlicher Weise zusammenfassen und im Themenfeld Materialfeuchte die eigenen Projektergebnisse integrieren. Die Publikation soll kosten- und barrierefrei zugänglich gemacht werden.