Das ehemalige Kloster Eberbach ist von multifaktoriell bedingtem Substanzverlust bedroht. Er resultiert aus anthropogen induziertem Klimawandel, baulichen Veränderungen und Nachnutzungen. Es gilt, Lösungen zum Erhalt zu verfolgen, welche Nutzungs- und Konservierungsbelange vereinen.
Das Projekt konzentriert sich auf den Kern der Anlage, den Kreuzgang und Nachbarräume. Denn hier manifestieren sich klimabedingte Schäden durch Temperaturwechsel, Feuchtigkeit und Zugluft. Weitere Ursachen sind bauliche Veränderungen, die sich unter den aktuellen Klimaveränderungen stärker auswirken als bisher: Zwei Kreuzgangflügel (12.–14. Jh.) wurden nach der Aufhebung des Klosters (1803) abgetragen; Innenräume wurden zu Zonen im Freien. Distributionsbereiche sind vermehrt Zugluft ausgesetzt. Schäden an Mauerwerk und Bauzier schreiten in jüngster Zeit schneller voran. Die Folgen der feuchten Tallage dürften sich mit denen des seit 1805 fehlenden Wetterschutzes und des Klimawandels akkumulieren.
Einzelne Räume wurden in der Vergangenheit bereits untersucht und restauratorisch behandelt. Trotz hoher fachlicher Standards zeigten die Maßnahmen z. T. nicht die zu erwartenden Wirkungen. Daher werden nun mögliche Handlungsalternativen beurteilt und abgewogen. Künftige Maßnahmen sollen so auf einem multiprofessionellen, methodisch vernetzten und praxistauglichen Schutzkonzept basieren, das umweltrelevanten Herausforderungen begegnet. Ziel ist die Entwicklung eines übertragbaren Konzeptes, von dem auch andere Bauten profitieren.
An dem Projekt beteiligen sich Fachleute aus Restaurierungswissenschaften, Bauphysik und Tragwerksplanung, Architektur sowie Kunst-, Architektur- und Baugeschichte sowie Denkmalpflege und Nutzerschaft. Das Expertenteam bringt Innovationen der zerstörungsarmen digitalen Sensorik physikalischer Sachverhalte am Bestand sowie der prospektiven digitalen Simulierung von ggf. zu errichtenden Bauten ebenso ein wie Expertisen im Umgang mit schützenswerter Architektur.
Eine Maxime des Projekts lautet: Erst messen, dann entscheiden! Wir nutzen die Potenziale der Digitalen Transformation: Sensorik und digitale Datenanalyse unterstützen bei der Ressourcenschonung, Software wird kollaborativ eingesetzt, Ergebnisse der Scantechnologie können in virtuellen Forschungsdateninfrastrukturen verknüpft werden.
Phase A: Vorbereitung und Grundlagenermittlung (10.–12.2024)
Neben der Sichtung von Bestandsdokumentationen wird das Monitoring der Bausubstanz konzeptioniert und in Betrieb genommen, um erste materialkundliche Erfassungen durchzuführen. Parallel entsteht ein digitales 3D-Modell für raumklimatische Simulationen. Die fotogrammetrische Erfassung von Bauplastik dient als Vorbereitung restauratorischer Schadenskartierung. Phase 1 endet mit einer Arbeitstagung.
Phase B: Messungen, Simulationen und Vorentwurf (01.–12.2025)
Es folgt die restauratorische Dokumentation. Materialkundliche Bestandserfassung sowie bauklimatisches Monitoring setzen sich fort, um Verläufe zu ermitteln. Über Phase 2 erstreckt sich auch die digitale bauklimatische Modellerstellung und Simulation ohne Schutzbau. Dafür werden 3D-Daten in thermische Simulationsprogramme integriert sowie Bauteile und Randbedingungen als Referenzfall modelliert. So können Referenzfall und Monitoringdaten abgeglichen werden sowie das Simulationsmodell evaluiert und angepasst. Schließlich entsteht ein architektonischer Vorentwurf eines Schutzbaus. Phase 2 endet mit einer Arbeitstagung.
Phase C: Entscheidungsmatrix (01.2026–03.2027)
Die Auswertung der Monitoringdaten dient zum einen der Bewertung des Istzustands, um Zielklimavorgaben für einen Schutzbau festzulegen. Parallel werden so Maßnahmen sowohl zur präventiven Konservierung ohne Schutzbau eruiert werden als auch zur Raumklimakonditionierung innerhalb eines Schutzbaus. Darauf baut die digitale bauklimatische Modellerstellung ebenso auf wie die Simulation mit Schutzbau. Auf Basis des evaluierten Modells kann der architektonische Vorentwurf simuliert werden. Es folgen erstens die Ermittlung der sich im Schutzbau einstellenden klimatischen Parameter, zweitens der Abgleich mit der materialkundlichen Erfassung und Bewertung des architektonischen Vorentwurfs und des Nutzungskonzeptes in Hinblick auf die materialspezifischen Anforderungen zur Konservierung mit Schutzbau sowie drittens die Anpassung des Vorentwurfs an klimatische Randbedingungen und konservatorische Erfordernisse. Phase C endet mit einer Abschlusstagung und -publikation.
Über gängige Praxis hinaus verfolgt das Projekt einen integralen, transdisziplinären Ansatz, der Klima- und Denkmalschutzbelange sowie die Bauwende ebenso berücksichtigt wie funktionale und gestalterische Belange. So wird die Wirksamkeit von Handlungsalternativen im Umgang mit schützenswerter Architektur prognostiziert.