Bergische Universität Wuppertal
Lehrstuhl für Zuverlässigkeitstechnik und
Risikoanalytik
Gaußstr. 20
42119 Wuppertal
Das gestiegene Umweltbewusstsein und der Trend zur Elektromobilität steigern die Nachfrage nach emissionsfreien Energiequellen. Lithium-Ionen-Batterien (LIBs) spielen in Elektrofahrzeugen und Light Electric Vehicles eine zentrale Rolle, ihre Lebensdauer ist jedoch begrenzt – Traktionsbatterien gelten in der Regel als gealtert, wenn sie 70-80 % ihrer Nennkapazität erreicht haben. In Anwendungen mit geringeren Anforderungen (z. B. stationäre Heimspeicher) können gealterte Batterien jedoch weiterverwendet werden.
Für eine zuverlässige Second-Life-Anwendung muss die Degradation von LIBs genau erfasst, bewertet und quantifiziert werden. Die fortschreitende Degradation führt nicht nur zum Kapazitätsverlust, sondern kann auch funktions- und sicherheitskritische Veränderungen hervorrufen, die zu einem vorzeitigen Ausfall führen können. Häufig fehlen ausreichende Daten aus der Nutzungsphase der LIBs, um den Degradationsverlauf eindeutig bestimmen zu können.
Eine innovative Lösung bietet die Computertomographie (CT), die eine zerstörungsfreie Untersuchung der LIBs ermöglicht. Mithilfe der CT können innere Degradationseffekte sichtbar gemacht und quantifiziert werden. Das Projekt nutzt die CT-Untersuchung, um den aktuellen Zustand der LIBs zu ermitteln, ihre Second-Life-Fähigkeit zu bewerten und das optimale Einsatzszenario auszuwählen. Im geplanten Projekt sollen CT-Messstrategien entwickelt und angewendet werden, um funktions- und sicherheitskritische Veränderungen in gealterten Zellen zu detektieren und Strategien zur Wieder- und Weiterverwendbarkeit zu entwickeln. Ergänzend soll das Qualifizierungspotential komplementärer Batterie-Prüfverfahren ermittelt werden.
Der Einsatz der CT ermöglicht eine detaillierte Analyse der Zellveränderungen über den kapazitiven State-of-Health hinaus, wodurch Degradationsprozesse auch ohne umfangreiche Nutzungsdaten besser beurteilt werden können. Die präzisere Lebensdauerprognose soll Ausfälle reduzieren und die Batterien durch ein zweites länger nutzbar machen. Die erwarteten Projektergebnisse tragen somit zu einer ressourcenschonenden Nutzung bei, verlängern die Lebensdauer der Batterien und haben daher direkte Auswirkungen auf die Umweltentlastung. Zudem lassen sich lebensabschließende Wiederverwertungsmöglichkeiten durch eine verbesserte Materialausnutzung und erhöhte Sicherheitsaspekte bei der Demontage besser eruieren.
Der erste Schritt umfasst die Auswahl und Beschaffung von repräsentativen Batteriezellen. Entsprechend der Elektromobilität werden ebenfalls repräsentative Alterungsprofile für die künstliche Alterung ausgewählt und eine Teststrategie für die CT-Untersuchungen entwickelt. Die zu beobachtende Degradation wird durch ein im Projekt definiertes Referenzfehlerspektrum vorgegeben.
Um effiziente und wirtschaftliche CT-Messungen zu gewährleisten, werden anschließend unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte standardisierte Messstrategien von Zellen entwickelt, die zur Detektion von Referenzfehlern aus zuvor definierten Fehlerkategorien verwendet werden.
Anschließend werden Betriebs- und Zustandsdatensätze im Batterieprüfstand während der Alterung der Zellen erzeugt. Die Batteriezellen werden im Prüfstand bis zum Ende ihres First-Life künstlich gealtert, wobei in regelmäßigen Abständen der Zustand der Batteriezellen vermessen wird. Eine Zellbefundung durch zerstörungsfreie und abschließende zerstörende Prüfverfahren liefert präzise Ergebnisse über die vorhandene Degradation.
In der Analysephase werden die CT-Aufnahmen gemäß der definierten Fehlerstrukturen untersucht. Die detektierten Fehler werden in 3D-Modellen der Batteriezellen gekennzeichnet und interpretiert. Möglichen Zusammenhänge zwischen den Alterungsprofilen der Zellen im ersten Leben und den Ausprägungen der herstellungs- und nutzungsbedingten Veränderungen in den CT-Aufnahmen werden analysiert, um mögliche Korrelations- und Kausalzusammenhänge zu identifizieren.
In der anschließenden Validierungsphase werden im ersten Schritt die entwickelten CT-Messprozessparameter anhand der interpretierten Fehlerbilder validiert und ggf. weiter optimiert. Die CT-Aufnahmen und interpretierten Fehlerbilder werden mit den Zellbefunden aus den zerstörungsfreien und zerstörenden Prüfverfahren abgeglichen und somit die Aussagekraft und Genauigkeit der CT validiert. Ein Abgleich der CT-Aufnahmen der neuen und gealterten Zellen ermöglicht die Identifizierung des Ursache-Wirkungsgefüge unter Berücksichtigung von funktions- und sicherheitskritischen Merkmalen.
Vor dem Hintergrund einer effizienten und wirtschaftlichen Serienprüfung wird im abschließenden Arbeitspaket das Qualifizierungspotential der CT-Untersuchung sowie komplementärer und zerstörungsfreier Batterieprüfverfahren anhand verschiedener Kenngrößen ermittelt und exemplarisch im Hinblick auf eine effiziente und wirtschaftliche Serienprüfung umgesetzt