Projekt 38918/01

Die „Erfolgsorientierte Agrarprämie“ eine Möglichkeit, die Landwirtschaft auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts auszurichten

Projektdurchführung

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Institut für Agrarökonomie Lehrstuhl für Landwirtschaftliche Betriebslehre und Produktionsökonomie
Olshausenstr. 40
24118 Kiel

Zielsetzung

Mit dem „Green Deal“ nimmt sich die EU vor, bis 2050 klimaneutral zu werden, ohne dabei auf wirtschaftliches Wachstum und Wohlstandsmehrung zu verzichten. Der Sektor Landwirtschaft findet hierbei mit der Biodiversitäts- und „Farm-to-Fork (F2F)“-Strategie besondere Berücksichtigung. Deren Ziele sollen in Deutschland bereits bis zum Jahr 2030 erreicht sein. Eines der maßgeblichen Instrumente zur Umsetzung des Green Deals in der Landwirtschaft ist die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). In der aktuellen Förderperiode ist die GAP jedoch nur bedingt auf die mit dem Green Deal verbundenen Zielsetzungen ausgerichtet, so dass in Zukunft Anpassungen unausweichlich sein werden. Zudem fordern Kritiker einen grundsätzlichen Neustart der GAP, um die gestiegene Komplexität auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.

Neue Konzepte, wie die vom DVL entwickelte „Gemeinwohlprämie“, geben einen ersten Eindruck, wie ein solcher Neustart aussehen könnte. So sollen freiwillig erbrachte Umweltleistungen der Landwirtschaft nach dem Prinzip „öffentliche Mittel für öffentliche Leistungen“ gezielt honoriert werden. Da die Zielsetzungen der Biodiversitäts- und F2F-Strategie jedoch über eine gesteigerte Biodiversität hinausgehen, sind künftig Modelle erforderlich, die die entsprechenden Ziele simultan adressieren. Genau an dieser Stelle setzt die „Erfolgsorientierte Agrarprämie“ an, welche im Kern die Weiterentwicklung eines auf die gesetzten Politikziele ausgerichteten Prämienmodells zum Ziel hat. Die Erfolgsorientierte Agrarprämie denkt von den Politikzielen rückwärts und transformiert die nationalen Zielsetzungen der politischen Strategien in betriebsindividuelle Zielvorgaben, um diese mit Hilfe von zielerreichungsorientierten und freiwilligen Maßnahmen zu erreichen.

Aufbauend auf der Modellentwicklung dient dieses Forschungsprojekt einer Evaluierung und Kalibrierung des Politikmodells in der Praxis. Hierbei sollen die folgenden Forschungsfragen beantwortet werden: Stellt die Erfolgsorientierte Agrarprämie eine Möglichkeit dar, den steigenden politischen Anforderungen in der Landwirtschaft gerecht zu werden, ohne die bestehende betriebswirtschaftliche Situation der Betriebe zu gefährden? Ist es möglich, eine ausreichende Teilnahmebereitschaft und räumliche Durchdringung zu generieren? Lässt sich das Politikmodell administrativ so steuern, dass sich die Teilnahmebereitschaft mit einem gegebenen Gesamtbudget in Einklang bringen lassen? Welche Optimierungsmöglichkeiten sehen Landwirte?

Arbeitsschritte

Phase 1: Professionelle Programmierung der „Erfolgsorientierten Agrarprämie“ als Webanwendung und Entwicklung des Fragebogens (3 Monate).
Die digitale Umsetzung des Politikmodells dient einerseits dazu, eine möglichst praktikable Eingabemaske für die Befragungsteilnehmer zu entwickeln und andererseits die Daten automatisiert in eine Datenbank für spätere Auswertungen zu überführen. Die Webanwendung soll den Landwirten ermöglichen, ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Maßnahmenportfolio zusammenzustellen.

Phase 2: Datenerhebung (5 Monate).
In mehreren Präsenz- und Onlineworkshops erfolgt die Modellvorstellung und die „Incentive“-basierte Datenerhebung. Unterstützt wird die Teilnehmerakquise u.a. durch die lokalen Bauernverbände und Aufrufe in landwirtschaftlichen Fachzeitschriften sowie regionalen Bauernblättern.

Phase 3: Datenauswertung und Modellkalibrierung (3 Monate).
Bei der Datenauswertung soll ermittelt werden, welche Betriebstypen (Ackerbau, Viehhaltung, …) welche Maßnahmenkombination zur Erreichung der F2F-Ziele bevorzugen. Gleichzeitig wird analysiert, ob alle Ziele gleichermaßen angesprochen werden oder bestimmte Ziele bevorzugt werden. Außerdem soll festgestellt werden, ob man mit der Erfolgsorientierten Agrarprämie die gesetzten Politikziele auf deutscher Ebene erreichen kann, inwiefern eine gleichmäßige regionale Inanspruchnahme möglich ist und ob sich die Teilnahmebereitschaft mit einem gegebenen Gesamtbudget in Einklang bringen lässt. Die Ergebnisse sollen abschließend genutzt werden, um die Grundlage für eine künftige Kalibrierung zu schaffen.

Phase 4: Ergebnisdarstellung und -verarbeitung (3 Monate)
Ein konkretes Produkt des Projektes ist der Abschlussbericht für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, welcher die Akzeptanz des vorgeschlagenen Fördermodells und Prognosen über die räumliche Verteilung der Inanspruchnahme sowie der Erreichung der F2F-Ziele beinhaltet. Darüber hinaus sind
sowohl wissenschaftliche Publikationen in politiknahen Medien wie Berichte über Landwirtschaft als auch Beiträge in der landwirtschaftlichen Fachpresse (national und regional) geplant.

Ergebnisse

Die Workshops zur Erfolgsorientierten Agrarprämie (EOAP) haben eindrucksvoll gezeigt, dass dieses Modell ein zukunftsweisendes Instrument für eine nachhaltige und leistungsorientierte Landwirtschaft darstellen könnte. Die EOAP wird von Landwirten aufgrund ihrer Flexibilität und geringeren Komplexität geschätzt und bietet eine solide Grundlage, um ökologische Ziele mit betriebswirtschaftlichen Zielen in Einklang zu bringen. Die Evaluation hat jedoch auch offengelegt, dass in verschiedenen Bereichen gezielte Weiterentwicklungen erforderlich sind, um die volle Wirkung des Prämienmodells zu entfalten. Die EOAP konnte in mehreren Zielen große Erfolge verzeichnen, insbesondere bei der Reduktion der Stickstoffdüngung und der Biodiversitätsstrategie. Gleichzeitig wurde deutlich, dass komplexere Maßnahmen, wie die Reduktion des PSM-Einsatzes um 50 %, noch mit erheblichen Herausforderungen verbunden sind. Das mangelnde Angebot alternativer Technologien im Maßnahmenkatalog und der hohe technische sowie wirtschaftliche Aufwand hemmen hier die Zielerreichung. Der Maßnahmenkatalog bietet eine solide Grundlage, muss jedoch an die sich wandelnden Anforderungen der Landwirtschaft angepasst werden. Die Aufnahme moderner Technologien wie z.B. Spot Spraying sowie die Berücksichtigung kleinteiliger Ansätze und Betriebskooperationen könnten die Zielerreichung deutlich verbessern. Die Workshops verdeutlichten die Notwendigkeit, die Maßnahmen stärker an regionale Gegebenheiten anzupassen. Einheitliche Bundeslisten, ergänzt durch spezifische Regio-Listen, könnten die ökologische und agrarstrukturelle Vielfalt der Bundesländer besser berücksichtigen. Variierende Prämienhöhen je nach regionaler Relevanz und Maßnahmenschwierigkeit könnten zusätzliche Anreize schaffen und die Akzeptanz bei den Landwirten erhöhen. Eine stärkere Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten und Einkommensverluste sowie eine Vereinfachung der Zahlungsmodalitäten sind entscheidend, um die Attraktivität der EOAP zu steigern. Ebenfalls sollte über eine Absenkung des Schwellenwertes in der Einführungsphase der EOAP nachgedacht werden. Eine weitere Option wäre, an das Niederländische Modell angelehnt, eine dauerhafte Einführung verschiedener Stufen des erreichten Schwellenwertes und eine entsprechende reduzierte Prämie, um mehr Landwirte zu motivieren an der EOAP teilzunehmen und so mehr Fläche für den Umwelt- und Naturschutz generieren zu können.

Öffentlichkeitsarbeit

Während der Projektlaufzeit wurde unter Beteiligung aller Landesbauernverbände die Datenerhebung vorgenommen. Dies wurde zentral durch den Deutschen Bauernverband in die Wege geleitet und koordiniert. Dadurch konnten wir mit vielen Landwirten und Landwirtinnen in den direkten Kontakt treten und diese bei der Weiterentwicklung der EOAP mitnehmen. Zudem erfolgten zahlreiche Fachvorträge bei unterschiedlichen Institutionen (u.a. Landwirtschaftskammer Niedersachsen, AG Goslar des DBV in Brüssel, DLG-Wintertagung, MLLEV SH, Umweltbundesamt, Hochschultagung der CAU). Des Weiteren wurden verschiedene Beiträge in der landwirtschaftlicher Fachpresse veröffentlicht. Zu guter Letzt erfolgte die Ergebnispräsentation des Projektes in Form einer Hybridveranstaltung mit zahlreichen Vertretern aus Politik und Landwirtschaft.

Fazit

Die EOAP hat das Potenzial, langfristig als stabiler Baustein einer nachhaltigen Landwirtschaft zu wirken. Dazu muss das System flexibel bleiben, um sich an neue politische Zielsetzungen und technologische Entwicklungen anzupassen. Ein kontinuierlicher Dialog mit der landwirtschaftlichen Praxis und regelmäßige Evaluierungen sind essenziell, um die Wirksamkeit und Akzeptanz der Maßnahmen zu sichern. Die EOAP steht an einem Wendepunkt: Ihre bisherigen Erfolge und die konstruktiven Rückmeldungen aus den Workshops bieten eine starke Basis für eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung. Um die EOAP weiter zu stärken, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirten, politischen Entscheidungsträgern und Wissenschaft erforderlich. Gemeinsam kann ein System geschaffen werden, das nicht nur ökologische und wirtschaftliche Ziele vereint, sondern auch als Vorbild für die nachhaltige Transformation der deutschen Landwirtschaft dienen kann.

Übersicht

Fördersumme

75.306,00 €

Förderzeitraum

13.10.2023 - 13.12.2024

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter