Körperschallanregungen durch technische Anlagen oder Trittschall werden im Holzbau aufgrund des geringen Eigengewichts als besonders störend wahrgenommen. PIRMIN JUNG setzt daher in vielen Projekten die Holz-Beton-Verbunddecke ein, die aufgrund der hohen Masse einen guten Schallschutz aufzeigt. Jedoch wird mit Einbringen von Beton auch das Treibhausgaspotenzial von mehr als 100 kgCO2-eq/m²Decke im Vergleich zu Holzbalken- oder Massivholzdecken deutlich erhöht und gleichermaßen ist dessen Rückbaubarkeit bzw. Recyclingfähigkeit erschwert.
Im Rahmen des DBU-Projektes entwickeln PIRMIN JUNG und das FG-Bauphysik der RPTU deshalb erstmalig ökologisch und bauphysikalisch optimierte Deckenkonstruktionen für mehrgeschossige Gebäude, die ohne die Verwendung von Frischbetonen oder gebundenes Schüttmaterial auskommen und trotzdem einen hinsichtlich der Bauakustik angenehmen Wohnkomfort bieten sollen.
Der Modellcharakter des neuen Lösungsweges besteht aus den folgenden Punkten:
• Entwicklung von Deckenaufbauten unter Verwendung rückbaubarer, recycelter und ökologischer Deckenbeschwerungen,
• Überprüfung der Deckenaufbauten im Hinblick der tieffrequenten Schallübertragung von Körperschall (Trittschall, technische Anlagen),
• Erweiterung der Datengrundlage von Bauteilen in Holzbauweise im mehrgeschossigen Wohnungsbau und
• Entwicklung eines Planungstools zur Anpassung der neu entwickelten Holzdecken an verschiedene akustische Situationen.
In Summe soll der Schallschutz von Holzkonstruktionen mit Hilfe der neuen ökologischen Deckengestaltung deutlich erhöht werden, um die Akzeptanz des Holzbaus insgesamt zu steigern und den bestehenden Nachteil des geringen tieffrequenten Schallschutzes im Vergleich zur Massivbauweise zu beseitigen. Zudem soll durch geeignete Gestaltung der Deckenkonstruktion das Treibhausgaspotenzial der Holzdecke auf unter 80 kgCO2-eq/m²Decke gesenkt werden, bei gleichzeitiger Verbesserung des bauakustischen Verhaltens und der sortenreinen Rückbaubarkeit.
Um mit den neu zu entwickelnden ökologischen Deckenkonstruktionen die Schallschutzziele im Hinblick auf Luft- und Körperschall zu erfüllen, werden aufbauend auf Erfahrungswerten und Literaturdaten für unterschiedliche Nutzungsarten sowie den normativen Anforderungen und deren Konsequenz für die Konstruktionsart der Decke alternative Vorgehensweisen bewertet. Anschließend wird eine Datenbank erstellt, in welche sämtliche Mess- und Simulationsergebnisse sowie in-situ Messungen in bereits errichteten Gebäuden aufgenommen werden, die auch als Grundlage für die Entwicklung eines Auslegungstools dienen soll.
Auf Basis dieser Datenbank wird ein neues parametrisierten Simulationsmodell entwickelt, welches anhand von experimentell gewonnenen Daten, Abgleichen mit Prognoseverfahren und Vergleichen mit bekannten Simulationsprogrammen validiert wird. Das neue Simulationsmodell ermöglicht die gezielte Untersuchung von mehr als 100 verschiedenen Konstruktionskonzepten für Holzdecken, wobei die Schalldämmung simuliert und akustische Besonderheiten wie die Lage der Resonanzfrequenz prognostiziert werden.
Durch Vergleiche zwischen Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, statischem und akustischem Nutzen sowie Realisierbarkeit werden die mehr als 100 Varianten bewertet und gezielt Deckenaufbauten ausgewählt, um neue Konstruktionsansätze abzuleiten, ein neues Simulationsmodell für den tieffrequenten Bereich zu entwickeln und bis zu fünf Prototypelemente in Dimensionen von 500 x 250 cm² zu entwerfen.
Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird ein Planungstool für die Auslegung der neu entwickelten Holzdecken an verschiedene akustische Situationen entwickelt.
Die Arbeiten erfolgen hierbei in sechs Arbeitspaketen und haben mit der Festlegung der Planungsparameter, der Datenbankerstellung, der Entwicklung und Untersuchung neuer Deckenkonstruktionen sowie der Realisierung eines Planungstools vier Meilensteine.
Hiermit wird eine neue Basis geschaffen werden, um die einschränkenden Vorgaben verschiedener Normen, die einen weitergehenden Einsatz von Holz als Baustoff im mehrgeschossigen Wohnungsbau verhindern, anhand neuer Datenlagen gezielt zu beseitigen, wobei die akustische Auslegung der ökologischen Holzdecken mit Hilfe des Planungstools deutlich vereinfacht werden soll. Das Planungstool soll nach Ende des Projektes als universell nutzbares und erweiterbares Excel-Tool mit VBA programmierten Funktionalitäten kostenlos als Open Source-Datei zur Verfügung gestellt werden.