Mit dem neuen Naturerlebniszentrum Rhön (NEZ Rhön) als staatliche Einrichtung wird ein Leuchtturmprojekt im Bereich Bildung und Kommunikation des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön entwickelt. Das NEZ Rhön entsteht an zwei Standorten mit jeweils spezifischen Themen und Zielgruppen. Am Wild-Park Klaushof in Bad Kissingen ist ein Neubau geplant, in dem sich die Angebote auf den Bereich Naturerlebnis und das Verhältnis Mensch - Natur fokussieren.
Am Standort Hammelburg wird die erste Bildungseinrichtung des BRR geplant, die direkt in einem kleinstädtischen Umfeld liegt. Dafür wird im Kellereischloss Hammelburg ein Bildungszentrum eingerichtet, das sich dem Leitthema der Nachhaltigkeit in der Entwicklungszone des Biosphärenreservats widmet, insbesondere ihrer ökonomischen und sozialen Dimension. Damit werden
junge Menschen angesprochen, für die Fragen nach einem nachhaltigen Lebensstil von besonderer Bedeutung sind. Die Gestaltung dieser Einrichtung mit einer Kombination von interaktiver Ausstellung, einem Reallabor und einem Maker Space ist nicht nur für die Rhön, sondern auch überregional einmalig. Die Entwicklungszone als größter Flächenanteil eines Biosphärenreservats wird als das entscheidende Element dieser Modellregion für Nachhaltigkeit präsentiert.
Die Grundidee der Einrichtung und der geplanten Ausstellung ist es, einen Dritten Ort zu schaffen, der von der Zielgruppe regelmäßig aufgesucht wird, weil sie sich dort gerne aufhält, vernetzt und gemeinsame Aktivitäten startet. Das Konzept wurde 1989 vom Soziologen Ray Oldenburg beschrieben und meint einen öffentlichen Treffpunkt neben der Familie (Erster Ort) und der Arbeitsstelle/Schule (Zweiter Ort). Der Dritte Ort ist demnach ein einfach zu erreichender Ort, der allen ohne Konsumzwang offensteht und an dem Begegnung, Kommunikation und Austausch stattfinden sollen.
Dies schafft den Rahmen für die zweite Leitlinie der Ausstellung: eine möglichkeitsorientierte Grundhaltung,die der oft negativen Weltsicht der jungen Zielgruppe - gerade im Bereich der nachhaltigen Entwicklung - Alternativen aufzeigt. Im Sinne der BNE sollen die Besucher:innen nach der Ausstellung ein Gefühl der Motivation und des Empowerments haben, das zu eigenen Aktivitäten (im NEZ Rhön) animiert.
Das aktuell vorliegende Grobkonzept zum Projekt "Zukunft. Na klar." sieht für das NEZ Rhön drei Funktionsbereiche vor: eine öffentliche Ausstellung, ein Reallabor und einen MAker-Space:
Zum Einstieg der Ausstellung lernen die Besucher:innen in begehbaren Lebenswelten vier fiktive Akteur:innen der Rhön kennen. Dabei wird schnell klar, dass eine nachhaltige Entwicklung oft in Dilemma-Situationen führt, die aufgrund unterschiedlicher Werte und Schwerpunkte ausgehandelt werden müssen (z.B. Wolf vs. Schafhaltung). Die Besucher:innen wechseln von einer Lebenswelt zur anderen und erfahren so die Gemeinsamkeiten und Widersprüche verschiedener Aspekte von Nachhaltigkeit.
An den folgenden Themenstationen zu Ernährung, Energie, Konsum und Mobilität können die drei Handlungsebenen persönlich gemeinschaftlich und politisch spielerisch ausprobiert werden. Dabei gibt es nicht nur eine richtige Lösung, sondern eine Vielfalt an
Möglichkeiten die zum Diskurs unter den Besucher:innen anregt. Den Abschluss findet die Ausstellung in den Zukunftsszenarien: Geführt durch Leitfragen finden die Besucher:innen aus vier nachhaltigen Zukunftsvisionen die, die am besten zu ihnen passen. Das können technokratische Lösungen sein, persönlicher Verzicht oder politische Rahmenbedingungen.
Die Szenarien bilden inhaltlich und räumlich den Übergang zum Reallabor. Ein offener Kreativraum lädt zum Austausch, zum gemeinsamen Planen und Handeln ein. Informationen und neue Ideen zu Nachhaltigkeitsprojekten im BRR können auf einer großen Wandkarte allen Besucher:innen zugänglich gemacht werden. An der Talente-Wand können Fähigkeiten und Wissen zur Weitergabe angeboten werden. Und schließlich können hier Projekte für den Maker Space entstehen.
In diesem wird geforscht, gebastelt, gebaut und gestaltet. Ausgehend von einer Grundausstattung wird diese Werkstatt mit den Besucher:innen modular entwickelt und mit Leben gefüllt. So kann die Mitgestaltung des NEZ Rhön und der Entwicklungszone des BRR ganz konkret werden. Im Laufe des Betriebs können Produkte des Maker Spaces auch in die Gestaltung der Ausstellung, z.B. bei der Überarbeitung einer Lebenswelt, einfließen.
Nachhaltigkeit soll im NEZ Rhön nicht „vermittelt", sondern gelebt werden. So gehören Elemente wie ein Trinkwasserbrunnen, ein Tauschregal, weitgehende Barrierefreiheit oder auch eine „Toilette für alle“ zum whole-institution approach, der hier möglichst umfassend verwirklicht werden soll.