Projekt 38505/01

Ressourcenschonende Räderherstellung mit recyceltem Material und optimaler Zellennutzung

Projektdurchführung

ENTEC-STRACON GMBH
Stiewingstr. 101
73433 Aalen



Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Weltweit werden bis zu rund 4 Mio. t/a Leichtmetalllegierungen zu Rädern verarbeitet. Leichtmetallräder werden heute fast ausschließlich mit dem Niederdruck-Kokillengussverfahren hergestellt. Eine langsame Formfüllung und lange Erstarrungszeiten sorgen dabei für ein grobes Gefüge. Technologische Defizite (minimal erreichbare Wandstärken, Festigkeitseigenschaften) müssen durch Zerspanungsprozesse und anschließende Wärmebehandlung ausgeglichen werden. Aufgrund der hohen Anforderungen für Räder im Automotive-Bereich (u.a. hinsichtlich Zugfestigkeit oder Dehnung) kann in der Räderproduktion im Niederdruckguss kein Recyclingmaterial eingesetzt werden. Es wird lediglich max. 30 % - 50 % vom Gussgewicht als direktes Kreislaufmaterial gereinigt und wieder aufgeschmolzen. Beim Niederdruckguss fallen in der Nachbearbeitung bisher verfahrensbedingt ausschließlich Späne (von bis zu 50 %), und damit minderwertiges verunreinigtes Sekundärmaterial, an.
Beim TURBU-DRUCK-GIESSEN wird verfahrensbedingt nahezu konturnah gegossen und es fällt somit überwiegend höherwertiges Sekundärmaterial (Anguss und Überläufe mit 25 %) an. Dieses höherwertige Sekundärmaterial besteht aus einem Stück und ist frei von Schmiermitteln, sodass ein Wiederaufschmelzen mit einem sehr hohen Wirkungsgrad realisiert werden kann.
Ziel des Vorhabens war es, das Sekundärmaterial vollständig wieder aufzuschmelzen und zusätzlich 100 % Recyclingmaterial für die Herstellung von Rädern im TURBU-DRUCK-Gussverfahren zu verwenden. Um dies bei sicherheitsrelevanten Bauteilen wie Leichtmetallrädern mit einem hohen Anspruch an Qualität in Kombination mit der Verfahrenskomplexität sicherstellen zu können, bedarf es einer genauen Überwachung aller hierfür relevanten Einflussparameter. Daher verfolgte das Projekt auch das Ziel der ganzheitlichen Qualitätskontrolle bereits beim Gießen. Mit dieser Transparenz soll gezielt gegengesteuert werden, um den Ausschuss zu minimieren. Je früher innerhalb der Wertschöpfungskette ein Abweichen der Einflussparameter zu erkennen ist, umso weniger Ausschuss entsteht.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm ersten Teil wurden die Einflussfaktoren auf Basis von Expertenwissen sowohl auf der Legierungsseite als auch auf der Verfahrensseite erarbeitet und je nach Einfluss auf das Gesamtergebnis untergliedert und priorisiert. So wurden beispielsweise bei der Legierung sowohl die Legierungsbestandteile als auch die Spurenelemente untersucht und bewertet. Neben der Bewertung der Zugfestigkeit und Dehnung wurde auch der Einfluss auf Biegewechselfestigkeit und Steifigkeit bewertet, da diese Einflussfaktoren wesentlich für die Erfüllung der Anforderungen der Anwender sind. Nachdem alle Grundlagen, Voruntersuchungen und Bewertungen auf der Materialseite ausgewertet waren, wurden diese unter wirtschaftlich realisierbaren Bedingungen gewichtet und festgelegt.

Nach Abwägung aller Einflussgrößen wurden dann weitergehende Untersuchungen am Gussteil durchgeführt, um diese Thesen auf Basis von Expertenwissen und Materialprüfungen zu validieren. Des Weiteren wurde auch hierbei berücksichtigt, was prozessseitig unter Serienbedingungen wirtschaftlich realisierbar ist. Hierbei wurde festgestellt, dass bereits bei der Aufbereitung der Schmelze (Oxidbildung), bei der Bereitstellung (Umschütten/Ruhen vor dem Abgießen) und dem Abguss (Vorerstarrung/turbulenzarmes Gießen) bis zur vollständigen Erstarrung (Abschreckrate und Polymere) sehr viele Einflussgrößen das Gesamtergebnis beeinflussen. Für diese Einflussparameter wurden Kategorien festgelegt und mit Gewichtung bewertet.
Durch die komplexe Belastung der Leichtmetallräder im Fahrbetrieb sind viele Prüfstandsversuche notwendig, um die Einflüsse aller materialseitigen Bestandteile (primär, sekundär und recycelt) und auch der verfahrensseitigen Einflussparameter zur optimalen, ressourcenschonenden Felgenherstellung festzulegen.



Ergebnisse und Diskussion

In Summe wurde nachgewiesen, dass es mit dem TURBU-DRUCK-GIESSEN, einem druckbeaufschlagten, turbulenzarmen Gießprozess für Leichtmetall-Legierungen erstmals möglich wird, komplexe Bauteile mit unterschiedlichen Wandstärken produktnah zu gießen. Der Prozess kann mit 100 % Recyclingmaterial und minimalem Ausschuss umgesetzt werden. Der Umweltentlastungseffekt beträgt beim Rohmaterial bis zu - 40 % und beim Energieverbrauch bis zu - 50 %. Die Verkürzung der Prozesskette bei der Nachbehandlung (Zerspanung, Wärmebehandlung) führt zu weiteren Vorteilen. Der Prozess verzichtet auf die Energiebereitstellung durch Gas und unterstützt damit die Decarbonisierung in dieser Branche.

Bei allen Gießversuchen innerhalb des Projekts wurden Leichtmetallräder in unterschiedlichen Ausführungen erzeugt und auf den Prüfständen im direkten Vergleich zum Straßeneinsatz verifiziert. Die auf den Prüfständen erzeugten Testergebnisse wurden anschließend bewertet, sodass nun die Materialspezifikationen und deren Einflussgrößen vorliegen und für den Anwendungsfall TURBU-DRUCK-GIESSEN als Serienprozess verwendet werden können. Die unterschiedlichen Gussteile und die damit erzielten Ergebnisse auf den Prüfständen innerhalb des Förderprojektes waren zielführend und zeigten das enorme Potenzial dieses Verfahrens gerade beim ersten Produktansatz - dem Leichtmetallrad - auf. Dies gilt sowohl für den Einsatz von bis zu 100 % Recyclingmaterial als auch für die Prozessparameter, um auch in der Serienfertigung ein ganzheitliches Optimum umzusetzen. Diese Erkenntnisse sind direkt in die Konstruktion eingeflossen und werden zukünftig in Serienprozessen berücksichtigt.

Ein enormer Vorteil gegenüber dem Niederdruckgießen ist, dass es nun möglich ist, bereits zu Beginn der Wertschöpfungskette die wesentlichen Einflussparameter zu überwachen und gegebenenfalls gegenzusteuern, sodass sich alle bauteilspezifischen Parameter innerhalb ihrer Grenzen bewegen, um Ausschuss zu minimieren.

Nach div. Machbarkeitsstudien gibt es nun zeitnah erste Fahrzeuge von namhaften Automobilherstellern, die mit Leichtmetallrädern ausgestattet werden, die mit dieser Technologie produziert werden. Aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht sind damit enorme Vorteile verbunden.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zusätzlich zu den direkten Ansprachen von Anwendern in der Automobilindustrie wird der Prozess über soziale Medien national und international bekannt gemacht.


Fazit

Bereits in 2025 und 2026 sollen die ersten Serien umgesetzt werden. Ebenfalls sagen Fahrzeughersteller, dass langfristig Niederdruckguss komplett durch TURBU-DRUCK-GUSS ersetzt werden soll.

Übersicht

Fördersumme

110.304,00 €

Förderzeitraum

27.11.2022 - 27.11.2023

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter