In der Holzverarbeitung werden bisher vorrangig subtraktive Fertigungsverfahren eingesetzt. Die Materialeffizienz ist bei diesen spanenden Verfahren stark eingeschränkt. Jährlich fallen mehrere Hunderttausend Tonnen Holzreste und Späne an. Die additive Fertigung (auch als 3D-Druck bekannt) ist eine alternative Herstellungstechnologie, bei der basierend auf einem digitalen Modell Material Schicht für Schicht aufgetragen wird. Gemeinsam ist allen additiven Fertigungsverfahren, dass das eingesetzte Material vollständig im gefertigten Werkstück verbleibt. Die Fertigungsweise ist dadurch sehr materialeffizient.
Holzwerkstoffe wie Spanplatten oder MDF tragen bereits erheblich dazu bei, die Ressourcen der Holzindustrie effizienter zu nutzen. Diese Werkstoffe werden aus Holzresten und -abfällen hergestellt, die bei der Holzverarbeitung anfallen. Ein nicht unerheblicher Anteil der Holzreste und -abfälle wird jedoch nach wie vor energetisch genutzt. Das beantragte Forschungsvorhaben setzt es sich zum Ziel, die Nachhaltigkeit in der Holzverarbeitung durch die Verwendung additiver Fertigungsmethoden weiter zu verbessern.
Möglich werden soll dies durch das 3D-Druck-Verfahren des Liquid Deposition Modeling (LDM). Holzmehle und -späne werden hier in Form pastöser Suspensionen verarbeitet. Der Füllstoff Holz ist als feste Phase in einem flüssigen Medium dispergiert. Durch Trocknung bzw. Aushärtung wird die pastöse Masse in einen abschließenden festen Zustand überführt. Kleinere Objekte können mit dem Verfahren bereits schon heute gefertigt werden. Die begrenzte Stabilität der bisherigen Materialmischungen im feuchten, nicht ausgehärteten Zustand führt jedoch dazu, dass Objekte ab Druckhöhen von über 20 cm unter ihrer eigenen Last kollabieren.
Das konkrete Ziel besteht darin, das Liquid Deposition Modeling mit holzbasierten Materialien entscheidend weiterzuentwickeln. Auf der Skala des „Technology Readiness Level“ (TRL) befindet sich die Technologie derzeit auf Stufe 4 bis 5 (Versuche in Laborumgebung bzw. im Pilotmaßstab). Am Projektende soll sie einen TRL von 6 bis 7 erreicht haben (Demonstration in Einsatzumgebung bzw. im Einsatz).
In der überwiegenden Zahl der Fälle wurde Holz in der additiven Fertigung bisher in Kombination mit Thermoplasten eingesetzt. Bei dem dabei verwendeten Verfahren des Fused Deposition Modeling (FDM) liegt der Holzanteil unter 40 %. Im LDM-Verfahren sind Holzanteile von bis zu 90 % möglich. Ein Arbeitspaket setzt sich den systematischen Vergleich von FDM und LDM zum Ziel. In Kooperation mit dem 3D-Drucker-Hersteller WASP werden Verfahrens-, Material- und Produktparameter dokumentiert (z.B. Druckzeit, Energiebedarf, Trocknungszeit, Materialkosten, Schwindung, Festigkeit).
Für die Fertigung eines ersten Produkt-Prototyps soll eine bereits in Laborversuchen erfolgreich eingesetzte Mischung verwendet werden. Gemeinsam mit dem Designer Uwe Bodenschatz und der Firma „Stefan Beyer Instrumente“ (Großweitzschen) soll die Zarge einer elektrischen Gitarre gedruckt werden.
Ein Transfer in die Praxis setzt eine Überwindung der bisherigen, vertikalen Fertigungslimitierungen voraus. Für die Herstellung von Objekten mit einer Höhe über 20 cm sollen im Projekt zwei sich ergänzende Lösungsansätze entwickelt werden. Bei der einen handelt sich um die Entwicklung einer modulare Fertigungsweise, bei der einzelne additiv gefertigte Segmente bedarfsgerecht mit Hilfe unterschiedlicher Verbindungstypen form- und kraftschlüssig zu größeren Objekten gefügt werden. Dieses Arbeitspaket wird maßgeblich durch Uwe Bodenschatz bearbeitet.
Der zweite Ansatz besteht in der Weiterentwicklung des Druckmaterials selbst. Durch eine Anpassung der Werkstoffzusammensetzung soll der innere Zusammenhalt des Materials nach dem Verlassen des Extruders so weit gestärkt werden, dass Objekte mit einer Höhe von mindestens 50 cm gedruckt werden können. In einem ersten Schritt werden in Zusammenarbeit mit externen Partnern (z.B. der Baufan Bauchemie Leipzig GmbH) verschiedene Möglichkeiten zur Beschleunigung der Verfestigung von LDM-Materialien gesichtet und in Vorversuchen getestet. Danach sollen aussichtsreiche Mischungsvarianten hinsichtlich Festigkeitsparametern und Schwindungsverhalten untersucht und weiter optimiert werden. Mischungsverhältnisse werden variiert, Zusammenhänge analysiert und auf Basis der formulierten Anforderungen angepasste Materialrezepte definiert.
Im Rahmen des Projekts wurde in Kooperation mit einem Musikinstrumentenbauer bisher der Prototyp einer Gitarrenzarge gefertigt (AP 5). Darüber hinaus wurde mit einer Weiterentwicklung der Technologie zur Herstellung größerer Objekte begonnen. Das betrifft einerseits das Material: in Kooperation mit mehreren Partnern aus Forschung und Industrie wurden verschiedene Möglichkeiten zur Beschleunigung der Materialverfestigung gesichtet, in wissenschaftlichen Untersuchungen getestet und damit begonnen, geeignete Rezepturen zu entwickeln (AP 2 & 3). Andererseits bietet ein nachträgliches Fügen von Segmenten die Möglichkeit zur Herstellung größerer Objekte. Im zweiten Projektjahr soll in AP 4 ein intelligentes Verbindungssystem für 3D-gedruckte Elemente entwickelt werden. Zudem ist ein Vergleich des LDM-Verfahrens mit dem bereits länger etablierten Fused Deposition Modeling geplant (AP 1).
Im Rahmen wissenschaftlicher Konferenzen wurden die Forschungsergebnisse einem breiten Fachpublikum vorgestellt:
- Holztechnologisches Kolloquium in Dresden (April 2024)
- Freiberger Universitätsforum „Additive manufacturing of bio-based residue materials“ (Juni 2024)
Auf Fachveranstaltungen wurde eine Reihe neuer Kontakte geknüpft:
- Formnext, Fachmesse zur additiven Fertigung, in Frankfurt/Main (November 2023)
- Treffen des Netzwerkes „Sustainable Additive Manufacturing in Saxony“ (SAMSax) in Freiberg (November 2023)
In Kooperation mit der Westsächsischen Hochschule Zwickau (AKS, Schneeberg) wurde ein dreitägiger Workshop durchgeführt. Die teilnehmenden Designer wurden dabei unterstützt, verschiedene Varianten eines Kleinmöbels fertigungsnah zu entwerfen und im LDM-Verfahren herzustellen (September 2024).
Zudem wurde das additive Fertigungsverfahren direkt Unternehmen vorgestellt und eine zukünftige Zusammenarbeit vereinbart.