Dibella GmbH
Hamalandstr. 111
46399 Bocholt
B2B-Textilien, wie sie z. B. als Flachwäsche (Bettwäsche, Tischwäsche, Frottierwäsche) oder Arbeitsbekleidung in industriellen Wäschereien (Textilservice) bearbeitet werden, können nach Ende ihrer Nutzungsphase einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung und Umweltentlastung beitragen, wenn diese wiederum in einen Fasereinsatz zurückgebracht werden.
Die vornehmlich aus Baumwoll-Polyestermischungen bestehenden Textilien werden bisher schon in größeren Mengen einem Downcycling-Prozess (z. B. zu Putztüchern, Dämmmaterialien) unterworfen, jedoch die Umwandlung in ein zirkuläres textiles Wertschöpfungssystem befindet sich noch am Anfang.
Gewisse definierte Alttextil-Warenströme können aber bereits heute einem chemischen Faser-zu-Faser-Upcycling-Prozess zugeführt werden. In diesem Prozess werden Baumwoll- und Polyesterfasern getrennt (Fa. Södra, Schweden). Der so aus dem Baumwollanteil gewonnene Cellulose-Pulp (Zellstoff) kann als Beimischung zu neuen Celluloseregeneratfasern, den Lyocellfasern Refibra™ der Fa. Lenzing (Generierung aus besagten Alttextilien („post-consumer waste“) und Baumwollzuschnittresten („pre-consumer waste“) bis zu 30 % und Restanteil Holzzellstoff aus nachhaltiger Forstwirtschaft), verarbeitet und in dieser Form als Cellulose-Komponente in neu einsetzbaren B2B-Textilien wiederverwendet werden.
Dies wird in einem laufenden Projekt prinzipiell anhand Modelltextilien bis zu mehreren Nutzungszyklen als Mietwäsche gezeigt, der Kreislauf wäre hier zu Ende.
Inwiefern nach Gebrauch diese Textilien im Sinne des Closed-Loops-Systems wiederholbar recycelfähig sind (evtl. Trennung Polyester und Cellulose und Einbringen von letzterer z. B. wiederum in den Lyocell-Prozess), ist noch vollständig unbekannt und soll in diesem Projekt modellhaft untersucht und bewertet werden.
Dies umfasst die Erarbeitung von Lösungen für eine tatsächliche Kreislaufführung von B2B-Textilien am Nutzungsende auf Basis von chemischen Qualitätsbewertungen und neuer technischer „Design for Circularity“-Ansätze. Letztere beinhalten Konstruktion und Gestaltung von Garnen, textilen Flächengebilden, Veredlungsprozessen und Endprodukten für unterschiedliche Generationen der Kreislaufwirtschaft, so dass einerseits die Produktlebensdauer erhöht und andererseits das Recycling unterstützt werden.
Für einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz gehört zu den größten Herausforderungen die Sicherstellung eines definierten und mengenmäßig großen Abfallstromes, die Separation der Textilien in den Textilservicebetrieben zur Lieferung vorsortierter Stoffströme und die anschließende Logistik zum Recyclingunternehmen.
Aktuell findet keine automatische Sortierung der Alttextilien z. B. nach Fasermischungsverhältnis statt, was bisher zu großen Hindernissen in der Realisierung einer vollständigen Kreislaufführung mit ausreichender Rentabilität (Kostenreduktion) führt.
In diesem Projekt wird eine für alle Betriebe einheitliche und einfache Lösung zur vollautomatischen Textilsortierung als Logistikgrundlage für eine praxistaugliche textile Kreislaufwirtschaft angestrebt, um den für eine Kreislaufführung einsetzbaren Post-Consumer-Abfallanteil zu steigern und den Rohstoffeinsatz sowie den CO2-Fußabdruck zu reduzieren.
Dies beinhaltet die Entwicklung eines Warentransport- und Greifer-/Sortierungssystems für mengenmäßig große Alttextil-Warenströme von Industriewäschereien als Prototyp, das auf Einsatz KI-gestützter NIR-Detektionstechniken beruht. Ergänzt wird dies durch die Ausarbeitung eines logistischen Container- und Lagersystem für die sortierten Textilmengen und die Einbindung geeigneter „Transaction Certificates“ (TCs), um die notwendige Transparenz der Warenströme zur Identifikation für das belieferte Recyclingunternehmen und im weiteren Verlauf sicherzustellen.
Eine abschließende Lebenszyklusanalyse für die neuen Teilbereiche des Cellulosekreislaufs soll die ökologischen Vorteile identifizieren.
Für die Entwicklung der Detektionseinheit für die Alttextilsortierung erfolgte zunächst die NIR-spektroskopische Identifizierung textiler Materialproben unterschiedlicher Faserzusammensetzung im Labormaßstab, welche die Unterscheidung von Polyester, Cellulose als Baumwolle und Cellulose als Celluloseregenerat (z. B. Lyocell) in ausreichender Genauigkeit erlaubt. Unter Verwendung eines Aufbaus mit einer NIR-Hyperspektralkamera (kontaktloses Linien-Scan-Verfahren für Flächen in schneller Bewegung) und Kombination mit KI (Methode der multivariaten Datenanalyse) konnte daraufhin die gewünschte Materialidentifizierung in Echtzeit realisiert und validiert werden (Hochschule Reutlingen).
Diese Technologie wurde in einen mit der Fa. Inwatec ApS (Jensen Group) konzipierten Workflow inkl. innovativer Greifer- und Transporttechnik für die automatisierte Anlieferung, Vereinzelung, Sortierung und kategorisierten Sammlung der Alttextilien implementiert. Der Demonstrator für den automatisierten Textilsortierprozess wurde auf der Messe Texcare International vom 6.-9. November 2024 in Frankfurt a. M. präsentiert.
Für die chemische Qualitätsbewertung der cellulosischen Faseranteile konnten diese in den Materialproben erfolgreich abgetrennt und analysiert werden (Hochschule Niederrhein). Dies erlaubt die Bewertung der möglichen Wiederverwendbarkeit der separierten Cellulosefasern im Spinnprozess beim Recycling. Noch vorhandene Avivagen können sich hier störend auswirken.
Hinsichtlich der Transportlogistik wurden grundlegende Daten erhoben und evaluiert, welche Vor- und Nachteile sich beim Einsatz einer Ballenpresse bzw. mithilfe verschiedener Transportboxen als Lagersystem für die Textilfraktionen ergeben (Dibella GmbH), ergänzt durch die ökologische Bilanzierung (CO2-Fußabdrücke) der gewählten Transportlogistikoptionen mit Identifikation des ökologischen Benefits (ifeu gGmbH).
Für die Verfolgung der Textilwarenströme wurde die digitale Plattform CIBUTEXCHANGE erstellt und in Betrieb genommen, welche die zu recycelnden Waren in einer Datenbank erfasst und eine nahtlose Integration von RFID-Technologie und automatisierten TCs ermöglicht. Zur Abbildung der Lieferkettentransparenz, ökologischen Impactberechnung und Erstellung eines digitalen Produktpasses wurden speziell für Textilien geeignete Softwaretools identifiziert (Respect-Code, bAwear bzw. Cirmar), die sich kombiniert in die übergeordnete Anlaufplattform einbetten lassen (Dibella GmbH).
In diesem Vorhaben konnten erfolgreich die Komponenten eines industriell umsetzbaren Detektier- und Sortiersystems für die in der Textilservicebranche für Flachwäsche relevanten Alttextilien aus verschiedenen Mischungsanteilen Cellulose und Polyester ausgearbeitet und entwickelt werden. Bei der KI-gestützten NIR-Detektioneinheit sind die Korrelationen zwischen den tatsächlichen und vorhergesagten Materialanteilen ausreichend hoch und die Fehlergrenzen mit < 10% akzeptabel, um die angestrebte Textilkategorisierung nach Materialzusammensetzung vornehmen zu können.
Der Demonstrator als Textilvereinzelungs- und Sortieranlage mit integrierter und optimierter Kamera- und Beleuchtungseinheit beweist die Skalier- bzw. Einsatzmöglichkeit in industrieller Umgebung bei den dort vorherrschenden Transportgeschwindigkeiten. Validierungsläufe bestätigen die Robustheit und Zuverlässigkeit der entwickelten KI-Vorhersagemodelle (nahezu 100%) für eine erfolgreiche Textilkategorisierung.
Bei der begleitenden chemischen Qualitätsbewertung für die Proben mit Baumwoll- und Lyocellanteilen wurden über 100 Waschzyklen hinweg durchschnittlich ausreichend hohe Durchschnittspolymerisationsgrade (DP > 500) mit nur geringem Kettenabbau ermittelt, so dass diese als Regeneratfaseranteile einem Faser-zu-Faser-Recycling zugeführt werden können.
Für die Umsetzung eines effektiven Recyclingsystems wurden im Austausch mit Textilservicebetrieben Sortierkonzepte erarbeitet, um je nach den Anforderungen und Kapazitäten der Betriebe Kosten und Emissionen zu optimieren.
Hinsichtlich der Transportlogistik ergaben sich klare Vorteile bei Einsatz einer Ballenpresse (signifikante Reduzierung des Transportvolumens sowie von Verpackungsmaterialien) im Vergleich zu Transportboxsystemen und somit ökologische Vorteile mit weniger Emissionen. Dies ergibt sich aus der CO2-Fußabruckanalyse.
Mit der Entwicklung geeigneter TCs (inkl. Softwarelösungen für die Lieferkettentransparenz, ökologische Impactberechnung und den digitalen Produktpass) unter Bereitstellung der digitalen Platt-form CIBUTEXCHANGE zur zentralen Erfassung aller relevanten Produktdaten wurden wichtige Schritte unternommen, um nachhaltige B2B-Textilkreisläufe aufbauen zu können. Der Recyclingprozess kann somit effizient, transparent und konform mit den Anforderungen der Kreislaufwirtschaft erfolgen.
Vorträge:
– E. Rohleder, M. Korger, M. Witteveen, R. Hellmann, M. Rabe, Possibilities and Limitations of Polycotton Recycling, 37th International Cotton Conference, Bremen, 22. März 2024.
– C. Ridder, R. Hellmann, J. Lamme, Kreislauffähigkeit durch Kooperationen am Praxisbeispiel, DTV-Forum: Textilrecycling – Alttextiliensortierung im Fokus, Recycling Atelier Augsburg, Augsburg, 16. Mai 2024.
– E. Rohleder, M. Korger, B. Boldrini, K. Nebel, M. Witteveen, R. Hellmann, M. Rabe, Analysis of polycotton for recyclability, 63rd Dornbirn Global Fiber Congress (GFC), Dornbirn (Österreich), 12. September 2024.
Die Dibella GmbH hält über die erstellte Projektwebseite die Interessenten des Textilservice-Marktes und der Textilrecyclingbranche informiert. Aktuelle Informationen und Aktivitäten hinsichtlich Anstrengungen zum Aufbau einer zirkulären Textilwirtschaft werden laufend auf den LinkedIn-Kanälen von CIBUTEX und Dibella bereit gestellt.
Ausstellerpräsenz auf Messen verschiedener Branchen, z. B.
– Circular Textile Days in 's-Hertogenbosch (NL)
– medlogistica – Internationaler Kongress und Fachmesse für Logistik und Prozessmanagement im Krankenhaus in Leipzig
– Texcare International in Frankfurt (Weltleitmesse für Textilpflege)
Im erfolgreich abgeschlossenen Projekt wurden industriefertige Lösungen für das Recycling von Textilien zur Überführung in kreislaufwirtschaftliche Geschäftsstrukturen geliefert. Dies reicht von der Entwicklung eines automatisierten und robotergestützten Detektier- und Sortiersystems für Alttextilien (mit Einsatz KI-gestützter NIR-Detektionstechnik) zur Realisierung einer tatsächlichen Kreislaufführung im Sinne eines Faser-zu-Faser-Recyclings bis hin zur Erarbeitung einer aus ökonomischer sowie ökologischer Sicht effizienten Transportlogistik zwischen den Textilservice- und Recyclingunternehmen (digitale Anlaufplattform & Softwaretools für Lieferkettentransparenz, ökologische Impactberechnung und Produktpasserstellung).
Einige wichtige Anregungen für eine weitreichende Realisierung der entwickelten Textilkreislauf-Lösungen seien wie folgt gegeben:
– Um den Markt für Textilrecycling zu stabilisieren, sind politische Maßnahmen wie die erweiterte Herstellerverantwortung (übersetzt für „Extended Producer Responsibility“, kurz EPR) unerlässlich. Durch staatliche Anreize (wie etwa die Förderung nachhaltig produzierter Textilien mit einer EPR für Textilien) können Unternehmen zum Textilrecycling animiert werden.
– Die Förderung von chemischen Recyclingverfahren ist entscheidend, um große Mengen an Alttextilien hochwertig wieder zu verwerten.
– Es ist wichtig, neue Absatzmärkte für recycelte Fasern zu erschließen und die Akzeptanz von Recyclingtextilien bei Verbrauchern zu erhöhen.