Ziel des Forschungsvorhabens ist die kreislauffähige Materialentwicklung von robusten PES-Laminaten und PES-Klebern für den funktionellen Einsatz (Schuhen und Arbeitsschutz) sowie potentiell weiteren Materialklassen, basierend auf dem Design2Recycle-Ansatz. Die bisher notwendigen Materialkompositionen der Verbundstoffe sollen zu Monomaterialien weiterentwickelt werden, wodurch die Rückführung in ein hochwertiges Textilrecycling ermöglicht wird.
Der Fokus des Forschungsprojekts liegt in der Entwicklung langlebigerer Fasern sowie der Reduktion von Materialmischungen in Membrantextilien und wird somit stark zur Abfallreduktion, Verringerung des Mikrofaseraustrags und Bereitstellung von hochwertig recycelbaren Materialien (Feedstock) für die textile Recyclinginfrastruktur beitragen. Aufgrund der Skalierbarkeit für zahlreiche Produktgruppen in der Schuh- und Bekleidungsindustrie werden die Projektergebnisse einen großen Hebel auf dem Weg hin zu einer Kreislaufwirtschaft in der Schuh- und Bekleidungsindustrie darstellen.
Die federführenden Projektpartner sind das Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung (FTB) der Hochschule Niederrhein sowie die Sympatex Technologies GmbH. Zugleich wirken die assoziierten Partner Mattes & Amann sowie Köba-Sewifa unterstützend mit.
Anlass für das Projekt ist, dass der textile Sektor den viert größten Verbrauch an Primärrohstoffen innerhalb der EU aufweist. 2020 wurden weltweit ca. 108,3 Millionen Tonnen (mt) Fasern produziert. Davon waren 80,9 mt Chemiefasern, mit einem Anteil von über 60 % Polyester (PES). Das jährliche Aufkommen von Alttextilien beträgt in Deutschland rund 1,3 mt bzw. 15 kg/Person, wovon im Jahr 2018 nur 12 % recycelt wurden. Der Recyclingrohstoffanteil für die Fasererzeugung lag 2020 bei 8,1 %. Davon stammen lediglich 0,5 % aus dem Faser-zu-Faser-Recycling (f2f-Recycling). Die globale Perspektive auf den Umgang mit Alttextilien ist noch problematischer: dabei beträgt das f2f-Recycling insgesamt weniger als 1%. Doch gerade das f2f-Recycling bietet Potenzial für eine Nachfragedeckung mit gleichzeitiger Abfallreduktion.
Das werterhaltende Recycling für einfache Bekleidungsstücke ist bereits technisch machbar und muss derzeit infrastrukturell umgesetzt werden. Das Recycling von Funktionstextilien (Schuhe, Arbeitsschutz) steht dagegen noch weit am Anfang der Entwicklung. Geschätzt werden etwa 23 Milliarden Schuhe jährlich hergestellt, wovon 95 % auf Mülldeponien oder in Verbrennungsanlagen enden. Gerade bei Schuhen besteht die große Herausforderung des Recyclings in der Trennung einer beträchtlichen Materialmixtur sowie einer unklaren Gesetzeslage des KrWG im Rahmen des CIrcular Economy Action Plan (CEAP).
Dennoch schreiten viele Unternehmen bereits jetzt voran und erstellen Schuhrecyclingkonzepte, so auch Sympatex. Zusätzlich strebt das Unternehmen an, eigene Produkte, die als wasserdichte und gleichzeitig wasserdampfdurchlässige Baukomponenten (sog. Booties) in Schuhe eingearbeitet werden, recyclingfähig zu gestalten. Die atmungsaktive und wasserdichte PES-Membran, das Kernprodukt der Firma STX, wird mit weiteren textilen Strukturen zu sogenannten Laminaten verklebt. Im Vergleich zu andern Membrankunststoffen bietet das Material einer Membran aus PES den Vorteil, dass der Großteil der weltweit eingesetzten Chemiefasern für die textile Laminatkomponente aus demselben Material besteht. Durch den Einsatz einer PES-Membran kann eine Monomaterialität im Verbund erreicht werden, die ein technisch und ökonomisch umsetz- und skalierbares, werterhaltendes Recycling ermöglichen kann.
Während für mechanisch weniger beanspruchte Bekleidungslaminate ein Verbund aus PES-Membran und PES-Textil schon Stand der Technik ist, werden in Schuhlaminaten sehr dünne, mechanisch sehr beständige Polyamid-Gewirke sowie im Arbeitsschutzbereich mechanisch sehr beständige Gewebe verwendet, die mittels Polyurethan-Kleber mit der Membran verbunden werden. Die sortenreine Trennung des heterogenen Laminates wird damit zu einer Hürde für eine hochwertige Recyclingfähigkeit.
Die 2021 veröffentlichen Leitlinien der Bundesregierung zur Nachhaltigen Öffentlichen Beschaffung präferieren recyclingfähige Produkte; ebenso das KrWG. Ziel des vorliegenden Vorhabens ist es deshalb, leistungsfähige Monomateriallaminate zu entwickeln, die hohe technische Anforderungen zur Scheuerbeständigkeit erreichen und dennoch recyclingfähig sind. Dazu müssen einerseits neuartige textile Strukturen entwickelt und Substitute für PU-basierte Haftvermittler evaluiert werden. Für mindestens zwei in Deutschland sehr relevante Produktbereiche werden auf diese Weise neue Wege des Recyclings eröffnet, der Transfer auf das Recycling anderer polyesterbasierter Verbundwerkstoffe mit aktuell dominanten PU-basierten Haftermittlern wird geschaffen.
Zunächst werden die Basismaterialien und Anforderungen für die Zielprodukte unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der Technik ausgewählt. Im nächsten Schritt wird die Entwicklung von PES-Gewirken seitens des FTB vorangetrieben.
Die Skalierung auf Industriemaßstab wird mit dem assoziierten Partner Mattes & Ammann untersucht. STX wird in Ergänzung mittels Materialprüfungen neue technische Messgrößen entwickeln, um die Übertragung von mechanisch hoch belastbaren PA-Gewirken auf weniger belastbare PES-Gewirke zu erreichen. So kann ein neues Optimum als Kompromiss aus Flächengewicht und Abriebbeständigkeit entstehen. Hierbei wird noch auf konventionelle Haftvermittler gesetzt. Die Erkenntnisse werden zudem auf die Nutzbarkeit in Laminaten für den Arbeitsschutz und lightweight-Materialien übertragen.
In einem separaten Arbeitspaket werden zusammen mit Klebstoffherstellern PET-Hotmelts für die neue Aufgabe optimiert. Erst durch die Materialgleichheit besteht die Chance, die sonst üblichen Polyurethane zu substituieren. Prototypen werden dabei am FTB entwickelt. Die Optimierung des Laminatklebers wird zusammen mit dem assoziierten Partner KÖBA-Sewifa vorgenommen.
Das FTB untersucht zudem die Recyclingfähigkeit des erzeugten Laminates im Labormaßstab. Final können dann alle bisherigen Ergebnisse in der Herstellung eines Demonstrators als Schuh-Bootie kombiniert werden. Auch dieser Bootie wird dann innerhalb von Materialprüfungen untersucht, wie auch die potenziell weiterentwickelten Arbeitsschutzlaminate.
Über die gesamte Projektlaufzeit findet eine Dokumentation der Ergebnisse statt. Ebenfalls ist eine Veröffentlichung der innerhalb des Projektes erzielten Forschungsergebnisse geplant. Besonders relevant bei der Dokumentation der Ergebnisse ist die Darstellung des ökologischen Vorteils im Vergleich zur technischen und ökonomischen Machbarkeit, der sich durch die neuen Gewirke, Gewebe und Klebstoffe für den Laminats- und den Schuhsektor ergibt.