Projekt 38246/01

Cleanup-Sneaker

Projektdurchführung

Bavaria Ventures UG (haftungsbeschränkt) c/o MONACO DUCKS
Gollierstr. 70
80339 München

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In Afrika landen viele der 380 Millionen Paar Schuhe, die in Deutschland jedes Jahr entsorgt werden. Ca. die Hälfte der Alt-Sneaker, die in Afrika landen, werden direkt als Müll aussortiert. Die andere Hälfte wird zwar noch eine Weile getragen, landet schließlich aber auch in der Umwelt, denn vor Ort gibt es keine fachgerechte Entsorgung von Sneakern.
Am Ende einer textilen Verwertungskette, die der linearen Logik von Fast Fashion folgt, steht also ein enormes Müll- und damit Umweltproblem in Afrika. Für dieses Problem übernimmt derzeit niemand Verantwortung. Konzepte, dieses Problem konstruktiv anzugehen, liegen bisher weder auf politischer noch auf unternehmerischer Ebene vor.

Die Wirkung des Projektes ergibt sich entlang von drei Zieldimensionen.

1 Ökologische Wirkung: Müllreduktion & Recycling

Es soll bei der Herstellung des Cleanup-Sneakers ein sehr hoher Anteil von (nicht mehr nutzbaren) Schuhen aus Kenia verarbeitet werden. Diese Schuhe, die wir dafür in Kenia einsammeln, liegen bereits in der Umwelt oder stehen kurz davor, in der Umwelt zu landen. Wir entziehen der Umwelt also aktiv Belastungen, die faktisch vorliegen oder kurzfristig dazu werden würden. Aus den gesammelten Schuhen soll im nächsten Verarbeitungsschritt eine neue Sohle hergestellt werden.

2 Soziale Wirkung: Arbeitsplätze & Entsorgungsstrukturen

Die Aufgabe der Sammlung übernehmen unsere Partner von ACT aus Kenia. Sie kennen die Orte, wie bspw. Märkte, in denen die „Leftovers“ oder „Unsellables“ häufig am Ende einfach in der Umwelt entsorgt werden.
Uns ist wichtig, dass wir in diesem Prozess besonders die Menschen und die Wirtschaft in Kenia miteinbeziehen, da diese im aktuellen linearen Prozess die Leidtragenden sind.
Unser Zwischenziel ist es, durch das Sammeln, Aufbereiten und Zerkleinern der alten Schuhe in Kenia Arbeitsplätze zu schaffen und den Aufbau von Cleanup-, Recycling-/Entsorgungsstrukturen vor Ort zu unterstützen. Davon würde auch die Umwelt (bspw. Luft- und Wasserqualitäten) langfristig profitieren (vgl. Punkt 1: ökologische Wirkung).

3 Gesellschaftliche Wirkung: Bildung & Aufklärung:

Das Gesamtprojekt „Cleanup-Sneaker“ hat einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsbildung geleistet. Deshalb haben Journalist:innen einen Teil der Entwicklung des Recycling-Sneakers von Anfang an begleitet.
Ziel war es, in einer Art journalistischem Selbstversuch transparent und mitreißend über die Suche nach konkreten Lösungen zu berichten – und so den ersten, investigativen Teil der Sneakerjagd im Sinne des Konstruktiven Journalismus fortzusetzen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFolgende acht Themenbereiche wurden im Projektverlauf bearbeitet:

Baustein 1: Technische Analyse & Bewertung des Recyclats „African Grind“
Es wurden mit dem Prüfinstitut DEKRA verschiedene Analysen und Tests gemacht – insbesondere um Grind und die Sohle hinsichtlich der chemischen Verordnung REACH zu prüfen.
Auf Basis der Ergebnisse konnten Anpassungen an der Grind-Zusammensetzung vorgenommen werden, die nun in weiteren Iterationen der Tests dazu führen, dass alle Stichproben als unproblematisch bewertet sind.

Baustein 2: Marktforschung
Durch die Hochschule Reutlingen wird derzeit ein Marktforschungsseminar mit Studierenden durchgeführt, in welchem in Fokusgruppen die Themenstellungen Pfandsysteme sowie Empfehlungsmarketing im Rahmen des GRND-Projektes und dem Kaufverhalten bzgl. des Marabu-Sneakers untersucht werden. Eine ausführlichere Recherche zu den beiden Themen ist durch Studierende im Rahmen von zwei Bachelorarbeiten erfolgt. Die Durchführung qualitativer Interviews mit potenziellen Kunden, um mehr über die Kundenbedürfnisse und Wünsche im Bereich Transparenz zu erfahren, dauert derzeit an. Ebenso wird es ein Expert:inneninterview mit Cyclon (On Running) geben über Produktzyklen, Organisation von Recycling, Kundenakzeptanz von Abonnements als neue Vertriebsform.

Baustein 3: Konzeption & Prototyping
Mit unserem Partner ACT wurden Sohlen in Aufstellboxen in Nairobi gesammelt, bevor diese in der Umwelt landen. Es wurden die Oberschuhe von den Sohlen getrennt und zum weiteren Prototyping verschickt. Erste Versuche, direkt Grind in Kenia herzustellen, haben stattgefunden. Aufgrund technischer Schwierigkeiten haben wir uns aber dafür entschieden, das Granulieren im Projektverlauf bei dem Sohlenhersteller selbst durchführen zu lassen.
Im Prototyping der Sohle wurden verschiedene Sohlenformen getestet und schließlich eine Schalensohle gewählt, da hier der Anteil an Grind am höchsten sein konnte, ohne die Funktion und Langlebigkeit negativ zu beeinflussen. Um den Abrieb von Grind durch Ablaufen zu verhindern, wurde eine separate 2 mm dicke Sohlenplatte ohne Recyclat auf die Sohle aufgebracht. Für den Oberschuh wurde der Fokus auf recycelte, synthetische Materialien gelegt, welche sich gut mit der stabilen Schalensohle verarbeiten lassen konnten und gleichzeitig am Ende des Lebenszyklus besser recycelt werden können. Die Reparaturfähigkeit der einzelnen Komponenten (z. B. verstärkte Fersenkappe) wurde sichergestellt. Die Verwendung eines textilen Etiketts mit QR-Code zur Rücksendung der Sneaker war ein elementarer Bestandteil der Materialauswahl für den gesamten Oberschuh.

Baustein 4: Markttest durch Crowdfunding
In einem aufwendig vorbereiteten Crowdfunding, das zum Markttest eingesetzt wurde, konnten wir insgesamt 688 Paare des Marabu-Sneakers herstellen und haben darüber hinaus eine gute Presse- und Aufklärungsarbeit leisten können (s. Baustein 8).

Baustein 5: Umsetzungsphase Sneakerbau
Die Formenentwicklung für die Schalensohlen mit einem Größenlauf von Gr. 37 – 46 (10 Formen) für die Vulkanisation der Gummimischung inkl. Grind wurde abgenommen. Die Produktionsleisten mit passenden Größensprüngen wurden getestet, für die Produktion angepasst und bereits abgenommen. In einer Vorproduktion für die Serienproduktion wurden die finalen Produktionsabläufe, Materialeigenschaften in der Verarbeitung und finale Belastungstests durchgeführt und abgenommen. Der Import der Recyclingsohlen aus Kenia für die Serienproduktion wurde unter Betrachtung von Zoll- und Einfuhrbestimmungen geprüft. Die finale Serienproduktion ist damit ordentlich vorbereitet und wird derzeit in Portugal durchgeführt mit einem avisierten Liefertermin am 17. März 2023.

Baustein 6: End-of-Life-Handling
Wesentlicher Baustein des Produktkonzeptes ist die Rückführung der getragenen Sneaker, um eine sachgerechte Weiterverarbeitung sicherzustellen. Um eine möglichst hohe Rücklaufquote zu erzielen, wurde ein Pfand von 10 € pro Artikel eingeführt, der nach Rückgabe gutgeschrieben oder für einen weiteren Kauf angerechnet wird. Die Rückgabe selbst wird vereinfacht durch ein gedrucktes QR-Etikett auf der Schuhzunge, sodass der Kunde durch Scannen mit der Handykamera möglichst intuitiv durch den Rückgabeprozess geleitet wird.

Baustein 7: Nachhaltigkeitsbewertung
Das Projektteam konnte mit Hilfe des ifeu-Insituts im ersten Schritt feststellen, dass der CO2-Fußabdruck des Marabu-Sneakers besser ausfällt, als bei einem herkömmlichen Sneaker. Das war Grundbedingung für den Markttest. Im nächsten Schritt wurde eine umfängliche Lebenszyklusanalyse (LCA) abgestimmt. Im Zuge dessen wurden viele Daten erhoben und in einem wissenschaftlichen Modell die Wirkungen auf diverse Fußabdrücke (i. S. der Nachhaltigkeit) bestimmt. Die Ergebnisse liegen final im Januar vor.

Baustein 8: Aufklärung & Education
Es gab eine Vielzahl von begleitender journalistischer Berichterstattung über das Projekt und die dahinterliegenden Probleme in der linearen Sneaker- und Fashionbranche. Da es weit mehr als 20 Berichte gab, hier eine kleine Auswahl:
1) FAZ: Münchner Label will Sneaker aus Müll herstellen (faz.net)
2) Utopia: Nach „Sneaker-Jagd“-Recherche: Startup will Schuhe aus Müll herstellen (utopia.de)
3) Stuttgarter Zeitung: Experiment gegen Fast Fashion: Die neuen Sneakers grüßen von der Müllkippe - Wissen - Stuttgarter Zeitung (stuttgarter-zeitung.de)
4) Startbase: Medien-Start-up will Sneaker produzieren | Startbase UND
https://www.startbase.de/interviews/weniges-hat-auf-anhieb-geklappt/
5) Fashion United: Crowdfunding für Recycling-Sneaker: Monaco Ducks und Flip für Kenia (fashionunited.de)


Ergebnisse und Diskussion

Zur ökologischen und sozialen Wirkung: Noch ist der „Impact“, den das Projekt vor Ort erreichen konnte, überschaubar. Das Proof-of-Concept-Produkt, der Marabu-Sneaker, ist in Produktion und mit ca. 750 produzierten Schuhen ist das Ziel noch nicht erreicht. Es wird davon ausgegangen, dass die Nachfrage der Schuhe durch weitere Werbemaßnahmen und ein skalierbares Geschäftsmodell steigen wird. Damit wäre es dann auch möglich, noch mehr Alttextilien zu recyceln und vor Ort Arbeitsplätze zu schaffen.

Zur gesellschaftlichen Wirkung: Das Projekt hat viele Menschen in Deutschland und der Welt erreicht. Das Crowdfunding-Projekt hat Unterstützer in Deutschland, der EU und in den USA erreicht. Über die Kanäle des Projektpartners Flip wird auch künftig weiter berichtet werden. Das Thema Aufklärung hat sein Ziel erreicht, endet jedoch nicht hier.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt hat große Wellen geschlagen und eine große Anzahl an Menschen in Deutschland und darüber hinaus erreicht (siehe Baustein 8).
Die Website www.grnd.shoes ist nun online und dient der Präsentation des Vorhabens.
Im März haben TV-Auftritte bei Linda Zervakis und eine Dokumentation bei Galileo erneut starke Aufmerksamkeit auf das Projekt gelenkt.


Fazit

Insgesamt ist das gesamte Projekt-Team äußerst zufrieden mit dem Projekt. Die Zusammenarbeit mit allen Projektpartnern und der DBU lief effizient und harmonisch ab. Die Crowdfunding Kampagne verlief sehr erfolgreich und auch Dank der hervorragenden Aufklärungsarbeit und starken Verbreitung durch die Medien erfährt das Projekt große Aufmerksamkeit. Neben Presseberichten und TV-Auftritten diente das Projekt auch dazu in der Industrie zu motivieren. Das Team wurde auf zahlreiche Kongresse als Speaker eingeladen und erfreute sich äußerst positiven Feedbacks. Die Skalierbarkeit des Projekts stellt sich aufgrund der aktuellen schweren Marktlage komplex dar. Dennoch ist das Team stolz auf die bisherigen Ergebnisse und plant bereits weitere Schritte.

Übersicht

Fördersumme

123.526,00 €

Förderzeitraum

08.08.2022 - 31.07.2023

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik