Projekt 38207/01

Entwicklung eines Kalibrierverfahrens zur Ermittlung von Ammoniakemissionen nach Ausbringung mineralischer Düngemittel unter Praxisbedingungen (NH3-KV)

Projektdurchführung

Hochschule Osnabrück Vizepräsident für Forschung, Transfer und Nachwuchsförderung
Albrechtstr. 30
49076 Osnabrück

Zielsetzung

Der anthropogene Eingriff in den globalen Stickstoffhaushalt übertrifft in seinen Umweltwirkungen selbst die weltweiten, durch menschliche Aktivitäten ausgelösten Klimaveränderungen. Die Belastbarkeitsgrenzen der Erde mit Stickstoff vor allem in China, Nordindien, dem Nordosten der USA und Nordwest-Europa, einschließlich Deutschland, sind weit überschritten. Entscheidende Ursache für die durch die Landwirtschaft bedingte Stickstoffbelastung der Umwelt ist sowohl die Intensivtierhaltung und die damit verbundene häufig nicht optimale Verwendung der im Wirtschaftsdünger enthaltenen Nährstoffe als auch die nicht bedarfsorientierte Anwendung von mineralischen Düngemitteln.
Die Ausbringung von stickstoffhaltigen Düngemitteln (sowohl Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft als auch Mineraldünger) ist eine der Hauptquellen für die nationalen und weltweiten Ammoniak-Emissionen. Bewertungen des Thinktanks Agora Agrar (Berlin) ergeben, dass es bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung ein hohes Potenzial zur Einsparung von Treibhausgasen gibt und dabei ein Fokus auf die effiziente Nutzung von N-haltigen Mineraldüngern gelegt werden sollte. Die Rolle der Mineraldünger ist nach wie vor umstritten, weil davon auszugehen ist, dass die internationalen Vorschriften zur Berechnung der Emissionen zu einer Überschätzung der Mineraldüngeremissionen führen. Eine solche Überschätzung führt dazu, dass N-haltiger Mineraldünger als wesentlich den Ertrag bestimmender Produktionsfaktor häufig in zu großer Menge eingesetzt wird, d.h. durch einen Sicherheitszuschlag soll gewährleistet werden, dass das Ertragspotential des Standortes auch ausgenutzt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass je genauer die Düngungsplanung vorgenommen werden muss und je weniger Emissionen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben toleriert werden, desto wichtiger dann die genaue Kenntnis der zu erwartenden Ammoniakverluste ist. Allein deshalb ist es zwingend notwendig, möglichst einfache, kostengünstige und vor allem genau arbeitende Messverfahren zur Verfügung zu haben, um repräsentative Daten für eine Vielzahl von Regionen, Kulturen und Anbauspezifika zu erhalten. Aus diesen müssen dann robuste Emissionsfaktoren abgeleitet werden.
Ziel des Vorhabens ist die Überprüfung der „Richtigkeit“ der sogenannten „Integrated Horizontal Flux“-Methode (IHF-Methode) zur Erfassung von Ammoniakemissionen unter verschiedensten praxisnahen Bedingungen um dieses Verfahren als Referenzmethode zu etablieren. Die IHF-Methode gilt gemeinhin als die physikalisch korrekteste Methode zur Erfassung der Ammoniakemissionen im Feld. Sie wird auf sogenannten „Makroplots“ eingesetzt und hat den Vorteil, dass mit betriebsüblicher Ausbringtechnik unter Praxisbedingungen gearbeitet werden kann. Mit der IHF-Methode können die Ergebnisse anderer Messverfahren validiert und vergleichbare, sowie belastbare Ammoniak-Emissionsdaten für Deutschland erhoben werden.
Das Projekt zielt sowohl auf signifikante Senkung der Ammoniak-Emissionen als auch auf eine Verbesserung der nachhaltigen Nutzung der in organischen und mineralischen Düngemitteln enthaltenen Stickstoffverbindungen ab. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass durch die Arbeiten im Rahmen des Projekts die Ammoniakverluste nach Düngereinsatz deutlich besser eingeschätzt werden können, die N-Nutzungseffizienz dadurch verbessert wird und somit der Einsatz von Dünger-N deutlich reduziert werden kann. Dies gilt sowohl für die nationale als auch für die internationale Ebene. Entscheidend ist dabei, dass die im beantragten Projekt überprüfte Methode nachweislich zu quantitativ richtigen Ammoniak-Emissionswerten führt. Die so validierte Methode kann dann in anderen praxisnahen Feldversuchen zur Cross-Validierung eingesetzt werden, um so eine Verifizierung der Emissionsdaten zu gewährleisten. Weiterhin wird durch das Vorhaben die internationale Zusammenarbeit mit Ammoniakemissionsexperten induziert, die zu länderübergreifenden Methodenkongruenztests führt.

Arbeitsschritte

Im Rahmen des Vorhabens sollen weitergehende Untersuchungen zur Richtigkeit der IHF-Methode erfolgen. Dazu werden Feldversuche durchgeführt, bei denen ein besonderer Fokus auf unterschiedliche Witterungsbedingungen gelegt werden (u.a. kühlere Temperaturen, Schwachwindsituationen). Überprüfungen der methodischen Richtigkeit der IHF-Methode unter solchen Umweltbedingungen sind bisher kaum durchgeführt worden. Sollte sich herausstellen, dass auch unter diesen Bedingungen die Richtigkeit der IHF-Methode bestätigt wird, kann diese begründet als Referenz für alle anderen Messmethoden für Ammoniakemissionen im Feld dienen. Durch gleichzeitig durchzuführende Vergleichsmessungen mit anderen Methoden (u.a. sogenannte „Passivsampler“ bzw. „Alpha-Sampler“), die beispielsweise für Messungen in Kleinparzellenversuchen mit verschiedenen Düngervarianten geeignet sind, können wissenschaftlich korrekte Aussagen über die tatsächliche Höhe der Ammoniakemissionen abgeleitet werden. Eine retrospektive Beurteilung der Belastbarkeit und Richtigkeit von Messdaten aus Kleinparzellenversuchen der letzten Jahre erhoben mit „Passivsamplern“ oder „Alpha-Samplern“ wird somit ermöglicht.
Um die Ziele des Projektes zu erreichen, sollen zunächst die neuesten Publikationen aus Wissenschaft und Forschung ausgewertet werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand liegen nur wenige Publikationen zum methodischen Vergleichen und zur Prüfung der Richtigkeit von Ammoniak-Emissionsmessungen vor. Neuere, erst kürzlich veröffentlichte methodische Untersuchungen zur Erfassung der Ammoniakemissionen sind zu identifizieren und im Hinblick auf das geplante Arbeitsprogramm zu bewerten. Gleichzeitig werden Kongruenztests zur Überprüfung der Messtechnik durchgeführt, um die tatsächlichen Luftdurchflussraten zu überprüfen. So wird technisch sichergestellt, dass nicht andere als die Prüfbedingungen die ermittelte Emissionshöhe beeinflussen.
Anschließend werden Feldversuche zur Überprüfung der methodischen Richtigkeit der IHF-Methode umgesetzt. Dabei sind erstmals gezielte Feldexperimente bei unterschiedlichen Temperaturszenarien vorgesehen, die als typisch für die Witterungsbedingungen zur Ausbringung mineralischer bzw. organischer Düngemittel einzustufen sind (5 – 10 °C [= Situation 1. N-Applikation zu Vegetationsbeginn] bzw. 10 – 15 °C [= Situation 2. N-Applikation beispielsweise zum Schossen bei Getreide]) bzw. 15 – 20 °C [= Situation 3. N-Applikation beispielsweise zum Ährenschieben bei Getreide]).
Weiterhin stehen sowohl Überprüfungen der IHF-Methode bei niedrigen Windgeschwindigkeiten als auch in unterschiedlich hohen Pflanzenbeständen an. Der methodische Ansatz beim Einsatz der IHF-Technik geht von einem stabilen, laminaren Windfeld aus, so dass der vertikale und horizontale Stofftransport konvektiv erfolgt. Bei Schwachwindsituationen treten aber zunehmend diffusive Stoffbewegungen auf. Mit den durchzuführenden Versuchen sollen erstmalig die Grenzen der IHF-Methodik bei Schwachwindbedingungen identifiziert werden. Außerdem ist davon auszugehen, dass wachsende Pflanzenbestände das für die IHF-Methode unterstellte „ideale Windprofil“ verändern. Auch hier ist die Zielsetzung des experimentellen Ansatzes klar fokussiert auf praxisnahe Versuchsszenarien, da beispielsweise bei Getreide ca. 60 % der applizierten N-Düngermenge in „höhere“ Pflanzenbestände ausgebracht werden.
Für diese Feldversuche wird jeweils ein sehr aufwendiges Versuchsdesign eingesetzt. In einer Kreisfläche mit 20 m Radius wird im Zentrum ein IHF-Mast aufgestellt (5 Windsensoren zur Erfassung der Windrichtung und -geschwindigkeit, Ammonmiak-Säurefallen, Flowmeter, Vakuumpumpe). In der Kreisfläche werden ca. 700 Aluschalen platziert. Zu Beginn der Messung wird in jede Schale 100 ml Ammonium-haltige Lösung eingefüllt. Die Säure¬fallen am IHF-Mast werden anschließend im Stundentakt ausgetauscht. Zum Versuchsende werden die Restflüssigkeiten aus den Aluschalen wieder eingesammelt und im Labor werden darin (ebenso wie in den Waschlösungen aus den Säurefallen) die Ammonium-Konzentrationen analysiert. Die parallel aufgestellten „Passivsampler“ bzw. „Alpha-Sampler“ werden entsprechend beprobt und die Ammoniak haltigen Lösungen im Labor analysiert.
Anschließend werden die mikrometeorologischen Daten und die Labordaten in ein Excel-basiertes Datensystem eingelesen und die Ammoniakflüsse mit einem vom Auftragnehmer DöhlerAgrar entwickelten Auswertungsalgorithmus berechnet. Auf Grundlage der Daten erfolgt ein Vergleich zwischen der aus den Aluschalen emittierten und der in den Ammoniak-Säurefallen gemessenen N-Menge.

Übersicht

Fördersumme

124.640,00 €

Förderzeitraum

15.01.2023 - 15.06.2024

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter