Das Projekt „WandelWerkstatt“ richtet sich an zukünftige Arbeitnehmer*innen, die in Jugendwerkstätten auf das Berufsleben vorbereitet werden und verknüpft berufliche Bildung mit Methoden und Ansätzen der politischen Bildung, um ihnen Wissen hinsichtlich nachhaltigen Wirtschaftens zu vermitteln und sie als Akteur*innen des Wandels zu stärken. Junge Menschen in prekären Lebensrealitäten erfahren in Jugendwerkstätten Unterstützung bei der Arbeitsmarktintegration. Die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz und die damit einhergehenden gesellschaftspolitischen Fragestellungen sind dabei bislang jedoch marginalisiert. Gleichzeitig spielen zukünftiger Handwerker*innen eine zentrale Rolle für nachhaltiges Handeln und Wirtschaften und müssen dafür sensibilisiert werden.
In Jugendwerkstätten braucht es innovative Bildungsformate für die berufliche Bildung, die Lernhemmnisse und fehlende Motivation von Jugendlichen berücksichtigen und dabei Ansätze politischer Bildung und BBNE einbinden. Insbesondere Handlungen spielen laut der Kultusministerkonferenz eine bedeutende Rolle, da diese Erfahrungen der Lernenden aufgreifen und sie in Bezug setzen zu gesellschaftlichen Auswirkungen. Es gilt, bestehende methodische Zugänge für die Zielgruppe der Jugendwerkstätten zusammenzuführen. Weiterhin braucht es gute Beispiele handwerklichen Handelns, die Jugendliche inspirieren, ermutigen und sie motivieren wieder aktiv ihren Alltag zu gestalten. Ein niederschwelliger Austausch mit Entscheider*innen nachhaltig aufgestellter Unternehmen und Initiativen fehlt bisher, so dass ein positives Storytelling ausbleibt. Schließlich wollen wir die Fachkräfte und Pädagog*innen in den Jugendwerkstätten sensibilisieren, mit dem Ziel, dass sie über Wissen unteranderem zu nachhaltiger Produktion verfügen und innovative Methoden zur Vermittlung einsetzen.
Das Projekt setzt beim Nachhaltigkeitsbewusstsein junger Erwachsener in Jugendwerkstätten mit den Schwerpunkten Holzverarbeitung, Fahrradwerkstatt, Wertstoffverarbeitung, Polytechnik und Ernährung an. Bestehende Ansätze der BBNE werden berücksichtigt. In ihren zukünftigen Berufsfeldern als z.B. Tischler*innen, Mechaniker*innen, Köch*innen, in Holzverarbeitenden Betrieben, Kfz-Werkstätten oder der Gastronomie können sie (Handwerks)betriebe und ihre Abläufe mitgestalten, für regionale Holzarten mitentscheiden, recycelte Materialien einsetzen, saisonale und regionale Lebensmittel verarbeiten und Verschwendung entgegenwirken. Das Handwerk mit seinen Betrieben, Arbeitnehmenden und Aus-zubildenden ist entscheidend - insbesondere bei der Erreichung der SDGs 2, 8 und 12. Andererseits wird das SDG „Hochwertige Bildung“ im Bereich der BBNE adressiert. Im Sinne des Whole Institution Approachs schärfen die Jugendwerkstätten ihr Profil durch das Projekt selbst als Orte nachhaltiger Aus- und Weiterbildung.
Auf didaktischer Ebene verknüpft das Projekt berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) mit niederschwelligen Methoden der politischen Bildung, um Jugendlichen Wissen hinsichtlich nachhaltigen Wirtschaftens zu vermitteln und sie als Akteur*innen des Wandels zu stärken. Im Sinne einer nachhaltigen Organisationsentwicklung (Whole Institution Approach) bietet das Projekt Mitarbeitenden beteiligter Einrichtungen einen Auftakt, Nachhaltigkeit in Betrieb und Lehre bedarfsorientiert und passgenau zu verankern. Einen Peer-to-Peer-Ansatz berücksichtigend, werden Jugendliche bei Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen beteiligt.
Ein Projektbeirat aus Wissenschaft, Pädagogik und Fachpraxis setzt Impulse für Projektbausteine, reflektiert angewandte Methoden und trägt Ergebnisse in die Wissenschaft. Der Beirat kommt dreimal jährlich zusammen. Weiterhin wird das Projekt durch die Hochschule Hannover, Bereich Betriebswirtschaftslehre und dem Institut der Didaktik der Demokratie der Leibniz Universität Hannover mit den jeweiligen Studierenden durch Abschlussarbeiten, Hospitationen und Projektarbeiten wissenschaftlich begleitet.
Der Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V. führt das Projekt „WandelWerkstatt - Nachhaltig in den Beruf: Politische Bildung und BBNE in den Bereichen Polytechnik, Holzverarbeitung und Gastronomie in Jugendwerkstätten“ in Kooperation mit der Arbeits- und Sozialberatungs Gesellschaft e.V. (ASG) und LABORA gGmbH in Hannover und Barsinghausen durch.
Ein Durchlauf einer WandelWerkstatt erstreckt sich über insgesamt sechs Monate und umfasst folgende Bausteine:
0: Information
Die Informationsveranstaltung bringt die Teilnehmenden aus der jeweiligen Jugendwerkstatt zusammen. Die Veranstaltung informiert über Ablauf, Inhalte, Akteur*innen und Ziele der kommenden Monate. Ziel ist es, die Teilnehmenden an das Projekt heranzuführen, zu motivieren und ihnen den Bezug zu ihrer aktuellen beruflichen Lebensrealität herzustellen.
I: Wissen
Ein Berufsfeld spezifischer Workshop führt die Teilnehmenden mit niedrigschwelligen und aktivierenden Methoden an das Themenfeld Nachhaltigkeit heran. Hier steht im Vordergrund, komplexe Begriffe greifbar zu machen und Interesse für die praktische Auseinandersetzung zu wecken.
Mit Methoden wie „Simulationsspielen“, dem „CO2-Bilanz-Vergleich“, einem Quiz zum Thema Fahrradmobilität oder einer Methode zum Thema „Wie wird unser Gemüse angebaut?“ werden auch komplexe Themen praktisch und zielgruppengerecht vermittelt.
II: Austausch
Die Jugendlichen kommen in Austausch mit aktiven Peers aus unterschiedlichen Bereichen, z.B. dem Klima-Aktivismus, der Umwelt- und Klimaschutzbewegung und der lokalen Zivilgesellschaft. Im zweiten Durchlauf haben wir an dem Strandrundgang „KONSUMensch“ von JANUN Hannover teilgenommen und kamen danach ins Gespräch.
III: Erleben
Im Rahmen von ganztägigen Exkursionen kommen die Jugendlichen, pädagogischen Fachkräfte und Fachanleiter*innen in Kontakt mit außerschulischen Lernorten, Bauernhöfen oder regionalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsangeboten. Im zweiten Durchlauf haben wir den Bio-Bauernhof den Eschenhof in Springe sowie das Energie- und Umweltzentrum am Deister und das Secondhand-Kaufhaus fairKauf besucht.
IV: Handeln (Praxisprojekt: 8-12 Wochen)
Im Laufe jeden Durchgangs wird von den Teilnehmenden ein Praxisprojekt realisiert, welches an berufliche Fertigkeiten aus einer oder mehreren Bereichen der Jugendwerkstätten anknüpft. Der Projektbaustein zielt darauf ab, dass die Teilnehmenden ihr erworbenes Wissen in praktisches Handeln übersetzen und gemeinsam ein nachhaltiges Werk schaffen.
Abschluss & Transfer
Die zweite Pilotierungsphase wurde jeweils in einer Jugendwerkstatt internen Veranstaltung mit den Teilnehmenden reflektiert. In dieser Abschlussveranstaltung wurden auch die Ergebnisse der Praxisprojekte präsentiert.
In der zweiten Pilotphase des Projektes konnte den Teilnehmenden durch Workshops, Dialoge und Exkursionen Grundwissen zum Thema nachhaltige Produktion, Klima- und Umweltschutz und Kreislaufwirtschaft vermittelt werden. Sie konnten für ressourcenschonendes Handeln in ihrem Berufsfeld und ihrem Alltag sensibilisiert werden. Sie erkannten den Zusammenhang zwischen ihrem Handeln vor Ort und möglichen globalen Folgen. Die Teilnehmenden erarbeiteten mit Pädagog*innen und Fachanleiter*innen, an welchen Stellen Veränderungen im Sinne der Nachhaltigkeit in den Lernorten und den jeweiligen Berufsfeldern umgesetzt werden können. Bei Betriebsbesichtigungen eines Bio-Bauernhofs, eines Energie- und Umweltzentrums und eines Secondhand-Kaufhaus kamen die Teilnehmenden in den Austausch mit Akteur*innen nachhaltig wirtschaftender Betriebe.
In ihren Praxisprojekten haben die Teilnehmenden die erlernten Impulse umgesetzt. So haben die Teilnehmenden werkstattübergreifend ein Hochbeet gebaut. Dabei haben Sie sich intensiv mit dem Thema nachhaltiges Handwerk, ressourcenschonende Beschaffung von Materialien und saisonalem Gemüseanbau beschäftigt. Die Kochwerkstatt bzw. der Hauswirtschaftsbereich hat ein vegan-vegetarisches Mittagessen für die jeweilige Abschlussveranstaltung der 2. Pilotphase zubereitet und sich intensiv mit einer durch tierproduktefreie umweltschonendere Ernährung auseinandergesetzt.
Der auf Grundlage der „Leitlinie für einen nachhaltigen VNB“ entwickelte Workshop zum Thema Nachhaltigkeit in der Jugendwerkstatt (Whole Institution Approach) wurde im zweiten Durchlauf auch mit den Fachanleitungen sowie der Pädagogik der LABORA gGmbH in Barsinghausen durchgeführt. Hier erarbeiteten die Teilnehmenden Maßnahmen, um den Stromverbrauch zu senken. Zudem konnten konkrete Handlungsfelder ausgemacht werden, wie die Beschaffung von Büromaterialien, Reinigungsmitteln und Seife, die von einem nachhaltigen Anbieter bezogen werden sollen und zukünftig bevorzugt in einer nachfüllbaren Variante genutzt werden.
Die bisherigen bundesweiten Online-Vernetzungstreffen zeigen einen Austauschbedarf über das Thema Nachhaltigkeit und politische Bildung und den Wunsch nach best-practice Beispielen von Mitarbeiter*innen der Jugendwerkstätten und Produktionsschulen.
Der Zeitplan konnte bei der Durchführung der zweiten Pilotphase eingehalten werden. Lediglich ein geplanter Termin beim Abfallwirtschaftsunternehmen „aha“ aus der ersten Pilotphase konnte Seites „aha“ nicht nachgeholt werden.
Die interne Abschlussveranstaltung der zweiten Pilotphase bei der ASG wurde von Frau Räber Pressereferentin der Klosterkammer Hannover besucht. Es wird ein Beitrag über das Projekt im Newsletter (Auflage 30.000 Stück; online unter „Newsletter Klosterkammer aktuell“ abrufbar) der Klosterkammer Hannover veröffentlicht.
Die drei Online-Vernetzungsveranstaltungen wurden per online-Flyer, E-Mail-Verteiler, VNB-Newsletter, auf der VNB-Homepage und per Social-Media Beiträgen beworben. Zudem wurde in einem Beitrag über die Vernetzungstreffen im VNB-Newsletter berichtet.
Im Rahmen der Multiplikation wurden außerdem Netzwerke ausgeweitet und Kontakte zu Landesverbänden sowie dem Bundesverband von Jugendwerkstätten und Produktionsschulen geknüpft. Es fanden außerdem Austauschgespräche mit weiteren Werkstätten in Hannover und der Landesarbeitsgemeinschaft der Jugendsozialarbeit in Niedersachsen statt.