Der Grundgedanke der Planetary Health Diet ist es, Ernährungssicherheit und eine gesunde Ernährung für die gesamte Bevölkerung dieser Erde bis zum Jahr 2050 zu ermöglichen, ohne die planetaren Belastungsgrenzen zu überschreiten. Dies bedeutet beispielsweise, dass die Landnutzung nicht weiter ausgeweitet wird, die biologische Vielfalt erhalten bleibt, der Wasserverbrauch für die Landwirtschaft reduziert, die CO2-Emissionen auf Null gesenkt und keine zusätzlichen Emissionen von Methan und Stickoxiden verursacht werden.
Das Konzept der Planetary Health Diet liefert einen globalen Referenzrahmen für eine gesunde und umweltgerechte Ernährung. Dies setzt einen grundlegenden Wandel des globalen Ernährungssystems voraus. Wesentliche Ansatzpunkte dieser Transformation bilden die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln sowie eine gesunde Ernährungsweise („Planetary Health Diet“). Diese besteht größtenteils aus Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen und überwiegend pflanzlichem Eiweiß.
Kommunen sind wichtige Akteure für die Transformation des Ernährungssystems. In dem Projekt erarbeiten wir praxistaugliche Ansätze, mit denen Kommunen und lokale Stakeholder dabei unterstützt werden, den Planetary Health Ansatz in eigene Strategien für eine nachhaltige Transformation lokaler Ernährungssysteme zu integrieren. Die Ziele einer nachhaltigen, gesunden Ernährung können so mit dem Schutz (bzw. der Gesundheit) der (globalen) Umwelt besser verknüpft und in kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien verankert werden.
Folgende Fragen stehen dabei im Zentrum:
1) Inwieweit berücksichtigen die Strategien kommunaler Akteure für eine nachhaltige, gesunde Ernährung bereits den Schutz (bzw. die Gesundheit) der (globalen) Umwelt? Welche Ziele der Planetary Health Diet werden dabei bereits berücksichtigt? Welche Akteure sind daran beteiligt?
2) Welche Potenziale und Herausforderungen ergeben sich aus dem Konzept der Planetary Health Diet für eine nachhaltige Ernährungspolitik in Kommunen? Inwiefern ist dieses Leitbild geeignet, die Entwicklung integrierter kommunaler Nachhaltigkeitsstrategien im Bereich Ernährung zu unterstützen?
3) Wie können konkrete Lösungsansätze für die Realisierung eines ganzheitlichen Gesundheitsansatzes für Mensch und Umwelt auf kommunaler Ebene aussehen? Wie sind die Wirkungen dieser Strategien und Maßnahmen mit Blick auf die Ziele des Konzepts der planetaren Gesundheit zu bewerten?
In einem transdisziplinären Prozess mit Kommunen und zivilgesellschaftlichen Akteuren wird untersucht, wie das Konzept der Planetary Health Diet als Orientierungsrahmen für Strategien und Initiativen einer nachhaltigen Transformation von Ernährungssystemen auf kommunaler Ebene fruchtbar gemacht werden kann. Projektpartner sind die Städte Frankfurt und Marburg sowie die Ernährungsräte Frankfurt am Main sowie Marburg und Umgebung (EMU) und das BNE Netzwerk Marburg.
Zunächst wird der Status Quo in den beteiligten Kommunen analysiert. Mit Hilfe einer Akteurs- und Diskursfeldanalyse wird untersucht, inwiefern Aspekte des Konzepts der Planetaren Gesundheit bereits in kommunalen Nachhaltigkeitsdiskursen zum Thema Ernährung verankert sind. Mit Hilfe einer inhaltsanalytischen Auswertung werden zentrale Diskursstränge identifiziert und die Positionierung wichtiger Akteure in diesen Diskursen verortet. Darauf aufbauend erfolgt eine vertiefende Analyse mit Hilfe qualitativer Interviews mit zentralen Stakeholdern im Diskursfeld nachhaltige Ernährung in den beiden Städten.
In einem weiteren Schritt erfolgt eine Charakterisierung der Ernährungssysteme der beiden Kommunen anhand ausgewählter Indikatoren. Anhand von Verzehrdaten analysiert das Projekt-Team, welche Umwelt- und Gesundheitswirkungen mit der aktuellen Ernährungsweise verbunden sind. Die Abschätzung der Umweltwirkungen erfolgt entlang des Lebenszyklus ausgewählter Lebensmittel. Diesen Status-Quo Wirkungen werden die Umweltentlastungen gegenübergestellt, die durch eine an den Planetary Health Diet Empfehlungen orientierte Ernährungsweise erzielt werden können.
Gemeinsam mit Stakeholdern aus den beiden Kommunen erarbeitet das Projekt-Team in partizipativen Workshops Strategien und Maßnahmen, wie die Perspektive der Planetaren Gesundheit besser in der lokalen Ernährungspolitik verankert werden kann. Dabei werden auch die Voraussetzungen und Gelingensbedingungen dieser Strategien herausgearbeitet und mit den Akteuren diskutiert.
Eine Umstellung der Ernährungsweise auf eine Planetary Health Diet führt zu einer deutlichen Entlastung der natürlichen Umwelt. Dies zeigen die im Projekt durchgeführten Berechnungen der Umweltwirkungen ausgewählter Lebensmittel für die Städte Frankfurt am Main und Marburg, Bei vier der fünf berechneten Umweltauswirkungen – dem Landverbrauch, der Emission von Treibhausgasen, der Versauerung und der Überdüngung – zeigen sich erhebliche Verbesserungen durch die Planetary Health Diet. Zugleich wird deutlich, dass die Herkunftsregion der Produkte ein wichtiger Einflussfaktor für die erzielten Wirkungen ist, der gesondert betrachtet werden muss.
Das Konzept der Planetary Health Diet stößt bei den beteiligten Stakeholdern auf lebhaftes Interesse. Zugleich löst es einen großen Diskussionsbedarf über Ansatzpunkte für konkrete Transformationsschritte in den Kommunen aus. Dies führt zu der Entscheidung, die ursprünglich vorgesehene Ausarbeitung quantifizierbarer Szenarien für unterschiedliche Transformationspfade zurückzustellen, um mehr Raum für die Diskussion konkreter Handlungsansätze zu gewinnen.
Ein wichtiges Ergebnis ist, dass die Empfehlungen der Planetary Health Diet für eine nachhaltige Transformation des Ernährungssystems in den Kommunen an die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort angepasst und mit den Zielen Regionalisierung und soziale Gerechtigkeit verbunden werden müssen. Wichtige Hebelpunkte für eine Transformation kommunaler Ernährungssysteme sind die Ökologisierung und Regionalisierung der Lebensmittelproduktion sowie das Schaffen eines breiten, vielfältigen und leicht zugänglichen Angebots gesunder und nachhaltiger Lebensmittel für alle Gruppen der Bevölkerung. Neue Allianzen zwischen kommunalen Akteuren aus dem Umwelt-, Ernährungs- und Gesundheitsbereich können eine erfolgreiche Umsetzung unterstützen.
In dem transdisziplinären Vorhaben ist die Vernetzung lokaler und regionaler Akteure bereits im Projektverlauf v.a. in der Stakeholder-Workshops angelegt. Die Netzwerke der beteiligten Stakeholder können für die Dissemination der Projektergebnisse genutzt werden. Die Vernetzung und strukturierte Zusammenarbeit in den Workshops schafft Potentiale für weiterführende Kooperationen und Initiativen für die Umsetzung der entwickelten Ideen.
Mit weiteren Prozessen und Initiativen, wie z.B. den Aktivitäten der Hessischen Nachhaltigkeitsstrategie zum Thema Ernährung erfolgt ein intensiver Austausch. Die im Projekt erarbeitete Handreichung schließt an Aktivitäten der hessischen Nachhaltigkeitsstrategie zum Thema nachhaltige Ernährung in Kommunen an. Durch einen regelmäßigen Austausch werden die Bedürfnisse der beteiligten Kommunen aufgenommen und bei der Erstellung der Handreichung berücksichtigt, Im Austausch mit der Hessischen Nachhaltigkeitsstrategie eröffnen sich ebenfalls Möglichkeiten für eine Dissemination der Projektergebnisse an weitere Kommunen und Stakeholder.
Das Konzept der Planetaren Gesundheit und die Planetary Health Diet bieten einen Orientierungsrahmen, an den Strategien der kommunalen Ernährungswende anknüpfen können. Für eine lokale Ernährungswende spielt insbesondere das Ziel der Regionalisierung der Lebensmittelproduktion und -verarbeitung eine wichtige Rolle. Die Empfehlungen Planetary Health Diet müssen daher regional „ausbuchstabiert“ und an die lokalen Kontexte (Klima, Erzeuger- und Verarbeitungsstruktur, Nachfrage, etc.) angepasst werden. Eine pflanzenbetonte Ernährungsweise bietet vielfältige Chancen, um die regionale Selbstversorgung zu stärken. Vor allem Produkte wie Hülsenfrüchte, Nüsse oder Saaten könnten in einem sehr viel größeren Umfang regional produziert werden als bisher. Der Aufbau regionaler Verarbeitungsstrukturen und Wertschöpfungsketten erfordert eine Stärkung von Unternehmen in der Region. Dies eröffnet neue Marktchancen für innovative KMU in den Bereichen Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und –vermarktung.
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