Der Klimawandel ist die größte und am schnellsten wachsende Bedrohung für den nachhaltigen Erhalt von UNESCO-Welterbestätten. Zunehmende Extremwetter, Temperaturerhöhungen, die Erwärmung der Ozeane, das Ansteigen des Meeresspiegels, das Schmelzen der Gletscher und weitere Auswirkungen der Klimakrise betreffen Welterbestätten überall auf der Erde in besonderer Weise. Welterbestätten sind jedoch nicht nur durch den Klimawandel bedroht. Sie spielen auch eine grundlegende Rolle bei der Gestaltung einer klimaresistenten und nachhaltigen Gesellschaft. Bisher sind sie jedoch weder in ihrer Gefährdung durch den Klimawandel noch als Motor für nachhaltige, klimafreundliche Entwicklung in Bildungsprojekten für junge Menschen ausreichend aufbereitet und vermittelt worden. Das ist insofern problematisch, als dass insbesondere die nächsten Generationen die Aufgabe haben werden, die Welterbestätten nachhaltig zu entwickeln und vor dem Klimawandel zu schützen. Dafür ist eine hochwertige Bildung für nachhaltige Entwicklung essentiell. Zudem ist der Bildungsauftrag im Artikel 27 der Welterbekonvention verankert und die Vertragsstaaten sind verpflichtet „die Würdigung und Achtung des [Welterbes] durch ihre Völker zu stärken“ und sie „über die diesem Erbe drohenden Gefahren […] umfassend zu unterrichten“ (UNESCO 1972).
Genau hier setzte "Young Climate Action for World Heritage" an: ein transnationales Bildungsprojekt für junge Menschen, das Welterbe und Fragen des Klimawandels und der Nachhaltigkeit innovativ miteinander verbindet. Im Fokus dieses erfahrungsbasierten, handlungsorientierten, dialogischen und gemeinschaftlichen Projekts stand eine zentrale und drängende Frage: Wie können junge Menschen in Zeiten der Klimakrise Verantwortung für das Welterbe übernehmen? Ziel des Projekts war es, junge Menschen dazu zu befähigen, sich aktiv für Welterbe- und Klimaschutz einzusetzen, indem sie diese Frage in Zusammenarbeit mit der Projektgemeinschaft, bestehend aus Schüler:innen, Lehrkräften und den Akteur:innen der Welterbestätten, diskutieren und kreativ und handlungsorientiert aufnehmen und beantworten.
Konkrete Zielsetzungen des Projektantrages umfassten:
1) Junge Menschen zu sensibilisieren und zu motivieren, selbst Verantwortung zu übernehmen.
2) Das Thema Welterbe durch die Verknüpfung mit Klimawandel und Nachhaltigkeit im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) umzusetzen
3) Die Kooperation von Welterbestätten und Schulen zu fördern.
Drei Zielgruppen und Akteur:innen bildeten gemeinsam die Projektgemeinschaft: Schüler:innen, Lehrkräfte und Akteur:innen der Welterbestätten. Diese war transnational mit Schulen und Welterbe-Akteur:innen aus Tschechien, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Polen. Das Prinzip der transnationalen Zusammenarbeit steht im Einklang mit der Herausforderung der Klimakrise, die gemeinsames Handeln über nationale Grenzen hinweg erfordert. Ein Grundprinzip der Bildung für nachhaltige Entwicklung – global denken, lokal handeln – wurde somit direkt in das Projekt integriert.
Die wichtigste Zielgruppe des Projekts waren Schüler:innen verschiedener Schultypen aus unterschiedlichen Ländern. UNESCO-Projektschulen wurden als ideale Partner identifiziert. Insgesamt nahmen 21 Schulen am Projekt teil. Dazu kamen sechs UNESCO-Welterbestätten die im Projekt zu konkreten Lernorten für den Klimawandel und Nachhaltigkeit wurden:
• Wattenmeer
• Archäologischer Grenzkomplex Haithabu und Danewerk
• Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft
• Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin
• Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří
• Siedlungen der Brüdergemeine, Bestandteil Herrnhut
Der pädagogische Ansatz des Projekts ist durch drei Aspekte charakterisiert, die zentral für BNE sind und besonderes Potential haben für Welterbe-Bildung:
a) Ein auf die Lernenden ausgerichteter Ansatz, bei dem die Schüler:innen mit ihren Interessen, Fragen und Erfahrungen im Mittelpunkt stehen
b) Handlungsorientiertes Lernen, das die Schüler:innen aktiv in Dialoge und Begegnungen, in Aktionen und Reflexionen, in praktische Tätigkeiten und die Umsetzung ihrer eigenen Ideen in die Praxis einbindet
c) Transformatives Lernen, das nicht an den Schultüren Halt macht, sondern aktuelle Fragestellungen vor Ort aufgreift, und besondere Möglichkeiten bietet, Perspektiven zu wechseln und selbst zu gestalten
Entsprechend waren die Workshops vor Ort zentral, in denen die Schüler:innen die Welterbestätten entdeckten, sich an praktischen Schutzmaßnahmen beteiligten und ihre unterschiedlichen Perspektiven zu den Stätten miteinander reflektierten. In einer intensiven Arbeitsphase entwickelten sie dann ihre eigenen Projekte zu Welterbe- und Klimaschutz, unterstützt von ihren Lehrkräften, den Akteur:innen der Welterbestätten und IHS und DUK. Die Projektpräsentation in Schulen, Welterbestätten und Kommunen und beim "Youth Summit" in Berlin waren Höhepunkte des Projektes.
Die Entwicklung der Schüler:innen während des Schuljahres und über den gesamten Projektverlauf, ihre Überlegungen und Reflektionen über Welterbe, ihre Motivation, darüber zu diskutieren und gemeinsam kreativ und aktiv zu werden, war der größte Erfolg und das zentrale Ergebnis des Projekts. Dieser war nicht zuletzt auf den pädagogischen Ansatz, die Lernerfahrungen vor Ort und die intensive und lange Arbeitsphase zurückzuführen. Das Engagement der Schüler:innen wurde ihn ihren eigenen Projekten und Produkten, wie Podcast, Kunstausstellung, Escape Game, Krimi-Dinner, Filme u.w., sichtbar. Die vielfältigen Projekte der Schüler:innen hatten alle ein gemeinsames Ziel: Die jungen Menschen wollten ihre Schulgemeinschaften und darüber hinaus Menschen in ihrem Lebensumfeld erreichen, um das, was sie über das Welterbe und den Klimawandel erfahren hatten, weiterzugeben – und diese ebenfalls für die Welterbe- und Klimaschutzes aktivieren. Sie taten dies auf höchst kreative Weise, indem sie jedes der Projekte einzigartig persönlich gestalteten und vermittelten.
Alle Schüler:innen-Projekte sind auf der Projektwebseite veröffentlicht: https://heritagestudies.eu/youngclimateaction/en/
Das Projekt hat insgesamt sowohl zu einer nachhaltigen Umsetzung der Welterbekonvention als auch zu innovativen Erfahrungen beigetragen und damit die Projektziele in jeder Hinsicht erreicht. Es hat – wie im Titel formuliert – mit der Fokussierung auf Nachhaltigkeit und Klimawandel die bereits immanent vorhandene Botschaft inhaltlich eingelöst. Es hat einen Beitrag zur Verknüpfung von Welterbe-Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung geleistet und hat dazu nicht zuletzt die für Nachhaltigkeit wichtige Zielgruppe, nämlich Schüler:innen, für die Auseinandersetzung mit dem Welterbe mobilisiert. Durch die extensive Öffentlichkeitsarbeit, die erarbeiteten greifbaren Materialien (Schüler:innen-Projekte und Abschlusspublikation) und vor allem durch die stark geförderte Selbstwirksamkeit der Schüler:innen während des gesamten Projektverlaufs, wurde das Projekt nachhaltig lokal, regional und international verankert.
Die Öffentlichkeitsarbeit war ein wesentlicher Bestandteil des Projekts. Die hohe Motivation der Schüler:innen mit ihren eigenen Projekten weitere junge Menschen zu erreichen, unterstrich die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit aus Sicht der für das Projekt zentralen Zielgruppe. „Young Climate Action for World Heritage“ und die Ergebnisse der Schüler:innen wurden von allen Projektpartnern – Schulen, Welterbestätten und Förderern, IHS und DUK – durch diverse Öffentlichkeitsmaßnahmen verbreitet, um möglichst unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen. Das Projekt stieß fortwährend auf hohe positive Resonanz in der Öffentlichkeit und es gab großes Interesse am Projektthema, der Methodik und den Ergebnissen.
Das Projektlogo, die im Projektverlauf entworfenen Poster, ein Graphic Recording wurden allen Projektpartnern zugänglich gemacht, damit diese lokal das Projekt verbreiten konnten. Weiterhin wurde insbesondere im Rahmen der Workshops und des abschließenden Youth Summit Zeitungsartikel und Pressemitteilungen veröffentlicht.
https://heritagestudies.eu/youngclimateaction/en/ressources/
Das IHS und die DUK das Projekt auf zahlreichen Fachveranstaltungen im In- und Ausland vorgestellt, u.a. Tag der offenen Tür im Auswärtigen Amt (2023).
Durch den innovativen thematische Verknüpfung von Welterbe und Klimawandel in einem Bildungsprojekt für junge Menschen, die Projektgemeinschaft und den pädagogischen Ansatz des Projekts wurden einzigartige Möglichkeiten geboten, junge Menschen für den nachhaltigen Schutz von Welterbestätten in Zeiten des Klimawandels zu motivieren und darin einzubeziehen. Das Projekt förderte bedeutungsvolle Erlebnisse und Lernerfahrungen an Welterbestätten, was wiederum die Motivation der Schüler:innen stärkte und zu einer dynamischen Auseinandersetzung mit dem Thema führte. Die daraus resultierenden Schüler:innen-Projekte, die die persönliche Entwicklung der Schüler:innen, die Vielfalt junger Perspektiven, ihr kreatives und innovatives Denken sowie ihr Wissen und ihre Inspiration zur Diskussion von Anpassungsstrategien widerspiegeln, sind allesamt Zeugnisse für den Erfolg des Projekts. Viele der Schüler:innen-Projekte werden weiterhin aktuell in den Schulgemeinschaften und Welterbestätten eingesetzt, wie das Krimi-Dinner, die Schüler:innen-Filme über das Wattenmeer oder die Kunstausstellung im Harz - als Wanderausstellung bald auch in weiteren Welterbestätte zu Gast.
Das aktuelle „Policy Document on Climate Action for World Heritage“ (UNESCO 2023) unterstreicht einerseits den innovativen Charakter des Projekts, das bereits vor dem Verabschieden des Policy Papers diese Ziele aufgriff und andererseits zeigt es den weiterhin hohen Bedarf darauf, weitere Bildungsprojekte dieser Art umzusetzen.