Projekt 37758/01

Potenzialanalyse zur klima- und umweltverträglichen, autarken Ver- und Entsorgung (Energie Wasser Abfall) kleiner Ostsee-Inseln am Beispiel der Insel Ruden

Projektdurchführung

Technische Universität Berlin Institut für Bauingenieurwesen Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft
Gustav-Meyer-Allee 25
13355 Berlin

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Ruden ist eine große Insel im Naturschutzgebiet „Peenemünder Haken, Struck und Ruden“. Er ist Rückzugsgebiet für seltene Tier- und Pflanzenarten, sowie Rast- und Überwinterungsgebiet vieler Wasservögel. Um den Naturschutz gewährleisten zu können, ist eine ständige Besetzung der Insel notwendig. Teile der historischen Bebauung, die seit 1648 errichtet wurden stehen unter Denkmalschutz und dienen den heutigen Inselbewohnern als Wohnort. Zukünftig soll der Ruden für geführte, touristische Zwecke erschlossen werden, um den Besuchern die Relevanz des Naturschutzes zu verdeutlichen. Zum jetzigen Zeitpunkt verfügt die Insel über keinen Anschluss an die kommunale Infrastruktur. Ziel des Projektes „autarker Ruden“ war die umfängliche Erschließung der Insel mit Wasser, Abwasser und Strom. Dabei standen nachhaltige und autarke Systeme im Vordergrund, die zum einen im Sinne der Kreislaufwirtschaft Synergien für die exponierte Lage darstellen, als auch im Einklang mit Natur- und Denkmalschutz gebracht werden können. Mit der Potenzialanalyse sollte gezeigt werden, dass es möglich ist, an einem abgelegenen Inselstandort ohne Grundwasserressource und nur mit erneuerbaren Energien eine ganzjährige menschliche Nutzung für vogel- und naturschutzfachliche Belange zu ermöglichen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Entwicklung der optimalen Ver- und Entsorgungsstrategie wurden Szenarien zu diversen Technologien und deren Kombinationsmöglichkeiten erarbeitet und eine breite Literaturrecherche zu vergleichbaren Projekten durchgeführt.
Energieversorgung (IRES) - Die Versorgung der Inselbewohner mit elektrischer Energie sollte weitestgehend über regenerative Energiewandler sichergestellt werden. Zur Energieerzeugung wurde eine Kombination aus Wind- und Solarenergie in Kombination mit einem Batteriespeicher angestrebt. In den Fallstudien sind unterschiedliche Errichtungsorte, Technologien und Dimensionen der Einzelanlagen untersucht worden. Grundlage dafür waren eine umfassende Recherche zu Wetterdaten, vergleichbaren Projekten, neuartigen technischen Lösungen und die Bedarfsermittlung in Abstimmung mit den weiteren Arbeitspaketen. Zur Auslegung und optimierten Abstimmung der drei Systemkomponenten wurde eine Simulation durchgeführt, die die kompatibelste Lösung unter den genannten Randbedingungen ergab.
Trink- und Brauchwasser - Die Versorgung für Trink- und Brauchwasser sollte aus den lokalen Quellen sichergestellt werden. Da keine nutzbaren Süßwasservorkommen vorhanden sind, basierte die Konzeptionierung auf der Nutzung von Meerwasser der umliegenden Ostsee und eine Grauwasseraufbereitung mit Regenwassernachspeisung. Trinkwasser im Kreislauf aus Grauwasser aufzubereiten und wieder zu nutzen war hierbei ein gänzlich neuer Ansatz. Neben der Trinkwasserversorgung war unter dem Nachhaltigkeitsaspekt auch die Brauchwasserbereitstellung zu untersuchen. Hierzu zählen Regenwassernutzung, Abwasserwiederverwendung und der Einbau neuartiger Sanitärsysteme.
Abwasserentsorgung und Abfallmanagement - Mit steigendem Anschlussgrad an die Trink- und Brauchwasserversorgung ist auch mit einem erhöhten Abwasseraufkommen zu rechnen. Zunächst wurde vor Ort eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Entsorgungsinfrastruktur vorgenommen, auf dessen Zustand basierend Fallstudien durchgeführt worden sind. Zu den untersuchten Maßnahmen zählen technische als auch naturnahen Verfahren in Zusammenspiel mit ressourcenorientierten Sanitärsystemen mit dem Ziel des Nährstoffrecyclings, sowie den Möglichkeiten zur Trinkwassereinsparung, Energierückgewinnung und Biomassegewinnung auch Wärmerückgewinnung aus Abwasser wurde untersucht.


Ergebnisse und Diskussion

Energieversorgung - Der theoretisch ermittelte Stromverbrauch auf dem Ruden liegt bei ca. 8,6 MWh pro Jahr. Zur Deckung des Bedarfs mittels Solarenergie werden 180 PV-Module (70 MWh) benötigt. Zur Vermeidung eines Blackouts ist für das angenommenem Nutzungs- bzw. Lastprofil in diesem Szenario ein 40 kWh Energiespeicher nötig. Durch Kombination mit zwei kleinen Windkraftanlagen mit 4 MWh lässt sich der Energiespeicher auf 26 kWh reduzieren. Überschüssige Energie kann zur Erwärmung von 60.000 Litern Warmwasser genutzt werden, was ca. der Hälfte des Bedarfs entspricht. Im Winter wird eine zusätzliche Energiequelle zur Warmwasserbereitung benötigt. Die theoretischen Simulationsergebnisse des Energiebilanzierungsmodells haben gezeigt, dass mittels PV- und Windenergieerzeugung in Verbindung mit einem entsprechend dimensionierten Speichersystem, eine ausreichende Versorgung der Insel Ruden möglich ist. Die Kosten basierend auf aktuellen Installationspreisen berechnen sich zu 157.000 € in der Variante reine PV mit Speicher und erhöhen sich auf 158.800 € bei der Kombination mit kleinen WKAs.
Wasserkreislauf – Der rechnerisch ermittelte tägliche Wasserbedarf beträgt 1.051 l/d, erhöht sich bei der Installation von Spültoiletten auf 1.284 l/d. Hierin wurden die Inselbewohner, ein Nutztierbestand, die Bewässerung des Gartens und Wassernutzung durch Besucher berücksichtigt. Die Auswertungen zeigen, dass jedes der Szenarien unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich bringt. Das entwickelte Entwurfsszenario - UO-Anlage (Umkehrosmose) zur Aufbereitung des Brackwassers, Nicht-TW für den häuslichen Gebrauch aus RW und Grauwasserbehandlung - kombiniert die Vorteile der Konzepte und wird als Orientierung für die weitergehende Planung der Inselversorgung empfohlen. Der maximale Stromverbrauch dieser Variante wurde mit 6,8 kWh in der Energieversorgung berücksichtigt. Die Investitionskosten zur vollständigen Wasserver- und Entsorgung belaufen sich auf 44.500 €.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt und die Endergebnisse konnten bereits auf der Landesverbandstagung der DWA Nord-Ost einem breiten Publikum vorgestellt werden. Des Weiteren wurde über ein Pressemitteilung im DBU Netzwerk auf das Projekt aufmerksam gemacht und auch der Tagesspiegel vom 23.11.2021 berichtete in einem kurzen Ausschnitt über das Vorhaben. Weitere Präsentationen sind geplant.


Fazit

Die Ergebnisse des Projektes „autarker Ruden“ zeigen, dass eine selbstständige Versorgung der Insel mit Trinkwasser und Energie und auch die Abwasserentsorgung in einem geschlossenen Kreislaufsystem unter entsprechenden logistischen und finanziellen Aufwand realisierbar sind. Die exponierte Lage, sowie der Natur- und Denkmalschutz bieten einen engen Rahmen für die angestrebte Realisierung. Nachfolgend sind daher die Erkenntnisse dieser Studie eingehend den zuständigen Ämtern zu präsentieren und zu diskutieren. Jedoch ist die Wirkung als nachhaltiges Vorzeigeprojekt, besonders durch den stätigen Publikumsverkehr hervorzuheben. Die eingesetzten Technologien können in Bezug auf Nachhaltigkeit, Kreislaufschließung und Ressourcenschonung als positives Beispiel für neue Baufelderschließungen und den Umgang mit den Folgen des Klimawandels in der Öffentlichkeit genutzt werden. Der kleine Maßstab eignet sich auch für den Transfer auf private Haushalte. Eine Abschlussveranstaltung ist geplant, bei der es auch um Möglichkeiten der Finanzierung für ein Anschlussprojekt zur Realisierung der Technologien auf dem Ruden gehen soll.

Übersicht

Fördersumme

55.311,00 €

Förderzeitraum

17.09.2021 - 30.09.2022

Bundesland

Mecklenburg-Vorpommern

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik