Der Schutz von Fließgewässern und ihren Auen mit den Gewässerrandstreifen sind ein Thema von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Denn sauberes Wasser und intakte Wasserlebensräume sind Voraussetzung für eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Wasserversorgung der Bevölkerung. Intakte Gewässer sind resilienter gegenüber den Folgen des Klimawandels und bieten den Menschen Leistungen wie Nährstoffrückhalt, Hochwasserschutz und Raum zur Erholung.
Den Gewässerrändern kommt vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des aktuellen Artensterbens eine enorme Bedeutung für den Gewässerschutz zu: Sie tragen zur Vernetzung von Lebensräumen bei sowohl vom Gewässer zum Umland als auch entlang der Gewässer. Sie schützen das Gewässer vor Eintrag von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln über Erosions- und Auswaschungsprozessen angrenzender landwirtschaftlicher Flächen. Durch eine Vielzahl nebeneinander vorkommender Habitatstrukturen sind Gewässerrandstreifen Lebensraum und Wanderkorridor für viele bedrohte Arten. Der Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern wirkt regulierend auf die Temperatur eines Gewässers und verhindert so wirkungsvoll die Verkrautung.
Aktuell befinden sich immer noch 97 Prozent aller niedersächsischen Gewässer in keinem „guten Zustand“ gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie. Aufgrund dieses großen Defizits bedarf es noch großer Anstrengungen für die Zielerreichung und der Schaffung von Akzeptanz für die Umsetzung von Maßnahmen.
Auf der Suche nach Lösungen für die anstehenden Herausforderungen soll mit dem Projekt eine neue Art der Kommunikation und Kooperation von Landwirtschaft und Naturschutz entwickelt und etabliert werden. Ziel des Projektes ist modellhaft aufzuzeigen, dass in der Förderung der Kooperation eine Chance liegt, Ziele des Gewässerschutzes zu erreichen. Im Projekt sollen Naturschutz und Landnutzung zusammen gedacht und zusammen gebracht werden. Dabei gilt es, die Zielkonflikte zwischen Schutz und Nutzung auszutarieren. So soll der mit Unterzeichnung „Der Niedersächsische Weg“ eingeschlagene Kurs der Zusammenarbeit aus Politik, Naturschutzverbänden und Landvolk weiter ausgebaut werden. Im Ergebnis soll durch das Projekt eine zusätzliche, über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende freiwillige ökologische Aufwertung der Gewässer inkl. ihrer Randstreifen erzielt werden. Landnutzer sollen ermuntert und ertüchtigt werden, auf den Gewässerrändern ihrer Nutzflächen auf freiwilliger Basis Naturschutzaufgaben wahrzunehmen.
Das Projekt ist in eine Vorphase (1.10.22 - 30.09.23) und eine Hauptphase (1.10.23 – 30.09.26) unterteilt. Mit der Vorphase sollte das ab 1.10.2023 startende Projekt „Kurs auf Blau-Grün – Gewässerränder gemeinsam gestalten (Hauptphase)“ inhaltlich vorbereitet werden.
In drei Projekt-Modellregionen soll sowohl die Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft im Rahmen eines Kommunikationsprozesses angeschoben als auch die beispielhafte Entwicklung naturnaher Gewässerrandstreifen umgesetzt werden. Damit bildet das Projekt ein innovatives Beispiel für den Aufbau regionaler Zusammenarbeit aus Naturschutz, Landwirtschaftsverbänden und anderen Akteursgruppen (z.B. Wasserversorgern). Es dient der Netzwerkbildung zur Stärkung des Biotopsschutzes an Gewässern. Der Schwerpunkt der konkreten Maßnahmenumsetzung liegt in der Schaffung von best practice Beispielen durch die Entwicklung naturnaher Gewässerrändern zur Stärkung des Biotopverbundsystems.
Das Ziel der Vorphase des Projektes „Kurs auf Blau-Grün – Gewässerränder gemeinsam gestalten“, die Hauptphase inhaltlich vorzubereiten, konnte erreicht werden. Demnach konnten die Projektinhalte und -ziele der Hauptphase definiert werden, indem vier Projektbausteine ausgearbeitet wurden:
1. Als übergeordneter Baustein ist in der Hauptphase demnach die Etablierung eines Dialogformates zwischen den beteiligten Akteursgruppen (u.a. Landnutzer*innen, Umweltschützer*innen und Wasserversorger*innen) vorgesehen, um zwischen ihnen langfristig eine erfolgreiche Kooperation zu sichern. Durch den kommunikativen Ansatz möchte das Projekt zeigen, dass gesellschaftlicher Rückenwind für den Gewässerschutz die (Wieder-)Herstellung naturnaher Ufersäume befördern kann. Der Aufbau (Methodik, Inhalte) des Dialogformates wurden bereits in der Vorstudie erarbeitet und in einem sogenannten "Kommunikationskonzept" festgehalten.
2. Gleichzeitig wurden bereits konkrete Maßnahmen für einen vielfältigen Lebensraum am Gewässerrand entwickelt. Demnach sollen in drei Modellregionen (Nienburg, Weser-Elbe und Ostfriesland) durch konstruktive Zusammenarbeit von Naturschutz und Landnutzer*innen naturnahe und artenreiche Gewässerränder entwickelt werden, die als good-practice-Beispiele Nachahmer*innen finden sollen.
3. Gemeinsam mit auf Landesebene tätigen Expert*innen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und des Landvolks sowie mit den zahlreichen Projektpartner*innen vor Ort sollen Leitbilder und konkrete Maßnahmen für biotopverbundgeeignete Gewässerrandstreifen entwickelt und umgesetzt werden. Im Geiste des Niedersächsischen Weges sollen dabei naturschutzfachliche Perspektiven und die der Landnutzenden auf Augenhöhe eingebracht werden. Durch die Erarbeitung gemeinsamer Handlungsempfehlungen wird die Übertragbarkeit auf ganz Niedersachsen sichergestellt.
4. Zum einen soll ein Beratungs- und Schulungsangebot konzipiert werden, in dem inhaltliche Sachverhalte, aber auch Wege zur Optimierung der Kommunikation zwischen Naturschutz und Landwirtschaft vermittelt werden. Zum anderen sollen Bildungsangebote entwickelt werden, um die Thematik in die Öffentlichkeit zu tragen.
Zudem konnten die Rolle und Mitwirkungsbereitschaft der wesentlichen Akteur*innen in den unterschiedlichen Austauschformaten geklärt werden.
Um das Projekt in die Öffentlichkeit zu tragen wurden regional- und projektbezogene Beiträge zur bestehenden Wanderausstellung „Alles im Fluss!? - Wasser in der Krise“ der Heinrich-Böll-Stiftung weiterentwickelt. In der überregionalen Hauptausstellung der Heinrich-Böll-Stiftung werden die Zusammenhänge von Klima- und Wasserkrise sowie des Wirtschaftens und der Verfügbarkeit bzw. der Verschmutzung unseres Wassers erklärt. Die zwei im Projekt entstandenen regionalen Ausstellungsbanner beleuchten die Themen „Niedersächsischer Weg“ und „Gewässerrandstreifen“.
Weitere Inhalte der Öffentlichkeitsarbeit werden in der Hauptphase erarbeitet (s. Punkt 4 unter Ergebnisse & Diskussion).
Das Ziel der Vorphase des Projektes „Kurs auf Blau-Grün – Gewässerränder gemeinsam gestalten“, die Hauptphase inhaltlich vorzubereiten, konnte erreicht werden. Durch die unterschiedlich durchgeführten Austauschformate der Vorphase und der Erarbeitung eines Kommunikationskonzeptes für den in der Hauptphase anstehenden Dialogprozess, konnte bereits der Grundstein für den kooperativen Ansatz zwischen Landwirtschaft und Naturschutz im Projektes "Kurs auf Blau-Grün - Gewässerränder gemeinsam gestalten" gelegt werden. Ferner konnten die Projektinhalte und -ziele gemeinsam mit allen Akteur*innen abgestimmt und definiert werden (s. Ergebnisse & Diskussion). Der bisherige Austausch zeigt jedoch auch, dass es neben den Anstrengungen einer gemeinsamen Verständigung für mehr Gewässerschutz insbesondere der Schaffung einfacherer Rechtsnormen sowie deutlich bessere finanzieller Anreize bedarf, um Maßnahmen am Gewässerrand großflächig umzusetzen. In der Hauptphase müssen daher entsprechende Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen erarbeitet werden, damit die Maßnahmen in Zukunft schneller umgesetzt werden und die Ergebnisse auf andere Regionen übertragen werden können.