Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
(RWTH) Aachen
Institut für fluidtechnische Antriebe und
Systeme (ifas)
Campus-Boulevard 30
52074 Aachen
Die Herstellung von Futtermitteln ist eines der Haupteinsatzgebiete von Pelletpressen. Die Pelletierung des Ausgangsmaterials dient der Erhöhung der Dichte und der besseren Dosierbarkeit. In den meisten Pressen ist ein zentrales Schmiersystem eingebaut, das für die Schmierung der Wälzlager sorgt. Bei der zur Verschleißminderung eingesetzten Fettschmierung handelt es sich dabei in den meisten Fällen um eine Verlustschmierung. Das bedeutet, dass das System kontinuierlich ohne Rückführung des Schmiermittels geschmiert wird. Ausgehend von der Zentralschmierung gelangt das Fett zu den Lagern im Verdichtungsraum. Dort werden die Ausgangsstoffe zu Presslingen verarbeitet. Funktionsbedingt kommt der Schmierstoff dadurch direkt und kontinuierlich mit dem Endprodukt, den Futtermittelpellets, in Kontakt. Untersuchungen diesbezüglich konnten bereits Rückstände von Fetten in Futtermitteln nachweisen. Dies stellt ein Risiko für verunreinigtes Futtermittel und damit auch für die Tiergesundheit dar. Aus konstruktiven Gründen lässt sich dies in den meisten Pressen nicht vermeiden, weshalb in diesem Projekt ein Bioschmierstoff nach DIN 16807 entwickelt wurde, welcher lebensmittelrechtlich unbedenklich ist. Um die Funktion des Schmierstoffes zu testen, wurde dieser unter anwendungsnahen Bedingungen getestet. Dazu wurde ein Prüfstand entwickelt, welcher die Randbedingungen der Wälzlager in Pelletpressen realitätsnah darstellt. Dadurch konnte in der Entwicklung des neuartigen Schmierfettes eine Aussage über dessen Eignung in Futtermittelpressen erzielt werden. Ziel des Projektes war es, den Verbraucherschutz und die Tiergesundheit bei der Futtermittelherstellung zu stärken. Außerdem wurde die technische Leistungsfähigkeit der mineralölbasierten Fette mit dem neuen Schmierstoff gegenübergestellt, um dessen Eignung zu bewerten und weitere Entwicklungspotentiale aufzuzeigen.
Im ersten Schritt wurde definiert, welche Anforderungen an das neuartige biobasierte Schmierfett gestellt werden. Dazu gehören ökologische und technischen Bedingungen. Aufgrund der Anforderungen an den biologischen Ursprung und die biologische Abbaubarkeit wird als Grundöl ein esterbasiertes Öl gewählt. Als Verdicker werden derzeit herkömmlicherweise Metallseifen genutzt, die durch Reaktion einer Fettsäure mit einer Metallbase hergestellt werden. Die Metallbase, welche den größten Marktanteil (80–90 %) besitzt, ist Lithiumhydroxid. Deren Verfügbarkeit wird zunehmend geringer und die vermeintliche Klassifizierung als reproduktionstoxisch macht die Anwendung in vielen Bereichen bedenklich. Auch biobasierte Schmierfette werden vielfach auf der Basis von Lithiumseifen hergestellt und sind von daher mit der gleichen Problematik behaftet.
Im Labormaßstab wurde ein zweistufiges Verfahren entwickelt, um ein Calciumsulfonatschmierfett rein auf der Basis nachwachsender und biologisch leicht abbaubarer Komponenten herzustellen. Die Reaktion geschieht durch Zuführen und Binden von CO2, wodurch zusätzlich ein Beitrag zum Klimaschutz erzielt wird. Angereichert wird das Fett mit Additiven, welche in Estern gelöst sind. Zur Identifizierung des allgemeinen Leistungsvermögens wurden grundlegende Laboruntersuchungen durchgeführt, welche mit einem konventionellen lithiumbasierten Schmierfett verglichen wurden.
Im nächsten Schritt folgte die Konstruktion und Entwicklung eines Prüfstandes zur Feststellung der technischen Leistungsfähigkeit des neu entwickelten Schmierfetts zum Einsatz in Pelletpressen in der Futtermittelindustrie. Der Prüfstand bildet einen einzelnen Koller aus einer mittelgroßen Pelletpresse mit einer vertikal arbeitenden Scheibenmatrize ab. Zunächst wurden die resultierenden Randbedingungen ermittelt, die in der Maschine auf einen einzelnen Koller und somit die eingesetzten Wälzlager wirken. Anschließend wurden die Krafteinleitung und Betriebssicherheit des Prüfstands und seiner Komponenten mithilfe einer FEM-Analyse geprüft. Die Radialkraft auf die Lager wird über einen Hydraulikzylinder bereitgestellt. Die Rotation der Welle wird über einen Elektromotor eingeleitet. Über die Messung des Antriebsmoments konnten Aussagen über die Schmierfähigkeit des eingesetzten Fettes getroffen werden.
Das Einleiten von CO2 in die Calciumseife erwies sich bereits im Labormaßstab als Herausforderung, da ein Teil des CO2 nicht in der Seife gebunden werden konnte und in die Umgebung entwich. Hieraufhin wurde in der Pilotanlage der Kessel verschlossen. In den Kessel wurden Rührwerke, Wandabstreifer sowie eine Pumpe eingebaut, welche das CO2 aus dem oberen Teil nach unten fördert, um es erneut in die Seife einzuleiten, bis das CO2 komplett reagiert ist. Der Pilotkessel hat eine Kapazität von ca. 1.500 kg, so dass die notwendigen technischen Untersuchungen durchführt werden konnten. Es stellte sich bereits bei der Herstellung heraus, dass das Produkt eine starke Haftfähigkeit an metallischen Oberflächen aufweist. Das Entwicklungsprodukt sieht vor, dass die Grundflüssigkeiten ausschließlich aus gesättigten Estern aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt werden. Daneben werden Additive für Erfüllung der technischen Anforderungen benötigt. Diese Additive werden üblicherweise in Mineralöl gelöst. Dies sollte aufgrund der Lebensmittelverträglichkeit des Produktes geändert werden, sodass die Additive in synthetischen Estern gelöst wurden. Dadurch ist das Endprodukt vollkommen frei von Mineralölen und insbesondere für die Lebensmittelindustrie geeignet.
Hinsichtlich der durchgeführten Laborprüfungen besitzt das Schmierfett vergleichbare technische Eigenschaften wie herkömmliche mineralölbasierte Lithiumschmierfette. Die Eignung für den spezifischen Anwendungsfall der Futtermittelpressen lässt sich mit Hilfe des entwickelten Prüfstandes realitätsnah erfassen. Die Ergebnisse der Prüfstandsuntersuchungen zeigen ein höheres und deutlich mehr schwankendes Drehmoment über die Prüfzeit als bei der Verwendung des Lithiumschmierfettes. Zudem ist die Temperatur gemessen an den Lagern wesentlich höher. Dieses Verhalten kann auf die Haftfähigkeit des Verdickers und des wesentlich polareren Esteröls zurückgeführt werden. Derzeit wird das Schmierfett weiter optimiert. Dabei wird dem Schmierfett nach der Verseifung freies Esteröl hinzugeführt, welches weniger stark an den Verdicker gebunden ist. Dadurch soll geprüft werden, ob dieses besser aus der Verdickerstruktur entweichen kann, um die Schmierstellen zu erreichen.
Die erzielten Ergebnisse des Projektes wurden auf Fachtagungen, Messen und weiteren wissenschaftlichen Veranstaltungen in Gesprächen mit Experten und Anwendern vorgestellt. Zu nennen sind dabei die Tribologie-Fachtagung der Gesellschaft für Tribologie e.V. 2024, die Schmierstoffmesse Lubricant Expo 2024, die Schmierstoff-Fachtagung Nextlub 2025 und das Mitgliedertreffen des Sustainable Lubricants Committees 2024. Darüber hinaus wurden die Projektergebnisse in den Lehrveranstaltungen des ifas vorgestellt. So werden neben dem Fachpublikum auch Studierende für das Thema sensibilisiert. Die Darstellung des Projekts stieß bislang auf großes Interesse, die Thematik wird in nachfolgenden Projekten und Anträgen am ifas und der Firma KAJO GmbH weiterverfolgt.
Das übergeordnete Ziel bestand darin, ein neuartiges biobasiertes Schmierfett zu entwickeln, welches sich zum Einsatz in Pelletpressen für die Futtermittelindustrie eignet. Dazu wurde ein Calciumsulfonatfett aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet, das biologisch abbaubar ist und bei der Herstellung CO2 bindet. Hierdurch wird die Nachhaltigkeit des neuentwickelten Schmierfettes weiter gesteigert.
Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass das im Projekt entwickelte biobasierte Schmierfett, überwiegend den gestellten Anforderungen in Pelletpressen entspricht. Im Bereich der Leistungsfähigkeit bestehen jedoch Unterschiede zwischen dem Bio-Schmierfett und dem konventionell eingesetzten mineralölbasierten Fett. Diese bestehen in einem höheren und diskontinuierlichen Antriebsmoment. Daraus ergibt sich weiterer Forschungsbedarf, welcher darin besteht, die tribologischen Eigenschaften des entwickelten Bio-Schmierfettes zu optimieren. Zurzeit werden Optimierungsansätze in Hinblick auf die Schwankungen des Drehmomentes und der Förderbarkeit des Schmierfettes entwickelt. Ein erster Ansatz, an welchem zurzeit gearbeitet wird, ist, die Grundölviskosität zu verringern sowie dem Schmierfett zusätzliches Grundöl nach der Verseifung zuzuführen. Dieses zusätzliche Grundöl ist somit weniger stark im Verdicker gebunden und kann somit das Verdickergerüst leichter verlassen. Damit soll eine bessere Schmierung der tribologischen Kontakte gewährleistet werden.