Moore sind von Wasserüberschuss gekennzeichnete Teile der Landschaft, die in weiten Teilen vor allem Nord- und Süddeutschlands über Jahrtausende prägende Elemente bildeten. Unter Biodiversitätsaspekten besitzen sie als Lebensräume zumeist stenöker Organismen und Lebensgemeinschaften große ökosystemare Bedeutung. Als Wasserspeicher und Retentionsräume sind sie für den Landschaftswasserhaushalt bedeutend und beeinflussen das lokale, regionale und globale Klimageschehen.
Für Menschen waren Moore von jeher Bestandteile ihres Lebens- und Siedlungsraumes. Wasser ist eine essenzielle Ressource, und als Jagd- und Sammelgründe lieferten die Moorlandschaften wesentliche Bestandteile für die tägliche Ernährung. Eine Vielzahl archäologischer Funde und Befunde aus Niederungen, den Uferbereichen von Bächen und Flüssen, von Seeufern und aus den ausgedehnten Hoch- und Niedermoorgebieten der Norddeutschen Tiefebene zeugen von der seit Jahrtausenden andauernden Anwesenheit der Menschen in diesen Gebieten.
Mit der Kategorisierung dieser Landschaften als "Unland" galt ihre Melioration und Urbarmachung über Jahrhunderte den Landesherren und Regierungen als vornehme Aufgabe und hohes Ziel. Sie haben dazu geführt, dass große Teile der Moorlandschaften entwässert und in Nutzung genommen wurden. Wohl kaum ein anderer Naturraum in Europa war in so kurzer Zeit so nachhaltigen Veränderungen unterlegen wie diese Sumpflandschaften.
Heute stellen der Schutz und die Entwicklung der Moore ein zentrales Anliegen des Natur- wie auch des Denkmal- und Kulturgut-/Kulturlandschaftsschutzes dar. Moore sind nicht nur wichtige Bestandteile des ökosystemaren Wirkungsgefüges. Ihre Böden, die Torfe, bilden besondere Bodenarchive, in denen wie in kaum einem anderen Milieu organische Artefakte, botanische und zoologische Makroreste und Stäube über Jahrtausende konserviert werden. Mit ihren besonderen Erschließungsstrukturen (Siedlungen, Kanäle, Schleusen etc.) sind Moore zudem bedeutende Bestandteile der Kulturlandschaft.
In den zurückliegenden Zeiträumen hat es sich immer wieder gezeigt, dass sowohl auf Seiten des Natur-, aber auch des Denkmalschutzes unzureichende Kenntnisse über die Belange und Schutzinteressen der jeweils anderen Disziplin bestehen. Das Projekt „Kulturelles Erbe und Naturschutz in Mooren – Spannungsfeld und Synergien“ fokussiert auf die gemeinsame Entwicklung und Umsetzung von naturschutz- und denkmalschutzfachlichen Vorhaben, um einen möglichst umfänglichen Schutz zu erzielen.
Das Projekt bestand aus verschiedenen Modulen, die die Thematik von kulturellem Erbe und Naturschutz in Mooren auf verschiedenen Vermittlungsebenen behandeln:
A) Erstellung eines Dokumentarfilms mit dem Titel „Moore – Ökosysteme und Bodenarchive“, der unterschiedliche Aspekte des Naturschutzes und der Denkmalpflege aus verschiedenen Moorlandschaften Deutschlands zum Gegenstand hat, und der in die Gesamtthematik einführt.
B) Online Seminar mit drei Schlüsselvorträgen zu den Themen „Landschaftsökologische und naturschutzfachliche Aspekte von Mooren“, „Archivfunktion und Aspekte des Denkmal- und Kulturlandschaftsschutzes in Mooren“ und „Rechtliche Aspekte des Natur- und Kulturgutschutzes in Mooren auf Landes- Bundes- und EU-Ebene". Die Vorträge vermittelten facherübergreifende Basisinformationen aus den jeweiligen Bereichen.
C) Zweitägiges Symposium zur Präsentation und Diskussion von Fallstudien aus verschiedenen Moorregionen Deutschlands mit anschließender Podiumsdiskussion. Der zweite Tag diente dem Besuch und der on site Diskussion verschiedener naturschutz- und denkmalschutzfachlicher Maßnahmen in der Dümmerniederung.
D) Erstellung einer Themenbroschüre zu den Aspekten des kulturellen Erbes und des Naturschutzes in Mooren und der Entwicklung gemeinsamer Vorhaben zum Schutz und der Entwicklung diesbezüglicher Maßnahmen.
Als Kooperationspartner für das Vorhaben konnten die Deutsche Gesellschaft für Moor und Torfkunde (DGMT) e.V. und das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) gewonnen werden.
Online Seminar und Tagungsveranstaltung haben das Bestehen großer gegenseitiger Kenntnisdefizite hinsichtlich im Bezug auf die jeweiligen Schutzziele und Belange aufgezeigt. Es entstand der Eindruck, dass auf Seiten der Naturschützer denkmalpflegerische Aspekte schnell als nachrangig betrachtet und in den Hintergrund gedrängt werden. Umgekehrt sind vielen Beteiligten von Seiten des Denkmalschutzes die insbesondere unter zeitlichen Aspekten engen Rahmenbedingungen, unter denen naturschutzfachliche Maßnahmen in Feuchtgebieten erfolgen müssen, nicht gewahr. Hier wurde der dringende Bedarf eines intensiveren fachübergreifenden Austausches deutlich. Dabei muss insbesondere die Denkmalpflege eine aktivere Rolle übernehmen, um Ihre Belange zu kommunizieren.
Im Rahmen der Exkursion boten sich umfängliche Möglichkeiten, um sowohl die Inhalte verschiedener Projekte, als auch mit den Projektverantwortlichen praktische Erfahrungen bei den Umsetzungen von Vernässungsmaßnahmen sowie einem zwischen Naturschutz und Denkmalpflege abgestimmten Langzeitmanagement zum Schutz und der Entwicklung von Moorflächen zu diskutieren. Dabei konnte verdeutlicht werden, wie eng naturschutzfachliche und denkmalpflegerische Fragestellungen in Feuchtgebieten miteinander verknüpft sind.
Insgesamt hat sich bei dem breiten, aus Vertretern aus Behörden, von Planungsbüros, Universitäten und NGOs sowie an der Thematik interessierte Privatpersonen bestehenden Teilnehmerfeld ein großes Interesse und der Bedarf an einem derartigen interdisziplinären Austausch gezeigt. Das zudem im Rahmen der Exkursion auch ein Fokus auf die praktische Umsetzung gesetzt wurde, fand bei den Teilnehmenden großen Zuspruch.
Mit einer online- und einer Präsenzveranstaltung hat sich das Projekt an Vertreter von NGOs, Behörden und Planungsbüros, ehrenamtlich in Natur- und Denkmalschutz Engagierte, die Landwirtschaft und sonstige an der Thematik Interessierte gerichtet. Im Vorfeld der Veranstaltungen erfolgten Ankündigungen über die Internetseiten der Projektpartner sowie durch den Versand der Programmflyer. Weitere Mitteilungen im Verlauf des Projektes fanden über Pressemitteilungen sowie einen Bericht in der Fachzeitschrift Telma (Briel & Bauerochse 2022) statt.
Der Dokumentarfilm, ist über die Internetseiten des NLD, der DGMT e.V. und des ALSH sowie über die Internetplattform youtube abrufbar.
Mit der Broschüre „Kulturelles Erbe und Naturschutz in Mooren“ steht eine Informationsschrift für Entscheidungsträger in Behörden, für Planer, Ausführende und an der Thematik interessierte Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung. Sie kann als Download auf den Internetseiten der Projektbeteiligten abgerufen werden.
Ergänzend hat das NLD im Rahmen seiner Podcast-Reihe „Denkmalpflege im Dialog“ einen Beitrag mit dem Thema „Moore und Archäologie" produziert.
Vor dem Hintergrund der großen ökosystemaren und denkmalschutzfachlichen Bedeutung von Mooren und ihrer Böden und mit Blick auf die aktuell intensivierten Bestrebungen, diese Landschaftsräume wieder in Richtung naturnaher Lebensräume zu entwickeln, hat das Projekt auf eine Intensivierung in der fächerübergreifenden Zusammenarbeit abgezielt. Im Zentrum stand das Bestreben, das gegenseitige Verständnis der in den Mooren Agierenden für die jeweiligen Belange der anderen zu verbessern und die Akteurinnen und Akteure in einen Austausch zu bringen.
Die Diskussionen haben deutlich gemacht, dass hier auf allen Seiten große Kenntnislücken im Hinblick auf die unterschiedlichen Schutzziele, Belange und Rahmenbedingungen bestehen. Die rege Beteiligung und das große Interesse an den Veranstaltungen und deren zukünftiger Fortführung zeigen den Bedarf an einer derartigen facherübergreifenden Plattform für den inter- und transdisziplinären Austausch.
Wiedervernässungen und Pflegemaßnahmen können in degradierten Mooren Bedingungen schaffen, unter denen sich naturnahe Lebensräume entwickeln. Entwässerung und Eingriffe in den Boden verursacht hingegen Torfverluste und -umlagerungen und sind unumkehrbar. Sie gilt es daher unter allen Umständen - zumindest jedoch weitestgehend - zu vermeiden . Ein facherübergreifendes Vorgehen bei den Planung und Schulungen der Beteiligten - von Planern bis zu Maschinenführern - kann sich hier positiv auswirken und soll im weiteren Diskurs erörtert werden.