Eine Lebenszyklusperspektive für Gebäude – Vergleichende Analyse der Rahmenbedingungen und Akteurslandschaft zur Einschätzung der Machbarkeit einer Kreislaufwirtschaft im Gebäudesektor
Projektdurchführung
Buildings Performance Institute Europe (BPIE)
Head of BPIE Berlin
Sebastianstr. 21
10179 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Das Projekt hat die Bedeutung einer Lebenszyklusperspektive für den Gebäudesektor vor dem Hintergrund klima- und umweltpolitischer Ziele zielgruppenspezifisch herausgearbeitet und den Handlungsbedarf, sowohl im Bereich der Forschung als auch im Bereich der Umsetzung, identifiziert.
Hierfür wurde:
der deutsche Anreiz- und Rechtsrahmen im Vergleich zu europäischer Gesetzgebung und Initiativen sowie Beispielen guter Praxis in europäischen Mitgliedsstaaten analysiert,
jene Stakeholdergruppen gezielt angesprochen, die relevant im Gebäudebereich sind Bau- und Immobilienwirtschaft einschließlich der Zulieferung, Planung, Architektur, und Eigentumsverbänden; besonderer Fokus lag auf kleinen und mittleren Unternehmen, um ihre Lösungen und Bedenken angemessen reflektieren zu können
Eckpunkte eines Fahrplans für 2050 vor dem Hintergrund der europäischen Entwicklungen und nationalen Initiativen und Rahmenbedingungen vorgeschlagen.
Der Prozess zur Einbindung von Interessenvertreter:innen und die Erstellung eines Fahrplan 2045 waren erste Schritte zur Umsetzung von Lösungen, die einen ressourcenschonenden Umgang entlang der Wertschöpfungskette der Bau- und Immobilienwirtschaft sicherstellen und Wege zu einem klimaneutralen Gebäudebestand 2045 aufzeigen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZu Beginn des Projektes wurde im Rahmen eines Berichtes der europäische Rechts- und Anreizrahmen sowie geeignete Beispiele guter Praxis (z.B. digitale Materialausweise) aus europäischen Mitgliedsstaaten vorgestellt (z.B. Schweden, Niederlande, Finnland, Frankreich).
Download des ersten Berichtes unter: Eine Lebenszyklusperspektive für Gebäude: Der europäische Rechtsrahmen und gute Beispiele aus den Mitgliedstaaten > BPIE - Buildings Performance Institute Europe
Die daran anschließende Analyse des deutschen Rechts- und Anreizrahmens stellte einen Überblick über Strategien, Gesetze sowie Initiativen und Beispiele guter Praxis für eine Lebenszyklusperspektive auf den Gebäudesektor zusammen. Er zeigte, dass nachhaltiges Bauen und die Dekarbonisierung des Gebäudesektors in den letzten Jahren eine spürbare Dynamik in Deutschland entfaltet hat verbindliche Regeln aber noch weitestgehend fehlen. Eine bessere Verzahnung europäischer und nationaler Prozesse kann eine größere Klarheit über das bestehende Anreiz- und Regulierungssystem bringen und damit die Umsetzung von Klimaschutz und Ressourcenschonung vereinfachen und breiter zugänglich machen.
Download des zweiten Berichtes unter: Bausteine einer Lebenszyklusperspektive für mehr Klimaschutz und Ressourcenschonung im Gebäudesektor - Der Deutsche Rechtsrahmen und gute Beispiele aus der Praxis > BPIE - Buildings Performance Institute Europe
Eine systematische Akteursanalse zum Thema wurde durchgeführt um die richtigen Ansprechpartnerinnen und -partner aus der Wirtschaft zu identifizieren. Damit wurden die wichtigsten Akteure strukturiert erfasst und für interne Zwecke visualisiert. Die Stakeholder kommen aus den Bereichen, Wirtschaft (vornehmlich KMUs und Verbände der Bauwirtschaft), Zivilgesellschaft (Verbände), Wissenschaft und Politik. Sie wurden von uns breit durch unsere Veröffentlichungen sowie zu speziellen Themen in vordefinierten Gruppen angesprochen. Die Stakeholderanalyse wurde im Verlaufe des Projektes kontinuierlich ergänzt. Eine Einordnung in verschiedene Diskurse / Politikfelder hat sich als besonders nützlich erwiesen und wurde bspw. im Bericht zu AP 1.2 aufgegriffen. Auch bei Arbeitspaket 2 war es für Einladungen bzw. eine ausgewogene Vertretung der Interessensgruppen hilfreich. Es ist aktuell nicht geplant das Dokument zu veröffentlichen, wenngleich zukünftig eine wissenschaftliche Diskursanalyse darauf aufbauen kann und bei vorhandenen Kapazitäten vom BPIE-Team erarbeitet wird.
Zur Initiierung eines Runden Tisches wurden eine Reihe bilateraler Gespräche geführt, die in erster Linie der Einbindung von Interessenvertreterinnen und -vertretern und der Schaffung eines gegenseitiges Verständnis davon dienten, welche Lösungswege für die jeweiligen Schlüsselakteure gangbar sind. Darunter waren in ersten informellen Gesprächen unter anderem Kontakte mit der deneff sowie BuVEG, der re!source Stiftung e.V., der Gebäudeallianz und NABU. Auch gab es Kontakte mit der DGNB sowie der Stiftung KlimaWirtschaft/ CEWI, um Aktivitäten abzustimmen und Synergien zu identifizieren.
Da die Gespräche der Vertrauensbildung dienten, wurde auf die Verwendung eines Interviewleitfadens verzichtet und stattdessen offene Gespräche geführt, die eine Sondierung der Interessenslage und eine Vorstellung des Projektes ermöglichten.
Im Herbst 2022 wurden noch einmal gezielt Unternehmensvertreter:innen angesprochen und Interviews geführt. Ziel dieser Gespräche war es, Rückmeldung zu ausgewählten Maßnahmen zu erhalten, die für die jeweiligen Stakeholder relevant sind, um diese weiterzuentwickeln und Schwerpunkte für die weitere Bearbeitung zu ermitteln.
Am 5. Juli 2022 hat der erste Runde Tisch stattgefunden. Ausgangspunkt für den Runden Tisch waren die aktuellen Vorschläge auf europäischer Ebene zur stärkeren Berücksichtigung von Lebenszyklusemissionen sowie der Einführung einer Kreislaufwirtschaft im Gebäudesektor, insbesondere im Rahmen des Vorschlags für eine Neufassung der Europäischen Gebäuderichtlinie. Die Diskussion der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat mögliche Lösungen für Deutschland sowie den Zusammenhang verschiedener nationaler Prozesse in den Fokus gerückt. Eine Kurzusammenfassung und Auswertung wurde an den Kreis der Teilnehmenden und angemeldeten Stakeholderverter:innen versendet.
Der zweite Workshop fand am 11. Oktober 2022 statt. Er hatte eine vertiefte Diskussion über Maßnahmenschwerpunkte zum Ziel, v.a. auch aus der Praxisperspektive. Der Teilnehmendenkreis war größer, was die gestiegene Vernetzung im Projekt aufzeigt. Eine Kurzusammenfassung und Auswertung wurde an den Kreis der Teilnehmenden und angemeldeten Stakeholderverter:innen versendet.
Mit den Erkenntnissen aus den vorangegangen Arbeitsschritten (Analyse des Europäischen und Deutschen Rechtsrahmens, Runde Tische, Interviews) wurde ein dritter Bericht der Lebenszyklus-Fahrplan für Gebäude in Deutschland entwickelt, der 1) relevante Politikmaßnahmen benennt und diese zeitlich verortet, sowie 2) Meilensteine und Schritte für die verschiedenen Akteursgruppen aufzeigt. Der Fahrplan wurde Anfang Januar 2023 veröffentlicht und in den sozialen Netzwerken beworben. Darüber hinaus wurde eine Pressemitteilung vorbereitet und versandt.
Download des Lebenszkylus Fahrplans: Lebenszyklus-Fahrplan für Gebäude in Deutschland > BPIE - Buildings Performance Institute Europe.
Ergebnisse und Diskussion
Erst durch eine Lebenszyklusperspektive auf den Gebäudesektor können die Emissionen und der ökologische Fußabdruck ganzheitlich und langfristig verringert werden. Die wurde in den Berichten und in den Runden Tischen sowie der Abschlusskonferenz als zentrale politische Botschaft gesendet. Für die Deutschen Akteure wurde v.a. auch betont, dass die Lebenszyklusperspektive zuletzt zunehmend in den politischen Fokus auf EU Ebene gerückt ist. Die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie die Offenlegungspflichten für das lebenszyklusbezogene Treibhauspotenzial von Gebäuden vorsieht, wurde in der gesamten Projektlaufzeit immer wieder als politischer Ankerpunkt für die deutsche Debatte eingebracht. Demnach sollen für große Neubauten mit mehr als 2000m2 ab 2027 Berichtspflichten über die Lebenszyklus-CO2e-Emissionen gelten; ab 2030 dann für alle Neubauten.
Auch in Deutschland wurde in der Projektlaufzeit eine Lebenszyklusperspektive bei der Neubauförderung integriert. So gelten bei der Bundesförderung Energieeffizientes Bauen (BEG) seit April 2022 Lebenszyklus-CO2e-Grenzwerte als Förderbedingung für den Neubau, die mit dem verpflichtenden Nachweis des Qualitätssiegels Nachhaltiges Bauen (QNG) nachgewiesen werden müssen. In einem eigenen Programm klimaneutrales Bauen sind nun (Stand: Feb 2023) die CO2e-Emissionen im Lebenszyklus der Gebäude noch stärker in den Fokus gerückt worden.
Dies sind erste wichtige Schritte, die aber nicht weitreichend genug sind, um die notwendige Reduktion der baubedingten Emissionen zu erreichen. Das Tempo und das Anforderungsniveau müssen deutlich gesteigert werden.
Vor diesem Hintergrund haben die Projektergebnisse dazu beigetragen, in der Diskusion mit wichtigen Akteuren der Baubranche, zentrale politische Stellschrauben in den relevanten Politikfeldern aufzuzeigen. Auch für die verschiedenen Akteursgruppen konnten im Projekt Meilensteine für die Umsetzung festgehalten werden. Somit hat das Projekt dazu beigetragen, eine klare Orientierung für die Politik, für Hersteller, Architektinnen und Planer, sowie alle weitere im Gebäudebereich relevanten Akteure zu bieten: welche Schritte und Maßnahmen sind bis wann zu gehen, um über die Reduktion der Lebenszyklus-CO2e-Emissionen die Dekarbonisierungsziele im Gebäudebereich zu erreichen.
Verschiedene Akteure, die bei den Runden Tischen sowie der Abschlusskonferenz beteiligt waren, haben ein klares Comittment übernommen, die einzelnen Schritte weiter voranzutreiben. Entsprechend ist ein wichtiges Ergebnis auch, dass ein Netzwerk geknüpft werden konnte, welches gemeinsam Schritte in Richtung einer dekarboniseriten und kreislauffähigen Bauindustrie gehen will.
Es wurde deutlich, dass gerade die Verknüpfung der europäischen und der nationalen Ebene hilfreich ist, und bislang zu wenig gemacht wird. Dies gilt sowohl hinsichltich des Wissens, was auf EU Ebene geplant ist und damit für Deutsche Akteure relevant wird, als auch die guten Beispiele im nationalen Raum auf EU Ebene einzubringen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Folgende Aktivitäten sind im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit erfolgt:
- Erstellung eines Logos und Namensfindung, um den Wiedererkennungswert des Projekts zu steigern
- Projektbeschreibung in DE/ENG auf der BPIE Website
- Ankündigung des Projektes auf Twitter/LinkedIn/Facebook
- Launch der Berichte (AP 1.1 und AP 1.2) auf der BPIE Website mit Beschreibung des Inhalts auf DE/ENG
- Versand der Berichte per Email an relevante Stakeholder
- Social Media Aktivitäten, die die Veröffentlichung der Berichte sowie die Runden Tische begleiten
- Social Media Aktivitäten, die die Abschlusskonferenz am 2. Dezember bewarben
- BPIE Newsletter-Beitrag zum Lebenszyklus-Fahrplan im Januar 2023
- Social Media Aktivitäten und Pressemitteilung, die die Veröffentlichung des Lebenszyklus-Fahrplan bewarben
Darüber hinaus schaffen die Aktivitäten zur Einbindung der Stakeholder selbst eine öffentliche Wirkung; sowohl die Veranstaltung im Dezember 2022 als auch die Publikation Lebenszyklus-Fahrplan im Januar 2023 wurden von beteiligten Stakeholdern auf ihren social Media Kanälen geteilt.
Fazit
Das Thema Lebenszyklusperspektive im Gebäudebereich steht aktuell im Vergleich zu den vergangenen Jahren hoch auf der politischen Agenda sowohl in Europa und Deutschland. Der Austausch zwischen den Politikfeldern, d.h. die bewusste Einladung von Akteuren aus dem Energieeffizienzbereich und aus dem Politikfeld Kreislaufwirtschaft, war sehr hilfrreich, um die Hürden und Synergien für eine Lebenszyklusperspektive herauszuarbeiten. Der Bedarf hier weiter im Austausch zu bleiben wurde von den beteiligten Akteuren immer wieder benannt.
Denn es bleibt auch weiterhin wichtig politikfeldübergreifend Synerigen zu schaffen, um Doppelstrukturen zu vermeiden. Dies wird deutlich bei den verteilten Zuständigkeiten: wenn über eine Lebenszyklusperspektive gesprochen wird, sind nicht nur mindestens drei Bundesressorts zuständig (Bauen, Umwelt, lima & Energie, Digitales), sondern auch verschiedenste Akteure entlang der Lebensphasen eines Gebäudes (Design, Bau, Rückbau, etc.). Es ist nötig, über die Bereitstellung von Daten und Tools Planer:innen zu ermöglichen, wirklich über den Lebenszyklus hinaus planen zu können. Hierfür muss das zentrale politische Rahmenwerk angepasst werden, um Hürden für ein kreislauffähiges und dekarbonisiertes (Um)Bauen zu ermöglichen.
Das Projekt hat dazu beigetragen zentrale Hebel und Schritte zu identifizieren. Viele der noch bestehenden Fragen im Detail können hoffentlich in zukünftigen Arbeiten geklärt werden.
Fördersumme
124.518,00 €
Förderzeitraum
01.08.2021 - 31.12.2022
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik