Projekt 37498/01

Wildtierforschung in der Schule und zu Hause erleben Bildung für nachhaltige Entwicklung mittels Forschungskisten für Schüler:innen

Projektdurchführung

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung Außenstelle Büsum
Werftstr. 6
25761 Büsum

Zielsetzung

Das Corona-Virus beeinflusste den Alltag von Lehre und Lernen, Wissenschaft und Forschung in Deutschland in vielfältiger Weise. Vor allem Schüler*innen mussten Einschränkungen in erheblichem Maße hinnehmen, praxisorientiertes und fächerübergreifendes Lernen fand kaum noch statt. Es entstand daher die Idee, ein Lernangebot zu schaffen, das projektbezogenes Lernen zu aktuellen Themen des Wildtierschutzes ermöglicht und Präsenz- und Online-Unterricht kombiniert.
Der Rückgang der Biodiversität gilt neben dem Klimawandel inzwischen als eine der größten planetaren Krisen unserer Zeit. Dies wird auch in der breiten Bevölkerung und in den Schulen immer deutlicher wahrgenommen. Das Thema rückt stärker in den Fokus der Jugendlichen und deren Bereitschaft wächst, sich umweltbewusst und naturschonend zu verhalten.
Mit der Agenda 2030 wurden 2015 die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) von den Vereinten Nationen vereinbart. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie sieht Bildung, Wissenschaft und Innovation als wichtige Treiber nachhaltiger Entwicklung. Das Wissen um Lebensbedürfnisse, Gesundheitszustand, Populationsentwicklung und anthropogene Belastungen unserer Wildtiere bildet eine grundlegende Voraussetzung für einen nachhaltigen Schutz der Biodiversität an Land, in den Binnengewässern und im Meer. Der Austausch mit Wissenschaftler*innen und das direkte Erleben von Forschung sind dabei in besonderem Maße dazu geeignet, Zugänge zu komplexen Themen zu erleichtern, Zusammenhänge in Ökosystemen begreiflich zu machen und für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren.
Kern des Projektes waren Entwicklung & Einsatz von Forschungskisten als Lernmodule für Schüler*innen verschiedener Klassenstufen für Präsenz- und Onlineunterricht mit Bezug auf die SDGs. Am Beispiel von Wildtierarten wurden ökosystemare Zusammenhänge, Umweltproblematiken sowie unterschiedliche Nachhaltigkeits-Dilemmata aufbereitet. Neben der Vermittlung wissenschaftlich fundierter Fakten ist das Ziel, dass sich die Schüler*innen selbst wie Forschende fühlen, ihre Rolle in der Umwelt reflektieren, ihr Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein stärken, sowie Strategien für komplexe Problemlösungen erarbeiten und Gestaltungskompetenzen erwerben.
Themen: Gefahren & Schutzmöglichkeiten für den Fischotter; Mikroplastik in Wildtieren; Bioakustik – Kommunikation von Wildtieren; Barrieren für Wildtiere zu Land & zu Wasser; Effekte der Landwirtschaft auf Niederwildarten; Invasive Arten – Prävention & Früherkennung

Arbeitsschritte

Es wurden insgesamt sechs Lernmodule erstellt, orientiert an den Lehrplänen Schleswig-Holsteins, insbesondere für Biologie, Geographie/Sachkunde sowie Physik und Chemie sowie Ethik.
In verschiedenen Arbeitsphasen wurden in einem interdisziplinären Team aus Mitarbeitenden des ITAW sowie den Kooperationspartner*innen die Struktur der Lernmodule konzipiert, ein Leitfaden für die Umsetzung entwickelt sowie die Inhalte zusammengetragen. Die Forschungskisten wurden – abhängig vom Thema und der Zielgruppe/Klassenstufe – in verschiedenen Varianten produziert, sodass sie entweder in Präsenzunterricht, in Kombination Präsenz-Online/Homeschooling (Blended-Learning) oder nur im Homeschooling/Online bearbeitet werden können. Sie enthalten Materialien für Experimente und mikroskopische Untersuchungen, für die Präsenz- bzw. blended-learning-Module Hardware wie ggf. Tablets und Mikroskope, Proben und Anschauungsmaterial wie Schädel, Knochen, Felle. Die Unterrichtsmaterialien und Filme werden in digitaler Form angeboten. Das beigefügte Begleitmaterial für Lehrkräfte umfasst Hintergrundinformationen als Einführungen in das Fachthema und Lösung-/Ergebnisbögen. Für alle Lernmodule erstellte das ITAW verschiedene Filme: einen allgemeinen Einleitungsfilm, der in die Arbeit des ITAW einführt, sowie sechs themenspezifische Filme und Interviewsequenzen mit verschiedenen Wissenschaftler*innen des Instituts zu den jeweiligen Themen.
Alle Lernmodule wurden im Laufe des Projektes ein- oder mehrfach getestet, sowohl an der Kooperationsschule als auch an externen Veranstaltungen wie beispielsweise der Ideen-Expo. Die Testeinsätze dienten der Überprüfung des Grundkonzepts und einzelner Aufgaben. Kurze Fragebögen dienten der Evaluation, ob Aufgaben verstanden und Inhalte transportiert werden konnten. Darüber hinaus erfolgten offene Gespräche mit den Lehrkräften und Schüler*innen. Nach der Auswertung der Evaluation wurden einzelne Aufgaben angepasst. Alle Lernmodule sind mit Feedbackbögen ausgestattet, so dass auch nach Projektabschluss und unter regulärem Einsatz eine Evaluation erfolgt und Überarbeitungen möglich sind.
Das Konzept der Forschungskisten basiert auf den didaktischen Prinzipien der BNE. So werden mit Hilfe unterschiedlicher Methoden aktivierenden Lernens in den Lernmodulen und -modellen der Forschungskisten die Prinzipien der BNE angewandt und in Bezug zu verschiedenen Gestaltungskompetenzen, insbesondere Handlungs- und Beurteilungskompetenzen, gebracht.

Ergebnisse

Sechs Forschungskisten (FK) wurden konzipiert, erarbeitet, getestet und weiterentwickelt. Testbezug sowohl auf didaktische & methodische Umsetzung als auch inhaltliche „Erfolgskontrolle“.
FK „Gefahren & Schutzmöglichkeiten für den Fischotter“: auf spielerische Weise die unterschiedlichen Aspekte des Fischotters, seines Lebensraums & Schutzes kennenlernen. Zielgruppe (ZG): Grundschule 3. & 4. Klasse sowie SEK I, 5. und 6. Klasse. Präsenzunterricht.
FK „Mikroplastik in Wildtieren: Vor- & Nachteile von Plastik in Bezug auf individuelle Gesundheit und Umwelt diskutieren. Entwicklung einer alternativen Plastikverpackung. ZG: SEK II 10.-13 Kl. Präsenzunterricht.
FK „Bioakustik, Kommunikation von Wildtieren“: Grundlagen der Bio-Akustik kennenlernen, den Zusammenhang zwischen Lärm und gesundheitlichen Problemen bei Wildtieren verstehen und Möglichkeiten zur Schalldämmung finden. ZG: SEK I & II 8.-10. Kl. Blended learning (Kombination digitaler und analoger Methoden) zuhause und in der Schule.
FK „Umgang mit Invasiven Arten“: Einblick in die Welt der heimischen und gebietsfremden Tier- und Pflanzenarten. Erweiterung von Artenkenntnis und Verständnis dafür entwickeln, wie und v.a. warum sich bestimmte Tiere und Pflanzen erfolgreicher verbreiten als andere. Früherkennung invasiver Arten. ZG: SEK I & II 8.-10. Klassen. Blended learning.
FK „Barrieren für Wildtiere zu Land & zu Wasser“: Auswirkungen anthropogener Barrieren an Land, im Wasser & in der Luft auf Wildtiere beurteilen, Lösungen für Probleme finden. ZG: SEK II 10.-13. Kl. Blended learning. Möglichkeit, eine eigene FK für SEK I 5.-6. Kl. zu erstellen.
FK „Effekte der Landwirtschaft auf Niederwildarten": Überblick über die Auswirkungen der gegenwärtigen Landwirtschaft auf Wildtiere, Fokus auf den potenziell nachteiligen Auswirkungen & deren Minimierung. ZG: SEK I & II 9.-12. Kl. Online / im Homeexploring, auch für Präsenz geeignet.
Die FK fanden sehr gute Resonanz, v.a. der Workshop-Charakter, insbes. die Experimente und Betreuung durch wissenschaftliche Mitarbeitende des ITAW bzw. des Kooperationspartners STM wurden positiv bewertet. Elemente des Blended-learning kamen zwar sehr gut an, eine vollständige Online-Bearbeitung konnte aber nicht überzeugen. Schüler*innen zeigten eine deutliche Präferenz für das Lernen und Miteinander-Arbeiten in Präsenz. Die aktivierenden Elemente, wie sie durch die Prinzipien der BNE vorgesehen waren, haben gut „funktioniert“ u. wurden von den Schüler*innen sehr gut umgesetzt.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Lernmodule werden für Umweltbildungs- und Öffentlichkeitsarbeit von TiHo/ ITAW genutzt, z.B. IdeenExpo, Schulklassen, KinderUni-Reihe. Eine Weiterführung ist gesichert, denn Wissenstransfer & Wissenschaftskommunikation, v.a. Jugendliche, gehören zum Selbstverständnis der TiHo. Alle Lernmodule sind als Unterrichtsangebote über die Website der TiHo abrufbar u. werden hier beworben.
Kooperationspartner Start-up Unternehmen Science Transfer Mission (STM): Kooperation bezieht sich auf alle Forschungskisten der TiHo. STM stellt die Verbindung zwischen den Schulen und dem ITAW her, kümmert sich um das Angebot, den Verleih, Versand bzw. Download der Lernmodule. Mitarbeitende geben Support für die Lehrkräfte.
Ferner Angebot auf BNE-Portal des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, unter der Rubrik Datenbanken-Website.
Zur Vermarktung stehen weitere Portale zur Verfügung, die v.a. von Lehrkräften genutzt werden wie „Eduki“, „Lehrerfreund“, „4teachers“. Angebot für Lehrerfortbildungen, z.B. Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holsteins bzw. deren Länderäquivalenten, Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik). Vorgesehene Kooperation mit Nationalparkschulen oder Umweltbildungsarbeit der Verbände

Forschungskisten TiHo-WebsiteSTMBNE-Portal

Fazit

Das Projekt verknüpft nachhaltigkeitsorientierte Forschung mit Lehre und zeigt Wege, wie Jugendliche sich über die Schule und darüber hinaus für nachhaltige Entwicklung einsetzen können. Ihnen werden schrittweise Möglichkeiten des Handelns in ihrem eigenen persönlichen Umfeld geboten: von der Realisierung eigener kreativer Unterrichtsmodule, Zukunftswerkstatt, gemeinsames Gestalten des Unterrichts in Gruppen über die Mitwirkung an realen Projekten bis hin zum konkreten Selbst-Handeln im Hinblick auf nachhaltigen Konsum und der eigenen Berufswahl im Feld angewandter Naturschutzforschung.
Insgesamt kann das Konzept der Forschungskisten als sehr erfolgreich bewertet werden. Die Lernmodule eignen sich in besonderem Maße, den Wissenstransfer an Schüler*innen zu realisieren. Am besten lassen sich die Forschungskisten in einem mehrtägigen Projekt bearbeiten (siehe Endbericht). Die digitalen Lernangebote können jedoch die Arbeit in Präsenz sowie den persönlichen Kontakt zu Wissenschaftler*innen nicht vollständig ersetzen. Gerade die Gestaltung des Unterrichts durch Forschende sorgte für eine besondere Offenheit und Aufgeschlossenheit der Schüler*innen.
Als hilfreich erwies sich die Verknüpfung mit den jeweiligen Lehrplaninhalten der entsprechenden Klassenstufen. So konnten die Schüler*innen teilweise auf Vorwissen zurückgreifen; die Lehrkräfte können das Forschungskisten-Thema besser in den Lehrplan integrieren oder Lehrplaninhalte mit den Lernmodulen vertiefen.

Übersicht

Fördersumme

115.800,00 €

Förderzeitraum

01.01.2022 - 31.08.2023

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik