Projekt 37145/01

Viren in der Uferfiltration In-situ-Monitoring und Risikomanagement unter spezieller Berücksichtigung des Einflusses von Extremwetterereignissen (VIRUMEX)

Projektdurchführung

Technische Universität Berlin Fachgebiet Hydrogeologie Institut für Angewandte Geowissenschaften
Ernst-Reuter-Platz 1
10587 Berlin

Zielsetzung

Uferfiltration ist eine gängige Methode zur Trinkwassergewinnung bei begrenztem natürlichen Grundwasserangebot und wird in vielen Regionen Deutschlands mit großen Oberflächengewässern, wie z.B. in Berlin, Düsseldorf und Hamburg eingesetzt. Rohwasser, das durch Uferfiltration gewonnen wird, ist gefährdet durch den Eintrag von Schadstoffen aus Oberflächengewässern. Schadstoffe können neben organischen Verbindungen und Schwermetallen auch Krankheitserreger, wie Viren und Bakterien, sein. Die deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV) beinhaltet aktuell nur Grenzwerte für bestimmte Indikatorbakterien, wie Escherichia coli und Enterokokken. Im aktuell gesetzlich festgelegten Messprogramm für die Trinkwasserqualität sind humanpathogene Viren kein Bestandteil.

Die im Jahr 2021 in Kraft getretene neue EU-Trinkwasserrichtlinie (EU-TWR) sieht vor, somatische Coliphagen als Indikatorviren für Grundwasserverunreinigungen durch humanpathogene Viren zu nutzen, da die Detektion der somatischen Coliphagen deutlich einfacher ist als die der humanpathogenen Viren, wie z.B. Adenoviren. Dabei ist zu beachten, dass somatische Coliphagen keine Krankheitserreger für Menschen sind. Auf Grund des unterschiedlichen Transportverhaltens verschiedener Viren ist jedoch davon auszugehen, dass Indikatorviren und -bakterien nur beschränkt aussagekräftig für humanpathogene Viren sind. U.a. haben unsere Untersuchungen am Rhein und im Uferfiltrat des Wasserwerks Flehe gezeigt, dass die Existenz und das Abbaupotential somatischer Coliphagen nicht in direkter Korrelation zu humanpathogenen Viren, z.B. Adenoviren, stehen muss (Knabe et al., 2023).

Verschiedene Faktoren können dazu führen, dass eine erhöhte Virenbelastung im Oberflächengewässer auftreten und eine Migration in das Rohwasser zur Folge haben kann. Zum einen können hydrologische Veränderungen als Folge des Klimawandels, z.B. häufigere Extremereignisse wie Trockenperioden und besonders Hochwasser (Blöschl et al., 2019), die natürliche Reinigungswirkung der Uferfiltration verringern. Zum anderen können Bevölkerungswachstum, Urbanisierung sowie Landnutzungsänderungen dazu führen, dass die Abwasserbelastung in Flüssen zunimmt (Wen et al., 2017).

Die neue EU-Trinkwasserrichtline (EU-TWR) erfordert zusätzlich zur Einhaltung von Grenzwerten risikobasierte Ansätze für die ereignis-basierte Überwachung der Wasserqualität, wie bspw. das Water-Safety-Plan-Konzept (WSP) der WHO (World Health Organization). Der WSP sieht für einen Wasserversorger die Beschreibung des gesamten Trinkwasserversorgungsystems vor, einschließlich einer Erfassung aller möglichen Eintragsquellen von Gefährdungen für die Trinkwasserqualität. Eine Risikobewertung für jede einzelne Kombination von Gefährdung und Gefährdungsereignis in Form einer Risiko-Matrix nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß, liefert klare Monitoring- und Handlungsprioritäten zur Risikominimierung. Basierend auf der neuen EU-TWR werden Wasserversorger zeitnah vor dem Problem stehen, zum Teil komplexe Risikobewertungen durchführen zu müssen. Das bedeutet, dass eine Vielzahl an Gefährdungsereignissen im Hinblick auf die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefahrenquelle einzustufen ist.

Ziel des Projektes ist es, Wasserwerksbetreibern eine wissenschaftlich fundierte Bewertung des Risikos und Transports humanpathogener Viren bei der Uferfiltration unter Berücksichtigung aktueller gesetzlicher Vorgaben (EU-TWR) und Empfehlungen der WHO zu ermöglichen. Dabei soll insbesondere der Einfluss von Extremwetterereignissen (Starkniederschläge, Hochwasserperioden, Niedrigwasser) und messtechnischen Unsicherheiten in der Risikobewertung berücksichtigt werden. Die Zielstellung gliedert sich in folgende Meilensteine:
(i) Entwicklung eines Prototyps eines Viren-Mess-Chips zur kostengünstigen und schnellen Detektion von humanpathogenen Viren im (Grund-)Wasser (Schwerpunkt Adenoviren), welcher keine Auswertung im Speziallabor benötigt, sondern vom Wasserwerksbetreiber vor Ort ausgewertet wird und schnell aussagekräftige Informationen liefert,
(ii) Empfehlungen zum Einsatz des Viren-Mess-Chips in Grundwassermessstellen, im Hinblick auf Messstellenaus- und -aufbau, optimale Lage der Messstellen, Messintervalle, Messunsicherheit, Detektionslimit und Grenzwerte,
(iii) Validierung, Generalisierung und Erweiterung der Toolbox zur Risikobewertung von humanpathogenen Viren in der Uferfiltration basierend auf Ergebnissen aus dem Vorgängerprojekt sowie durch Einbeziehung weiterer Uferfiltrationsstandorte in Leipzig und Berlin,
(iv) Ableitung eines optimalen event-basierten Monitoringkonzeptes zur Überwachung von Uferfiltrationsstandorten speziell während Extremwetterereignissen (Hochwasser/Niedrigwasser) und
(v) Entwicklung von Handreichungen zur Risikobewertung und Überwachung von humanpathogenen Viren bei der Uferfiltration zur Unterstützung von Wasserwerksbetreibern bei der Umsetzung des risikobasierten Water Safety Plans gemäß der Empfehlungen der WHO.

Übersicht

Fördersumme

390.442,00 €

Förderzeitraum

01.03.2022 - 31.12.2025

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik