Angesichts zunehmender Dürren und Extremwettergefahren sowie der unvermindert starken Verbissschäden sind die Brandenburger Wälder stark gefährdet in ihrer Multifunktionalität und Nachhaltigkeit (ausbleibende Verjüngung und Diversifizierung der Waldstruktur, Krankheiten/Schädlingsbefall, Waldbrände, etc.). Gerade bezüglich des nachhaltigen Managements von Körperschaftswäldern gestaltet sich die Entwicklung von langfristig tragenden und konsensfähigen Nutzungskonzepten oft als äußerst schwierig. Dies ist vorwiegend auf die Komplexität der Herausforderungen sowie teils heftigen Konfliktlinien zwischen diversen Interessensgruppen (Förster- vs. Jägerschaft, Amt/Politik, Naturschutzvereine, Anlieger, Erholungssuchende, Unternehmen, etc.) zurückzuführen. Häufig fühlen sich einige zentrale Akteure zu wenig eingebunden in kommunale Entscheidungsprozesse, was deren Legitimität und Beständigkeit angesichts des langfristigen Zeithorizonts gefährdet. Vor allem aber bleibt den Beteiligten meist unklar, welche eventuell innovativen und kreativen Handlungsoptionen es für die konkreten Kontexte bezüglich einer nachhaltigen Waldnutzung im Klimawandelkontext überhaupt gäbe, und welche Potentiale, Machbarkeit und Nebenwirkungen diese Optionen aus ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Perspektive jeweils haben würden. Die Situation des Stadtwaldes in Biesenthal (1.300 ha) steht beispielhaft für diese vielfältigen Problemlagen der Körperschaftswaldstruktur u.a. in Brandenburg.
Gesamtziel dieses Vorhabens ist vor diesem Hintergrund die Durchführung (in Biesenthal) und vor allem die inter-kommunale Verbreitung eines neuartigen partizipativen Beratungsprozesses über Handlungsalternativen – der im Unterschied zu üblichen Ansätzen sowohl die inhaltlich-wissenschaftliche als auch die politisch-soziale, konfliktreiche Komplexität von Waldmanagement-Konzepten in sachgerechter und legitimer Weise anzugehen vermag. Es handelt sich um einen u.a. auf internationaler Deliberationsforschung beruhenden, gemeinsamen Deliberations- und Lernprozess von Wissenschaft, Bürgerschaft, Politik und Stakeholdern, bei dem Handlungsalternativen zur nachhaltigen Waldnutzung im Lichte der unterschiedlichen Werte und Ziele aller Akteure iterativ ko-produziert, dann bewertet und revidiert und schließlich enggeführt werden. Im Kern wird dieses dreiphasige Verfahren mit ca. 16 Bürger:innen durchgeführt, die in einer zweistufigen Zufallsauswahl zu Beginn des Prozesses repräsentativ für die Bevölkerungsstruktur vor Ort ausgewählt werden. Flankiert wird dieser Bürgerdeliberationsprozess von einem parallelen, aber eng verknüpften Beratungsprozess mit Amt/Politik und Stakeholdern. Auf der Grundlage der ko-produzierten Handlungsalternativen trifft die Stadtverordnetenversammlung am Ende die politische Entscheidung. Dieser gemeinsame, wissenschafts- und werteinformierte Deliberationsprozess über Handlungsalternativen ist vielversprechend, insofern er (1) Lernen über neue, relevante Aspekte von Handlungspfaden und über gänzlich neue Handlungsoptionen bei allen Beteiligten – einschließlich der Wissenschaft – bewirken kann; (2) sowie relativ hohe Legitimität, Ownership und sogar politische Konvergenz selbst in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft. Dies kann zu nachhaltigeren und zugleich langfristig politisch tragfähigen, inhaltlich aus mehreren Perspektiven sinnvollen Waldnutzungskonzepten führen. Das Projektkonsortium möchte dieses dann in Biesenthal demonstrierte und wohldokumentierte Verfahren systematisch als ein „Leuchtturmprojekt“ in andere Kommunen in Brandenburg und weiteren Bundesländern mit ähnlichen Waldkonflikten tragen. Auch die entwickelten inhaltlichen Ideen für Waldmanagement werden weitergegeben, soweit auf andere Kontexte übertragbar. Zudem werden Hochschul-Lehrmaterialien sowie ein praxistauglicher kommunaler Leitfaden für die deliberativ-partizipative Entwicklung integrierter, nachhaltiger Waldnutzungskonzepte im Klimawandelkontext bereitgestellt.
Folgende Maßnahmen und Methoden wurden zur Erreichung der beiden Projektziele eingesetzt – in Klammern jeweils verantwortliche Projektpartner:
Alle 2-3 Monate traf sich der Steuerkreis, d.h. alle Projektpartnerinstitutionen (MCC: Projektleitung, HNEE: Wald-Fachwissen, Civilog: Prozessmanagement, Stadt: Mitdurchführung und politische Bestimmungen). Zentrale Aufgaben: übergeordnete Steuerung und Prozessdesign, Stakeholder-Auswahl, Absprachen zur politischen Aufnahme der Prozessergebnisse sowie Konfliktregelung rund um den Beteiligungsprozess.
Zu Projektbeginn (März-Apr 2021) wurde eine Website und Infomaterialien erstellt sowie eine passend qualifizierte Moderatorin engagiert [Civilog, MCC]. Auch erfolgte die aufwändige Einladung und die möglichst repräsentative, zweistufige Zufallsauswahl der Bürger:innenratsmitglieder und der lokalen Stakeholder (u.a. aufgrund ihrer diversen Waldexpertisen) [Civilog, Stadt].
Die 1. Beteiligungsrunde begann im April 2021 mit Interviews mit dem Stakeholderstrang über deren Sicht auf Problem- und Zieldimensionen des Stadtwaldes [HNEE]. Auf dieser Basis fand Ende Mai 2021 (coronabedingt online via Zoom) das 1. Bürger:innenratstreffen statt, um Problem- und Zieldimensionen des Stadtwaldes gemeinsam zu erörtern – die Sichtweisen der Wissenschaft und der Stakeholder flossen hier ein [HNEE, MCC, Civilog]. Im Lichte dieser vieldimensionalen Problem- und Zieldimensionen entwickelte die HNEE im Sommer 2021 erste, alternative Handlungsoptionen.
Diese flossen in die 2. Beteiligungsrunde ein, deren Auftakt das physische Treffen der Stakeholder im Sept. 2021 bildete [HNEE, MCC, Civilog]. Anhand der Stakeholder-Anmerkungen zu den Handlungspfaden wurden die Optionen überarbeitet und schließlich in einer speziell entwickelten Tablet-App umfassend visualisiert [HNEE]. Denn so kann komplexe Nachhaltigkeits-Wissenschaft für Laien erfahrbar und zugänglich gemacht werden. Beim 2. Bürger:innenratstreffen im Nov. 2021, wo es erstmals auch ein direktes Treffen mit Stadtverordneten gab, wurden dann anhand dieser Tablet-App und im persönlichen Dialog mit den Fachleuten der HNEE die Handlungspfade ausgiebig diskutiert [HNEE, MCC, Civilog, Stadt]. Der Fokus der 2. Beteiligungsrunde lag auf den vermuteten konkreten Auswirkungen möglicher Handlungsoptionen und der Bewertung derselben aus unterschiedlichsten Perspektiven – jeweils unter Angabe von Begründungen einschließlich tieferer Wertvorstellungen, um ernsthaften deliberativen Austausch statt bloßer Meinungsmache zu gewährleisten und um die tieferen Ziel- und Wertvorstellungen der Akteure miteinbeziehen zu können in die Entwicklung von Handlungsoptionen.
Dies wiederum wurde dann zu Beginn der 3. Beteiligungsrunde von den Stakeholdern schriftlich kommentiert im Dez. 2021 und vom Bürger:innenrat beim 3. Treffen im Febr. 2022 vertieft und ebenfalls noch einmal bewertet und kommentiert – erneut mit wissenschaftlicher Unterstützung zu Waldfragen [HNEE, MCC, Civilog]. Daraus resultierte anschließend ein 40-seitiger, mit Freiwilligen vom Bürger:innenrat ko-produzierter, wissenschaftlich fundierter Abschlussbericht für Biesenthal zu den Vor- und Nachteilen alternativer Stadtwald-Management-Optionen aus verschiedenen Perspektiven. Dieser wurde den Stadtverordneten beim finalen Gemeindegipfel im März 2022 präsentiert als wohlinformierte, ausgewogene Entscheidungsgrundlage für ein neues Waldkonzept.
Die ausgiebige Dokumentation und Kommunikationsarbeit in Biesenthal und nach außen an andere interessierte Kommunen und anderen Institutionen war ein weiterer wesentlicher Baustein unserer Tätigkeit, nicht zuletzt etwa mittels eines Films (Interviewdokumentation) zum Beteiligungsprozess [MCC, Civilog, HNEE]. Neben der Erstellung von Infomaterialien zum Prozess und zu Waldmanagement, einer neuen Info-Website, Auftritten bei mehreren Info-Veranstaltungen und Fachkonferenzen sowie der bilateralen Kontaktaufnahme wurde eine zentrale Infoveranstaltung im Sept. 2022 organisiert für alle beteiligungsinteressierten Kommunen und anderen Institutionen in Brandenburg und ganz Deutschland, teils auch zu anderen Nachhaltigkeits- und Klimafragen [MCC, Civilog, HNEE]. Décider Ensemble unterstützte den Projektverbund beratend u.a. zur Weiterverbreitung der Verfahrensidee europaweit.
Die intensive Verknüpfung eines interdisziplinären wissenschaftlichen Assessments mit einem Beteiligungsprozess mit Bürger:innen und Stakeholder samt deren Wertvorstellungen geht über die übliche Konzeption und Praxis von Partizipation im Nachhaltigkeitsbereich hinaus – zumal das Ziel nicht eine (politisch ggf. leicht ausspielbare) direkte Handlungsempfehlung oder gar Entscheidung ist, sondern vielmehr die beratende Exploration von Handlungsalternativen. Dadurch wird nicht nur allseitiges Lernen über Umweltprobleme und Handlungsmöglichkeiten befördert. Auch die am Ende präferierten, wohlinformierten Optionen können gesellschaftlich tragfähiger sein.
Die Erfolgskriterien für das Modellprojekt in Biesenthal umfassten: (1) wahrgenommene gesellschaftlich-politische Legitimität des Prozesses, v.a. aus Sicht der Akteure; (2) Lernprozesse aller Beteiligten über Handlungsmöglichkeiten zum Stadtwald; sowie (3) eine bessere verfügbare Entscheidungsgrundlage für die Stadtverordnetenversammlung, die möglichst viele Perspektiven und wissenschaftliche Aspekte einbezieht. Zwar sind die methodisch-systematischen Begleitforschungsergebnisse sowie der Ausgang des politischen Entscheidungsprozesses noch abzuwarten. Anhand bisheriger Beobachtungen und Aussagen von Prozessakteuren lässt sich aber feststellen, dass die Legitimität des Prozesses von den beteiligten Gruppen als relativ hoch wahrgenommen wurde, unterschiedlichste Sichtweisen wurden einbezogen. Zudem gab es trotz aller Komplexität starke Lernprozesse auch im Sinne der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, nicht zuletzt beim Bürger:innenrat. Die beteiligten Bürger:innen entwickelten eine bemerkenswert vertrauensvolle Beziehung zur Wissenschaft, die sowohl ein visualisiertes Assessment von Handlungsalternativen bot als auch persönlich zum unmittelbaren Dialog bereitstand. Der geschaffenen Entscheidungsgrundlage wurde schließlich von den Stadtverordneten eine hohe Relevanz und Glaubwürdigkeit beschieden.
Somit demonstrierte der Bürger:innenrat, dass Bürger:innen in Zeiten des Populismus sehr wohl fähig und willens zur argumentativen, offenen und konstruktiven Deliberation sind, trotz unterschiedlicher Wertvorstellungen und Sichtweisen. Die teilnehmenden Bürger:innen stellten sich also (s. auch Abschlussdokument des Prozesses) eindrucksvoll der großen Komplexität von Waldmanagement und akzeptieren diese zunehmend.
Der ursprüngliche Kosten- und Zeitplan wurde dabei eingehalten. Jedoch war dies nur möglich aufgrund des hohen ehrenamtlichen Engagements v.a. von Civilog, das sich so nicht unbedingt übertragen lässt auf andere Kommunen, so dass zukünftig stärker auf die Organisation finanzieller Ressourcen geachtet werden muss.
Was waren nun die Empfehlungen aus dem Beteiligungsprozess für die Stadt? Einhellig gewünscht wird perspektivisch ein Mischwald mit verschiedenartigen, standörtlich jeweils angepassten, größtenteils einheimischen Laub- und Nadelbäumen. Die höheren Verjüngungskosten für die Laubbäume könnten zunächst durch erhöhten Holzverkauf und Fördermittel gedeckt werden – sofern nicht allzu viele neue, kostspielige Zäune gegen Bäumchenverbiss durch Rehe erforderlich werden. Die Unsicherheit über das umstrittene tatsächliche lokale Ausmaß von solchem Verbiss soll durch ein fachgerechtes Monitoring schnell behoben und die Jagdstrategien gezielt angepasst werden. Der Bürger:innenrat plädiert zudem einhellig dafür, dass die Stadt die PEFC-Zertifizierung möglichst bewahrt. Der Bürger:innenrat erwog auch zusätzliche Naturschutzmaßnahmen, v.a. deutlich mehr ökologische Vorrangflächen, und debattierte Vor- und Nachteile von denkbaren Einrichtungen im Wald für die Menschen – etwa ein „grünes Klassenzimmer“ für die Schulen, ein Bestattungswald, ein Wasserwandelpfad oder eine Hundeauslaufzone. Der Rat empfiehlt zudem eine bessere öffentliche Kommunikation zum Wert und den Regeln des Stadtwaldes – als ein „Schatz der Heimat“, den es für zukünftige Generationen unbedingt zu bewahren gilt.
Die Umweltentlastung wäre im Vergleich zum „Business-As-Usual“-Management des Stadtwaldes groß, wenn die Stadt diese Empfehlungen und Argumente befolgt, nicht zuletzt durch die dadurch zu erwartende weitaus höhere Resilienz etwa gegenüber Klimawandel, Waldbrand und Schädlingsbefall. Dies würde zudem ökologischen Artenreichtum befördern, den Wasserhaushalt besser schützen und den Stadtwald gesünder machen. Sowohl Bürger:innenrat als auch Stakeholder tendierten in diesem völlig ergebnisoffenen Lernprozess also zu einem Waldmanagement im ganzheitlichen, vollen Sinne von ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nachhaltigkeit.
Für die große Bereitschaft der Stadt, diese – deutlich über derzeitige umweltgesetzliche Regelungen hinausgehende – Empfehlungen im noch ausstehenden Entscheidungsverfahren tatsächlich zu befolgen, sprechen neben deutlichen Einzelaussagen von Stadtverordneten die öffentlich versprochenen und mehrfach bestätigten prozeduralen Schritte, wie etwa die Gründung eines langfristigen Waldbeirats der Stadtverordnetenversammlung u.a. mit Bürger:innenratsmitgliedern; oder die erneute Einladung zu einem Gemeindegipfel, sobald die Stadtverordneten sich einer mehrheitsfähigen Beschlussvorlage angenähert haben; etc.
Was den Erfolg der langfristig angelegten Verbreitung der Verfahrensidee in andere Kommunen anbelangt, lässt sich zum Projektende zunächst nur sagen, dass grundsätzlich erstaunlich viel Interesse aus unterschiedlichen Kommunen und anderen Institutionen am Beteiligungsprozess besteht – nicht nur zur Waldthematik, sondern auch zu anderen Nachhaltigkeitsherausforderungen.
Der Projektverbund kommunizierte die Idee sowie die Ereignisse, fachlichen Hintergrundmaterialien und die Ergebnisse des modellhaften Beteiligungsprozesses in Biesenthal in unterschiedlichster Weise nach außen sowie natürlich für Biesenthal und alle Prozessakteure selbst. Eine Auswahl unserer Kommunikationsaktivitäten – mit der Hauptzielgruppe von beteiligungsinteressierten Kommunen:
• Werbung für Bürger:innenrat: mittels Straßenplakate, Briefeinwurf für alle Haushalte, Amtsblattveröffentlichung, Website-Info und weiterer Kanäle wurde die Möglichkeit der Beteiligung am Biesenthaler Prozess vor Ort beworben, wofür auch eigene Logos und Grafiken entworfen worden waren. Einige Akteure aus dem Biesenthaler Prozess sowie aus dem eingerichteten Projektbeirat betätigten sich als Multiplikator:innen und halfen aktiv mit bei der Verbreitung der Verfahrensidee. Im Mai 2022 waren wir zudem – gemeinsam mit Freiwilligen aus dem Bürger:innenrat – auf dem Barnimer Regionalmarkt mit einem kreativen Infostand sowie Bühneninterviews mit Bürgermeister und Bürger:innenratsmitgliedern präsent, um lokal und in der gesamten Region über den Prozess zu informierten und zu neuen Initiativen dieser Art anzuregen.
• Newsletter: Alle 5-6 Wochen wurde ein Info-Newsletter an alle intern oder extern am Biesenthaler Prozess Interessierten verschickt mit Berichten zu aktuellen Entwicklungen des Prozesses, Veranstaltungsankündigungen, etc.
• Interviewdoku: Auf den Websites verlinkt ist zudem ein online frei zugänglicher Kurzfilm zum Biesenthaler Prozess von Jonas Schatz im Auftrag des MCC. Der 10-minütige Clip gibt einen unterhaltsamen und informativen Eindruck des Prozesses aus unterschiedlichen Perspektiven.
• Projektwebsites: Auf den Projektwebsites www.civilog.de/waldbrandenburg und www.pem-process.org stellen wir Beteiligungsinteressierten zudem fundierte Infomaterialien zum Verfahrensansatz und seinen Anwendungsbeispielen in Biesenthal und anderswo sowie Kontaktmöglichkeiten bereit, so z.B. kurze InfoSheets und FAQ sowie Berichtsdokumente zu einzelnen Abschnitten des Biesenthaler Prozesses.
• Wald-Materialien: Auf den Projektwebsites finden sich auch zahlreiche, ursprünglich für den Biesenthaler Beteiligungsprozess erstellte, auch für Laien spielerisch und niedrigschwellig zugängliche Infomaterialien, so etwa die Tablet-App, welche anschaulich visualisiert und interaktiv alternative Waldzukunftspfade mit je unterschiedlichen Werte-Schwerpunkten darstellt; eine virtuelle Waldführung mit zahlreichen Erklärungen zu Nachhaltigkeitsaspekten; ein Glossar und fachkundige Beantwortungen von Fragen der Bürger:innen; sowie diverse Info-Sheets zu besonderen Themen rund um nachhaltiges Waldmanagement. Auch mehrere informative Waldbegehungen vor Ort wurden organisiert.
• Medienbeiträge zum Prozess: In regionalen Zeitungen (MOZ), überregionalen Fachzeitschriften und News-Websites veröffentlichten wir u.a. mittels Pressemitteilungen mehrere Berichte von der Idee und vom Fortgang des Biesenthaler Beteiligungsprozesses.
• Fachveranstaltungen: Auf zahlreichen selbst- oder fremdorganisierten Fachveranstaltungen präsentierten und diskutierten wir den Verfahrensansatz sowohl mit interdisziplinär-akademischen als auch mit Praxis-Communities (z.B. am 7. April 2022 eine große Online-Fachveranstaltung des MCC, zu der zahlreiche Beteiligungsexpert:innen aus ganz Deutschland erschienen waren und unseren Ansatz diskutierten); die HNEE baute die Erfahrungen und Inhalte in Unterrichtsmaterialien ein (Multiplikator:innen-Effekte zu erwarten).
• Direkte Kontakte: Bilateral gab es mehrere Kontakte mit einzelnen interessierten Kommunen sowie Dachverbänden (etwa dem deutschen Städte- und Gemeindebund).
• Zukünftige Maßnahmen umfassen u.a.: (1) weitere Auftritte bei Fachveranstaltungen zum Thema Beteiligung, so auch in Rennes (Frankreich) im Okt. 2022 in Zusammenarbeit mit Décider Ensemble; (2) weitere direkte Kontakte mit Kommunen und anderen beteiligungsinteressierten Institutionen in Brandenburg und ganz Deutschland (perspektivisch auch im europäischen Ausland, u.a. dank der Unterstützung von Décider Ensemble), auch jenseits der Waldthematik mit anderen Themen des Klima- und Nachhaltigkeitsbereichs; (3) weitere wissenschaftliche und mediale Veröffentlichungen, u.a. ein ko-produzierter Artikel aus der Begleitforschungsaktivität zu den wissenschaftlich informierten Lernprozessen und Auswirkungen auf demokratische Rollenverständnisse des Biesenthaler Bürger:innenrats; (4) eine große Online-Veranstaltung des MCC am 27.09.2022 für alle interessierten Kommunen und andere Institutionen; (5) beabsichtigte Kooperationen mit iclei, Spreeakademie, Difu und anderen Institutionen; sowie (6) Ausbau von HNEE-Lehrmaterialien und weitere Verwendungen des zunächst für Studierende entwickelten Planspiels zu Stadtwald-Beteiligungsprozessen.
Angesichts der doppelten Herausforderung einerseits der gravierenden Nachhaltigkeitsproblematik, etwa bezüglich des Managements von Körperschaftswäldern, und andererseits einer ausgewachsenen Demokratie- und Legitimitätskrise, suchen politische Entscheidungsträger:innen ihr Heil zunehmend in Bürgerbeteiligung. Doch Beteiligung ist nicht gleich Beteiligung. Unser besonderer Ansatz will weder „Unten“ gegen „Oben“ mobilisieren, noch „Akzeptanzbeschaffung“ und Pseudo-Legitimität bewirken. Vielmehr geht es darum, gemeinsam und wohlinformiert nach den bestmöglichen Lösungen unter Unsicherheit für gemeinsame Probleme zu suchen und unterschiedlichste Wertvorstellungen und Sichtweisen dabei gelten zu lassen. Entsprechend wohlinformierte, gesellschaftlich tragfähige und im besten Sinne nachhaltige Zukunftspfade können diesem Prozess entspringen.
Für eine solche Zielsetzung bedarf es keines großen Idealismus oder gar Illusionen bezüglich der Deliberationsfähigkeit und -willigkeit unserer Gesellschaft. Die von uns und anderswo durchgeführten Verfahren zeigen vielmehr deutlich und nachdrücklich, dass die meisten Bürger:innen sehr wohl willens und fähig zu differenziertem, gemeinwohlorientierten Nachdenken über Handlungsoptionen sind, wenn man ihnen nur den entsprechend nötigen Moderations- und Prozessrahmen bietet.
Für manche Problemlagen in Kommunen bezüglich Nachhaltigkeit genügt vielleicht auch ein weniger komplexes Verfahren, etwa Mediation oder ein ordentliches Fachgutachten oder einfach nur mal ein offener Dialog. Der große Aufwand eines schrittweisen wissenschaftlichen Assessments und seiner niedrigschwelligen Visualisierung und anderer Elemente für dieses mehrphasige, in mehrere verknüpfte Beteiligungsstränge unterteilte Verfahren lohnt sich aber insbesondere in jenen Fällen, wo die Politik vor besonders komplexen, langfristigen und umstrittenen Herausforderungen steht – wie dies bei der Nachhaltigkeitsproblematik häufig der Fall ist. Lohn der Mühe ist im Erfolgsfall ein wechselseitiger Lernprozess, im Laufe dessen sich Meinungen sehr verändern und sogar ein Stück weit konvergieren können.
Am Ende müssen die demokratisch gewählten Abgeordneten immer noch eine schwierige Entscheidung treffen. Jedoch kann sie ein solcher Beratungsprozess eine bessere Entscheidungsgrundlage anhand alternativer Politikoptionen bieten – und letzlich wieder handlungsfähig machen angesichts der genannten doppelten Herausforderung von Nachhaltigkeits- und Demokratiekrise. Oder wie es ein Bürger:innenratsmitglied treffend formulierte: So ein Prozess könne die Möglichkeit schaffen, in Kommunen wie „in Biesenthal ein bißchen zusammenzurücken.“