Ziel des Projekts „Digital-parametrische Planungsprozesse für eine ressourcenschonende Nachverdichtung in Holzbauweise“ ist es, adaptive Holztragsysteme zu entwickeln, welche mittels eines vollparametrisierten Planungsansatzes auf unterschiedliche Erfordernisse von Bestandsbauten reagieren und so die zusätzlichen Lasten frei spannend zu klar definierten Auflagerpunkten leiten. Die Tragsysteme sollen in Holztafelbauweise ausgeführt werden, deren innere Rippenstruktur auf den Lastfluss hin angepasst ist. Unter Berücksichtigung weiterer Anforderungen aus den Bereichen Bauphysik, Brandschutz und technischer Gebäudeausrüstung sollen integrative, modulare Bauteile entstehen.
Die Forschungsarbeit soll neue Wege für eine ökologisch, ökonomisch sowie architektonisch überzeugende Nachverdichtung aufzeigen. Die Planung von anspruchsvollen Wohnraumvarianten wird mit der zu entwickelnden parametrisch-tragwerksplanerischen Methode, für unterschiedliche Aufstockungsvorhaben von Bestandsbauten vereinfacht.
Zusammenfassend soll sie den Beweis für die folgenden Punkte erbringen:
- Ressourceneffizientes Nachverdichtungskonzept auf Basis der Holzbauweise
- Universeller Planungsansatz, der aufgrund seiner Parametrik auf unterschiedliche Randbedingungen und Planungsanforderungen reagiert
- Optimierter Lastfluss durch sehr hohe Ausnutzung des Werkstoffes Holz
- Größere Varianz des generierten Raumangebots aufgrund der räumlichen Tragwirkung
- Verzicht von „Verteilerebenen“ aus CO2 intensiven Werkstoffen wie Stahlbeton oder Stahl
- Weiterentwicklung der digitalen Prozesskette vom Vorentwurf bis zur Fertigung und damit Sicherung einer schnellen und kostengünstigen Planung und Fertigung mit minimalen Verschnitt- und Abfallmengen
- Reversibilität und Wiederverwendung der Holzelemente
Das parametrische Modell wurde mit Hilfe von Rhino-Grasshopper entwickelt. Unter vereinfachten tragwerksplanerischen Annahmen, einer simplen rechteckigen Ausgangsituation (Bestands-Brutto-Fläche), sowie einer veränderbaren Raumaufteilung pro Etage, können Raumtragwerke anhand verschiedener Wandstellungen generiert werden. Abhängig davon generieren sich Raumfachwerk (Summe aller als Fachwerkträger aufgelöste Holztafeln) und Deckenelemente als flächige Elemente.
A | Entwicklung des parametrischen Raumtragwerks
- Festlegen der grundlegenden Parameter
- Parametrisieren:
- Grundfläche und Raster
- Wandstellungen anhand eines Grundrisses
- Generieren:
- Wandartige Träger
- Aufteilen der Deckenelemente nach Spannrichtung und Elementlänge
- Auflagerpunkte
- Berechnen:
- Ermitteln der Lasteinzugsflächen und Lastgrößen an den Knotenpunkten
B | Vereinfachte tragwerksplanerische Analyse an Wand- und Deckenelement
- Stablasten bei unbeplankten und beplankten Wand-Flaggen
- Steifigkeit von Längsverbindungen beplankter Holzbalkendecken
- Diskretisierung des Modells
Die Machbarkeitsstudie zeigt, dass freispannende Aufstockungen mit räumlicher Tragwirkung bei bis zu drei Vollgeschossen mit moderaten Querschnitten der Konstruktion möglich sind. Unter vereinfachten tragwerksplanerischen Annahmen, einer simplen rechteckigen Ausgangssituation (Bestands-Brutto-Fläche), sowie einer veränderbaren Raumaufteilung pro Etage, können Raumtragwerke anhand verschiedener Wandstellungen generiert werden. Das Raumfachwerk generiert sich über die Summe aller, als Fachwerkträger aufgelösten Holztafeln und flächigen Deckenelemente.
Das Vorgehen ermöglicht einfache Vordimensionierungen, das Ermitteln von Lasteneinzugsflächen und die Errechnung der resultierenden Kräfte an den Knotenpunkten des Raumfachwerks.
In Bezug auf die Längsverbindungen der beplankten Holzbalkendecken genügt keines der berechneten Systeme, bis auf den in der Realität unmöglichen monolithischen Träger den Anforderungen. Für die untersuchte maximale Feldlänge von 6250 mm ist die zulässige Anfangsdurchbiegung sowohl in Feld 1 als auch in Feld 2 überschritten. Die beidseitig beplankte Variante, mit Holzschrauben im Abstand 80 mm überschreitet die Forderung an die Durchbiegung von 21 mm allerdings nur knapp (≈ 23 mm). Es wird daher davon ausgegangen, dass sich schon ein geringfügig steiferes System im Bereich des Möglichen hinsichtlich der Durchbiegung bewegen würde. Änderung am System die das ermöglichen könnten sein:
- Doppeltes (bzw. sogar vierfaches) Vollgewindeschraubenpaar
- Kleinere Feldlänge / geringerer Auflagerabstand
- Größerer Balkenquerschnitt
- Kleiner Schraubenabstand
- Stärkere OSB-Platte
Der Schwingungsnachweis erfordert jedoch ohnehin entweder Biegesteifigkeiten die nicht mehr wirtschaftlich erscheinen oder kleinere Feldlängen. Da für die Schwingungsnachweise die Biegesteifigkeit unter der Wurzel steht und die Feldlänge im Quadrat eingeht erscheint es sinnvoll die Spannweite anstatt den Querschnitt zu verändern.
Feldlängen von doppelt beplankten Decken können bis zu ≈ 5 m erreichen und halten damit auch die Nachweise der Durchbiegung ein.
Um das Projekt in fortführender Forschung zu vertiefen wurden erfolgreich innovative Projektpartner aus Holzbau und Immobilienwirtschaft akquiriert.
Die Methodik aus der Machbarkeitsstudie soll in einem fortführenden Forschungsprojekt zur Anwendungsreife hin weiterentwickelt werden.
Das zu entwickelnde Grasshopper-Plugin soll in der Lage sein, in Echtzeit auf Veränderungen der Bestands- und Tragwerksgeometrie, abhängig der Systemsteifigkeiten und des Raumprogramms zu reagieren. Dabei soll das Tragwerk seitens der Bemessung und des Lastflusses zu den Auflagerpunkten hin optimiert werden. Für diesen Optimierungsprozess bedarf es einer tiefergehenden, komparativen Analyse verschiedener Knotenpunkte, Holzelemente, sowie Holzwerkstoffe, in Abhängigkeit variabler Bestandsbauten und Grundrissen.
Das Projekt hat das Potential einen wichtigen Baustein zur Weiterentwicklung der digitalen Planungskette für den Ingenieurholzbau zu erarbeiten – es erweitert den „vorgezogenen Planungsprozess“.
Während der Entwurfsphase wird man in der Lage sein, optimierte Tragwerksbemessung und Bauteilkonfektionierung tragwerksrelevanter Holzwände und -decken, unter variabler Grundrissgestaltung zu definieren. Bei der Bemessungsoptimierung und Konfektionierung wird darauf geachtet Konstruktionsholz und Holzwerkstoffe so materialsparend wie möglich einzusetzen, um den nachwachsenden Rohstoff bewusst zu schonen und auszunutzen. Für verschiedene Ausgangssituationen können individuelle Planungslösungen gefunden werden, welche die Wünsche von Planern und Bauherren berücksichtigt, aber gleichzeitig die Kostenvorteile der Massenproduktion, durch einen hohen Vorfertigungsgrad einschließt. Somit liefert die Methode einen zukunftsfähigen Baustein zu „Mass Customization“ im Bauwesen und Industrie 4.0. Mit dieser integrativen Methode können Planungs- und Materialkosten eingespart werden. Zudem erleichtert es den Dialog zwischen Tragwerksplaner, Architekt und (Holz-) Bauunternehmen.
Die entwickelte Parametrik könnte ebenfalls bei der Hochbauplanung im Holzbau (Nicht-Aufstockungen) angewandt werden. Zukünftig wäre auch eine dedizierte Softwareentwicklung denkbar, um den Zugang auch für „Nicht-Grasshopper-Anwender“ zu ermöglichen.