Projekt 36089/01

Modellhaftes und integriertes Rahmenkonzept der Park- und Kulturlandschaftsentwicklung in Niederschlesien am Beispiel des Fürstensteiner Grundes

Projektdurchführung

Technische Universität Dresden Lehr- und Forschungsgebiet Geschichte der Landschaftsarchitektur/Gartendenkmalpflege
Helmholtzstr. 10
01062 Dresden

Zielsetzung

Die Park- und Kulturlandschaft im niederschlesischen Fürstenstein (polnisch: Książ) ist gemeinsames europäisches Kulturerbe. Über 400 Jahre lang – von 1509 bis 1941 – war die Herrschaft Stammsitz der Grafen und späteren Fürsten von Hochberg-Pless. Seit 1990 gehört die bedeutende und drittgrößte Schlossanlage Polens der Stadt Waldenburg (Wałbrzych). Die als Kulturdenkmal ausgewiesenen Fürstensteiner Anlagen sind mit einigen hunderttausend Besuchern pro Jahr touristisches Aushängeschild der Region und trägt wesentlich zu dem sich wandelnden Image der einstmaligen Montanregion bei. Neben den schon zu ihrer Erbauungszeit berühmten Terrassengärten werden die Schlossanlagen von einer weiträumigen historischen Park- und Kulturlandschaft gerahmt, die bislang beim Museumskonzept und der Besucherführung nur eine untergeordnete Rolle einnahm. Einzigartig ist, dass sie in ihren historischen Ausmaßen noch erhalten ist, wenn auch in großen Teilen stark verwildert; Gestaltungsabsichten sind deshalb nur noch schwer bzw. lediglich für den Spezialisten erkennbar. Gleichzeitig entwickelten sich in diesen Gebieten Naturwerte mit wertvollen Lebensräumen, die als Natur- und Landschaftsschutzgebiet (zuletzt als Natura 2000-Areal) gelistet sind, jedoch unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden. Seitens des Museumsbetriebes und der Verwaltung der Schloss Fürstenstein GmbH bestand der Wunsch, die historische Landschaft stärker in ein museales und touristisches Konzept einzubeziehen. Ein Kerngebiet ist der unterhalb des Schlosses sich erstreckende Fürstensteiner Grund, der auch gleichzeitig den Untersuchungsraum des Projektes darstellte. Das felsige, baumbestandene und vom Flüsschen Polsnitz (Pełcznica) bestimmte Tal wurde im ausgehenden 18. Jahrhundert durch gestalterische und bauliche Mittel verschönert.

In der Praxis entstanden aufgrund verschiedener Zielsetzungen zwischen den Akteuren und Behörden Kommunikationsprobleme, insbesondere zwischen Natur- und Denkmalschutz. Vor Projektstart war es nicht gelungen, eine übergeordnete Ziel- und Planungsstrategie zu entwickeln, die einen Zusammenschluss von Natur- und Kulturerbe beinhaltet. An dieser Stelle setzte das DBU-Projekt an. In Zusammenarbeit zwischen der TU Dresden und der Naturwissenschaftlichen Universität Breslau (Uniwersytet Przyrodniczy we Wrocławiu) wurde ein interdisziplinäres Modellprojekt an der Schnittstelle von Kulturgeschichte, Gartendenkmalpflege, Natur- und Wasserschutz erarbeitet.

Arbeitsschritte

Projektziel war die Entwicklung einer übergeordneten Planungsstrategie, der Aufbau eines Netzwerkes zwischen regionalen Akteuren, Verwaltungen und Wissenschaftlern, das Aufzeigen des kulturlandschaftlichen Potentials für eine nachhaltige regionale Entwicklung sowie konzeptionelle Maßnahmen zur Biodiversitätserhöhung. Es galt dabei die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) und die Europäische Landschaftskonvention miteinander zu verknüpfen, zwei wichtige europäische Initiativen zur Erhaltung des Natur- und Kulturerbes, unterstützt durch das Konzept „Biocultural Diversity“.

Das Projekt wurde in drei parallel entwickelten Modulen mit je drei Stufen durchgeführt.

Modul A: Integrierte Park- und Kulturlandschaftsentwicklung
In der ersten Stufe wurden Basisdaten generiert, d. h. Recherchen und Archivarbeiten sowie ökologische, hydrologische und denkmalpflegerisch-kulturhistorische Bestandsaufnahmen durchgeführt. Aufbauend auf Analyse und Bewertung wurden Erhaltungs-, Schutz- und Entwicklungsziele formuliert.

Modul B: Kommunikation und Vermittlung
Parallel zur konzeptionell-planerischen Arbeit wurden auf Grundlage eines Kommunikationskonzeptes lokale Akteure, Fachverbände und –behörden sowie politische Entscheidungsträger frühzeitig eingebunden. Für den Aufbau und die Belebung eines fachlichen Netzwerkes fanden Projekttreffen, Fachworkshops, Informationsveranstaltungen, eine Fachexkursion sowie berufliche Qualifizierungen statt. Alle Ergebnisse wurden dokumentiert und aufbereitet, um das Projekt in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen bekannt zu machen. Durch das Einsetzen eines deutsch-polnischen Projektbeirats konnte eine strukturelle Zusammenarbeit gefördert werden.

Modul C: Aufbau und Betrieb einer GIS-Datenbank
Technisches Herzstück des Projektes war eine GIS-Datenbank, in die alle Ergebnisse, sowohl der kulturhistorisch-denkmalpflegerischen Bestandsaufnahmen als auch der ökologischen und hydrologischen Gutachten zusammengetragen wurden. Für die Analyse und Konzeption konnten so thematische Karten aufbereitet werden. Auf Grundlage photogrammetrischer Vermessungen wurden räumliche Analysen, einschließlich Sichtraumanalysen, durchgeführt.

Ergebnisse

Wichtigstes Projektergebnis ist die gemeinsam erarbeitete und abgestimmte Gesamtstrategie der integrierten Kulturlandschaftsentwicklung für den Fürstensteiner Grund. Auf Grundlage eines vielschichtigen Kommunikations- und Beteiligungsprozess partizipierten aktiv der polnische Staatsforst als Haupteigentümer der Flächen, die Schloss Fürstenstein GmbH als Museums- und Tourismusstätte, die Denkmal- und Naturschutzbehörde als zuständige Fachbehörden für das Kultur- und Naturerbe, einschließlich der Verwaltung der niederschlesischen Landschaftsschutzparks sowie das Wasserwirtschaftsamt als zuständige Institution für die Bewirtschaftung des Flusses Pełcznica. Die Projektergebnisse wurden/werden in die einzelnen Planungsinstrumentarien und Datenbänke der Behörden und Institutionen aufgenommen (GIS-Datensätze) und ab sofort bei durchzuführenden Maßnahmen berücksichtigt. Zusätzlich sollen Maßnahmen auf Grundlage der Empfehlungen in Form von Projekten konzipiert und umgesetzt werden.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist die im Projekt angelegte Modellstruktur zur Einrichtung einer langfristigen Zusammenarbeit zum Schutz und Erhalt des Kultur- und Naturerbes des Fürstensteiner Grundes. Diese Struktur soll ihre Fortführung durch Co-Management bei sämtlichen den Fürstensteiner Grund betreffenden Aktivitäten und Maßnahmen finden. Der Staatsforst hat 2023 gemeinsam mit der Regionaldirektion für Naturschutz im Programm FEnIKS 2021-2027 (Europäische Fonds für Infrastruktur, Klima und Umwelt) Mittel für einzelne Maßnahmen auf Grundlage der Gesamtstrategie beantragt. Die Fertigstellung ist bis 2026 geplant. Das Wasserwirtschaftsamt organisiert seit 2022 regelmäßig Aktionen zur Müllberäumung im Flusstal.

Hervorzuheben ist die seitens der Projektpartner erkannte Modellhaftigkeit des vorliegenden Projektes: Im Juni 2024 organisierte die niederschlesische Regionaldirektion für Naturschutz in Wrocław ein Treffen aller regionalen Naturschutzbehörden aus Polen sowie der Generaldirektion für Naturschutz aus Warschau, um das DBU-Projekt als Modellprojekt für die Verbindung von Natur- und Denkmalschutz vorzustellen und zu diskutieren.

Einen immensen Aufwand stellte die zweisprachige Kommunikation dar. Organisation, Koordination und Dokumentation erfolgten in Deutsch und Polnisch. Dadurch entstandene zeitliche Verzögerungen im Projektverlauf sollen in diesem Zuge erwähnt werden. Zukünftig sollten zusätzliche Kapazitäten, personell und zeitlich, dafür von Anfang an eingeplant werden.

Öffentlichkeitsarbeit

Von Beginn an wurde die Öffentlichkeit über das Projekt informiert. Als ständige Plattformen dienten ein Facebook-Account und eine zweisprachige Projekt-Homepage. In lokalen und regionalen Medien wurde häufig über das Projekt berichtet (Zeitungen, Online-Portalen und TV). Es fanden drei Informationsveranstaltungen in Wroclaw und Fürstenstein statt. Die öffentliche Abschlusspräsentation wurde zweisprachig durchgeführt, simultan übersetzt und online übertragen.
Auf verschiedenen Fachveranstaltungen und -tagungen in Deutschland und Polen konnte das Projekt mit Vorträgen, Postern und Führungen vorgestellt werden. Dazu gehören u. a. die VDL-Jahrestagung 2023 (Vereinigung der Landesdenkmalpfleger), die Konferenz „Sustainable development goals in managing the cultural and historic landscape“ in Krakau 2023 und die Tagung "Über Gärten im Gespräch" der Dessau-Wörlitz-Kommission 2021. Zwei Fachpublikationen erschienen. Mit einem Plakat in einer Sonderausstellung über Fürstenstein im Dresdner Kraszewski-Museum wurde über das Projekt informiert. Schulungen für Mitarbeiter der beteiligten Institutionen dienten zur beruflichen Qualifizierung als Multiplikatoren der Projektergebnisse.

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Fazit

Mit der vorliegenden Gesamtstrategie zur integrierten Kulturlandschaftsentwicklung, die mit den zuständigen Behörden und Institutionen gemeinsam entwickelt und abgestimmt wurde, liegt ein wichtiger Meilenstein zum Erhalt des Kultur- und Naturerbes des Fürstensteiner Grundes vor. Bisher gab es in Polen keine vergleichbare Initiative für historische Kulturlandschaften, Garten- und Parkanlagen, die sich in Naturschutzgebieten befinden. Erstmalig konnte ein Projekt durchgeführt werden, in dessen Rahmen ökologische und denkmalpflegerische Leitsätze für eine nachhaltige regionale Entwicklung aufgestellt wurden. Das zuvor zu konstatierende defizitäre Bewusstsein für das kulturlandschaftliche Potential, das Zusammenspiel von Biodiversität und kultureller Vielfalt, konnte durch beständigen transparenten Austausch und Informationsfluss erheblich verbessert werden. Insbesondere das in das Projekt integrierte Kommunikations- und Vermittlungskonzept war wesentlich für den Projekterfolg und innovativ für die polnische Seite. Es konnten sowohl inhaltliche als auch partizipatorische Grundlagen gelegt werden, die auch zukünftig fortgeführt werden sollen.
Schlussendlich bleibt zu hoffen, dass dem Fürstensteiner Grund auch in Zukunft eine seiner Bedeutung gemäße Pflege und Entwicklung zuteilwird, um ihn als gemeinsames europäisches Kultur- und Naturerbe für nachkommende Generationen zu bewahren.

Übersicht

Fördersumme

251.619,00 €

Förderzeitraum

01.05.2021 - 30.04.2024

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Kulturgüter
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik