Projekt 36064/01

HMV-Öko-Beton: Ökologische Optimierung von Betonprodukten durch Nutzung mineralischer Fraktionen von Hausmüllverbrennungs-Rostasche

Projektdurchführung

Universität Kassel Fachgebiet Ressourcenmanagement und Abfalltechnik
Mönchebergstr. 7
34125 Kassel
Telefon: +49 561 804-3983

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Beton als einer der meistgenutzten Baustoffe weltweit und insbesondere sein Bestandteil Zement sind in ihrer Herstellung rohstoff- und energieintensiv und dadurch mit erheblichen Umweltauswirkungen verbunden.
In Deutschland fallen jährlich ca. 6 Mio. t Hausmüllverbrennungs-Rostaschen (HMV-Aschen) als fester Rückstand nach der Abfallverbrennung an. Während ihrer Aufbereitung werden die enthaltenen Metalle abgetrennt und verwertet. Die verbleibenden vorwiegend mineralischen Reststoffe (ca. 90%) werden zum größten Teil entweder als Baustoff auf Deponien eingesetzt oder direkt beseitigt. Aufgrund ihrer physikalischen und chemisch-mineralogischen Eigenschaften eignet sich die HMV-Asche auch als Einsatzstoff in Beton. Die in der HMV-Asche enthaltenen löslichen Salze und Schwermetalle stellen jedoch ein Hindernis für diesen Verwertungsweg dar.
Das Ziel des Projekts HMV-Öko-Beton war es, Hausmüllverbrennungs-Rostaschen als rezyklierte Gesteinskörnung und Zementersatzstoff für die Herstellung von Betonfertigprodukten einzusetzen, um dadurch hochwertige, qualitätsgesicherte und ökologisch optimale Verwertungswege für HMV-Aschen zu erschließen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenHMV-Aschen aus dem Müllheizkraftwerk Kassel wurden für unterschiedliche Betriebszustände gewonnen und roh sowie gealtert charakterisiert. Zur Charakterisierung der Proben gehört die Bestimmung der Korngrößenverteilung mittels vorhandener Siebmaschinen und die Bestimmung der Materialzusammensetzung durch manuelle Sortierung. Lösliche Salze und Schwermetalle sowie relevante Feststoffgehalte an Metallen, die für die Nutzung als Gesteinskörnung bzw. Bindemittelersatz relevant sind, wurden analysiert. Zur Herstellung hochwertiger mineralischer Kornfraktionen wurden verschiedene trockene und nasse Aufbereitungstechniken im Technikumsmaßstab simuliert und bilanziert. Aufbauend darauf wurden auch Aufbereitungsprozesse im Pilotmaßstab mit einer mobilen Anlage auf dem Gelände der Firma BAUREKA durchgeführt. Die gewonnenen mineralischen Fraktionen wurden in Arbeitspaket 2 chemisch-mineralogisch charakterisiert (Phasenanalyse und Korngrößencharakterisierung). Die Feinfraktion wurde zementfein aufgemahlen und ihre Reaktionspotentiale wurden bestimmt. Weiterhin wurden geeignete Betonrezepte entwickelt, Betonprobekörper hergestellt und auf ihre mechanischen und Dauerhaftigkeitseigenschaften untersucht. Im dritten Arbeitspaket wurden die Betone im halbtechnischen Maßstab optimiert und Pflastersteine wurden hergestellt. Diese wurden auf mechanische Eigenschaften und Dauerhaftigkeit untersucht.
Im vierten Arbeitspaket wurden Elutionsversuche zur Bestimmung der Mobilisierbarkeit von Schadstoffen in den erzeugten Pflastersteinen durchgeführt. Mit den gewonnenen Daten aus dem gesamten Projekt wurden Stoff- und Energiebilanzen anhand von Material- und Stoffflussanalysen für die betrachteten Aufbereitungs- und Verwertungspfade erstellt. Darauf basierend wurde die gesamte Verwertungskette anhand von Ökobilanzen bewertet, um Umweltauswirkungen zu quantifizieren und den effektiven Umweltnutzen der Erzeugung von HMV-Öko-Beton im Vergleich zu etablierten Verwertungspfaden für HMV-Asche zu erfassen.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des Projekts HMV-Öko-Beton wurden ausgewählte Kornfraktionen der HMV-Asche aufbereitet und deren Eigenschaften so optimiert, dass eine Nutzung als Ersatz für natürliche Gesteinskörnung und Zement in Betonprodukten ermöglicht wurde. Als geeignete Aufbereitungsschritte für die Qualitätsverbesserung der HMV-Aschen wurden die Wäsche und weitergehende Metallsortierung der mittleren Fraktion und die sequentielle Mahlung und Siebung der Feinfraktion identifiziert. Trotz weitergehender Aufbereitung werden die Grenzwerte der EBV nicht eingehalten. Die Metalle in den Zielfraktionen konnten durch die weitergehenden Aufbereitung um 77 % bzw. 79 % in der feinen bzw. mittleren Fraktion reduziert werden. Somit betrug die Metallkonzentration 0,3 % in der feinen und 1,6 % in der mittleren Fraktion.

Aufgrund der Eigenschaften der HMV-Asche-Fraktionen und den Erkenntnissen aus den bautechnischen und bauchemischen Laboranalysen wurden zweischichtige Betonpflastersteine als geeignete Produkte für den Einsatz der aufbereiteten HMV-Asche-Fraktionen identifiziert. Die Nutzung der gemahlenen Feinfraktion als Zementersatz ist trotz der erfolgten Abreicherung mit Restgehalten an metallischem Aluminium konfrontiert, die im Beton eine erhöhte Porosität und damit einhergehend eine verminderte Druckfestigkeit verursachen.

Im Rahmen der Großversuche wurden die Labor- und Technikumsmischungen mittels Rezepturoptimierung auf ein Mischvolumen von 1,5 m³ hochskaliert. Dabei wurde bis zu 22 M.-% des Zements durch fein gemahlene HMVA und die komplette natürliche Gesteinskörnung durch die beiden HMV-Asche-Fraktionen (2 – 8 mm und 0 – 2 mm) substituiert. Die mit HMV-Asche hergestellten Pflastersteine wurden nach DIN EN 1338 geprüft. Dabei wurden bestimmte normative Vorgaben in allen Fällen eingehalten, wie z.B. der Abriebwiderstand. Die Vorgabe zur Spaltzugfestigkeit wird von einer Mischung eingehalten, bei der einerseits die 2 – 8 mm-Fraktion durch die entsprechende HMV-Asche ersetzt wurde und andererseits auch 11 M.-% des Zementes ersetzt wurden. Diese Mischung erfüllte aber nicht die Vorgaben für den CDF-Test und damit der Frostbeständigkeit. Die Frostbeständigkeit nach Norm wurde hingegen bei der Mischung nachgewiesen, bei der die 2 – 8 mm-Fraktion durch die entsprechende HMV-Asche ersetzt wurde; trotzdem bestehen noch Optimierungsmöglichkeiten.

Aus stoffflussanalytischer und ökologischer Sicht ist die regionale Aufbereitung und Verwertung der Zielfraktionen 0 - 2 mm und 2 - 8 mm in Betonpflastersteinen gegenüber der aktuellen Verwertungspraxis zu bevorzugen, da dadurch Recyclingniveaus erhöht und Umweltauswirkungen reduziert werden können. Der ökologische Fußabdruck der Pflastersteine sinkt, je mehr primäre Rohstoffe durch sekundäre Rohstoffe ersetzt werden. Die meisten Einsparungen werden durch den Einsatz von gemahlener Feinasche als Zementersatz erzielt, aber auch die weitergehende Metallsortierung leistet einen relevanten Beitrag zu den erzielten Einsparungen. Die Eluatuntersuchungen der gebrochenen HMV-Pflastersteine zeigten, dass die untersuchten Parameter für die Pflastersteine mit Zementersatz und Ersatz der groben Gesteinskörnung gelöste Konzentrationen aufweisen, die deutlich unter den Grenzwerten für Recyclingbaustoffe liegen. Diese Pflastersteine können daher auch nach ihrem Nutzungsende als Recyclingbaustoffe eingesetzt und im Kreislauf geführt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zu Beginn des Projekts wurde eine Pressemitteilung durch die Universität Kassel herausgegeben, in der das Vorhaben der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Diese Mitteilung ist auf großes Interesse gestoßen und hat viele Rückmeldungen ergeben.

Im Rahmen des Projekts wurden die Ergebnisse auf folgende Konferenzen und Tagungen vorgestellt:

• 11. Wissenschaftskongress Abfall- und Ressourcenwirtschaft (DGAW) in Dresden im März 2022
• Recy & DepoTech in Leoben, Österreich im November 2022
• 12. Wissenschaftskongress Abfall- und Ressourcenwirtschaft (DGAW) in Hamburg im März 2023
• 8. International Slag Valorisation Symposium in Mechelen, Belgien im April 2023
• Tagung der Verbände ITAD, IGAM und vgbe in Düsseldorf im Mai 2023
• Sardinia-Symposium in Sardinien im Oktober 2023
• 2. Hessische Ressourcenschutzkonferenz in Frankfurt (Main) im November 2023

Derzeit sind zwei Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften in Vorbereitung. Eine betrifft die Aufbereitung der HMV-Aschen und insbesondere der Feinfraktion zur Nutzung in Beton und die andere adressiert die bautechnischen Eigenschaften der aufbereiteten HMV-Aschen für die Nutzung im Beton.



Fazit

Im Projekt HMV-Öko-Beton wurden Aufbereitungsschritte für bestimmte Kornfraktionen von HMV-Aschen entwickelt, um ihre gezielte Nutzung als teilweises Bindemittelsubstitut und Gesteinskörnungsersatz in Pflastersteinen zu ermöglichen. Dabei wurden bestimmte normative Vorgaben generell eingehalten (z. B. Abriebwiderstand). Die Pflastersteine mit 100 %iger Substitution der mittleren Gesteinskörnung halten auch die Vorgaben für die Spaltzugfestigkeit ein. Die Pflastersteine mit 11 % Zementersatz zusätzlich zum vollständigen Ersatz der mittleren Gesteinskörnung erreichten die Anforderungen hinsichtlich Spaltzugfestigkeit knapp nicht. Hier besteht jedoch auch weiteres Optimierungspotenzial, dass durch gezielte Konditionsschritte der Feinfraktion und verbesserte Rezepturen in Zukunft ausgeschöpft werden kann. Die Verwertung der HMV-Asche in Pflastersteinen über eine regionale Aufbereitungskette ist ökologisch vorteilhaft gegenüber der etablierten Verwertung von HMV-Asche. In Bezug auf Treibhausgasemissionen ergeben sich die größten CO2-Einsparungen durch die Substitution von Zement durch die aufbereitete und gemahlene Feinfraktion und die zusätzliche Metallrückgewinnung aus der Asche aufgrund der weitergehenden Sortierung.

Übersicht

Fördersumme

243.930,00 €

Förderzeitraum

01.09.2021 - 31.08.2023

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik