Projekt 36055/01

Fish Trek: Ein öffentliches Melderegister mit Datenbank zur Identifikation individuell markierter Fische

Projektdurchführung

Institut für Angewandte Ökologie GmbH
Neustädter Weg 25
36320 Kirtorf

Zielsetzung

In deutschen Fließgewässersystemen schwimmen aktuell über 150.000 mit individuellen Markierungen gekennzeichnete Neunaugen und Fische* umher; wobei die Anzahl markierter Exemplare jährlich zunimmt. Wenngleich solche Markierungsprojekte insbesondere lokal für die Funktionsüberprüfung von Fischwegen durchgeführt werden, verteilen sich die sehr mobilen, z. B. mit Transpondern und telemetrischen Sendern individuell gekennzeichneten Fische über diese Projektstandorte und -laufzeiten hinaus in den Gewässersystemen. Zunehmend häufiger werden deshalb markierte Fische und Markierungen von Dritten aufgefunden oder die Codes „fremder“ Fischindividuen von automatischen Antennenstationen anderer Projekte aufgezeichnet. Bis auf wenige Einzelfälle bleibt bisher die Herkunft solcher „fremden“ Fische, die nicht im Rahmen eigener und damit bekannter Projekte gekennzeichnet wurden, ungeklärt.
Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des Projekts „Fish Trek“ im Internet ein interaktives Melderegister zur Verwaltung von Informationen aufgebaut werden, mit dem die Daten individuell markierter Fische über Projektgrenzen und -laufzeiten hinaus aufgenommen werden können. Durch die Vernetzung ist es möglich viele Fragestellungen zur Biologie und insbesondere zum Ausbreitungs- und Wanderverhalten einheimischer Fische zu beantworten. „Fish Trek“ ist ein Citizen Science Projekt, um durch eine Verlinkung von Personen, die Fische markieren (kurz: Markierer) und solchen, die gekennzeichnete Fische oder deren Markierung finden (kurz: Finder), die Herkunft und den Verbleib solcher Exemplare aufzuklären. Um die Anzahl von Rückmeldungen zu erhöhen, wurde das Projekt vom Institut für angewandte Ökologie GmbH (kurz: IfOE) zusammen mit dem Deutschen Angelfischereiverband e.V. (kurz: DAFV) durchgeführt, der über sein Verbandsorgan „AFZ Fischwaid“ eine breite Öffentlichkeit erreicht. Darüber hinaus wurde vom IfOE Publikationen verfasst, Informationsplakate ausgehängt und Vorträge über das Projekt gehalten. Zudem wird als Anreiz für Rückmeldungen ein Finderlohn von 20 € gezahlt.

* Süßwasserfisch- und Neunaugenarten werden im Text unter dem Begriff „Fische“ zusammengefasst.

Arbeitsschritte

Zentraler Teil des Projekts ist die Homepage www.Fish-Trek.eu mit einer dahinter liegenden Datenbank. Die Programmierung der Homepage auf Deutsch und Englisch wurde vom IfOE durchgeführt, im März 2022 abgeschlossen und die verschiedenen interaktiven und automatischen Features erfolgreich getestet. Weitere Arbeitsschritte waren:
1.
Erfassung der Stammdaten in der Datenbank „Fish Trek“ aus etwa 30 fischökologischen Markierungsprojekten in Deutschland (D), der Schweiz (CH), Belgien (B), Frankreich (F), Niederlande (NL), Irland (IRL), Schweden (S), der Ostsee sowie einer ethohydraulischen Untersuchung. Die Informationen wurden dem IfOE entweder von Markierern in Form von Tabellen zur Verfügung gestellt, aus Publikationen entnommen oder aus anderen Datenbanken eingepflegt.
2.
Zusammenführung der Stammdaten aus den Markierungsprojekten mit den gemeldeten Wiederfängen, Auszahlung von Prämien und Recherche nach der Herkunft unbekannter Markierungen.
3.
Datenpflege, Aktualisierung der Homepage, Fehlersuche und Fehlerbehebung sowie Durchführung von Updates.
4.
Auswertung und Auswertung der Daten bezüglich verschiedener Fragestellungen.

Ergebnisse

Bis zum 31. Dezember 2024 gingen 880 Rückmeldungen von ID Codes bei „Fish Trek“ ein. Hiervon blieb die Herkunft von 337 gemeldeten HDX PIT-Tags bzw. ID Codes ungeklärt, weil entweder die Stammdaten zu den gemeldeten ID Codes oder PIT-Tags nicht in der Datenbank „Fish Trek“ enthalten waren oder die Markierer unbekannt waren.
Bis zum 31. Dezember 2024 lagen immerhin 543 Rückmeldungen von individuell markierten Fischen vor, deren Herkunft anhand der Stammdaten geklärt werden konnte.
Auch konnte nach aufwändigen Recherchen des IfOE die Herkunft anderer, nicht direkt zurückgemeldeter, aber im Internet beschriebener ID Codes ermittelt werden. Bemerkenswert ist darunter beispielsweise der Nachweis eines mit einem HDX PIT-Tag markierten Rapfens (Aspius aspius, ID Code 143509398), der von Fischökologen der Association Saumon Rhin (F) markiert und im Oberrhein im Bereich der Staustufe Gambsheim in den Fluss entlassen worden war. Dieses Exemplar wurde in der Ruhr bei Duisburg am 07. Juli 2014 von einem Angler gefangen.
Unter den Findern waren 386 Angler, ein Koch sowie 26 Berufsfischer und ein Fischverkäufer. Von den Berufsfischern gingen leider nur selten ausführliche Angaben, z.B. Markierte Arten, Totallängen und Gewichte zu den zurückgemeldeten Fischen ein. Sogar Angaben zum Fangdatum und Fangort fehlten zumeist.
Insgesamt liegen Rückmeldungen von 21 Arten vor, wobei sich das Spektrum der zurück gemeldeten Arten sehr von dem der markierten Arten unterscheidet.
Die Stammdaten individuell markierter Fische vermitteln ein Bild über die Zeit, die ein markiertes Individuum von seiner Kennzeichnung bis zu seinem Wiederfang in einem Gewässer überlebt hat. Solche Informationen konnten erstmals durch das Projekt „Fish Trek“ gewonnen werden. Bei dem bisher am längsten mit einem HDX PIT-Tag markierten Fisch handelte es sich um einen Zander (Sander lucioperca, ID Code 144806522), der am 11. Oktober 2010 in der Elbe bei Geesthacht markiert worden war. Am 24. Oktober 2020, und damit nach über 10 Jahren wurde der Zander schließlich geangelt und sein Transponder zurückgemeldet.
Weitere Erkenntnisse lassen sich über die Wanderdistanzen gewinnen. Die Auswertung aller vollständig vorliegenden Stammdaten hat dabei überraschende Befunde sowohl in Schwimmrichtung nach stromab-, wie auch stromaufwärts erbracht. So wurden für den Zander (Sander lucioperca), der in Fachpublikationen stets als „standorttreu“ bezeichnet wird, Distanzen nach stromaufwärts von über 400 km (!) ermittelt.

Öffentlichkeitsarbeit

Jedes Citizen Science-Projekt lebt vom Mitmachen möglichst Vieler. Deshalb wurden in Zusammenarbeit des IfOE mit dem DAFV diverse Aufsätze in Angeljournalen (siehe Beispiele unten) abgedruckt, an das Fachpublikum gerichtete Publikationen veröffentlicht, Vorträge gehalten und Aufrufe gestartet, um sowohl Markierer, als auch potentielle Finder über Fish Trek zu informieren und für eine Kooperation zu werben.

• ADAM, B. & S. MÖGELTÖNDER-LÖWENBERG (2021): Fish Trek - Mittels Citizen Science individuell markierte Fische nachverfolgen. - Fischer & Teichwirt. 72/6, 216 - 217.
• ADAM, B. & S. MÖGELTÖNDER-LÖWENBERG (2022): Verfolgung individuell markierter Fische mittels Fish Trek. - Fischerei & Fischmarkt in Mecklenburg-Vorpommern, 18/4, 42 - 43.
• ADAM, B. (2022): Mit Fish Trek die Wege der Fische erkunden. - Fisch & Fang, 9/2022, S. 8.

Fish Trek

Fazit

Aufgrund der großen Reichweite des Publikationsorgans „AFZ Fischwaid“ des Kooperationspartners DAFV und den zusätzlichen Ankündigungen des IfOE ist „Fish Trek“ einer breiten Öffentlichkeit bekannt gegeben worden. Diesem Umstand ist es sicherlich zu verdanken, dass bis dato 543 Rückmeldungen individuell markierter Fische in das Projekt einfließen konnten, obgleich der Wiedernachweis gekennzeichneter Fische in der Weite der Fließgewässernetze der Suche nach „der Stecknadel im Heuhaufen“ gleicht. Die aus diesen Rückmeldungen gewonnenen Befunde und Erkenntnisse sind neu und erlauben überraschende Einblicke in das Leben der Fische in natürlichen Gewässern.
Wünschenswert wäre eine Beteiligung weiterer Projekte in deutschen und nachbarstaatlichen Gewässern. Immerhin konnten viele ausländische Fischökologen zu einer Zusammenarbeit bewogen werden, denen an dieser Stelle nochmals aufrichtig gedankt sei.
Da die Werkzeuge für „Fish Trek“ mit der Homepage und der Datenbank nunmehr entwickelt sind, wird IfOE das öffentliche Melderegister zur Identifikation individuell markierter Fische auch weiterhin kostenneutral fortführen. Auch wird der ausgelobte Finderlohn als Anreiz für die Rückmeldung von Markierungen aus dem Budget des IfOE künftig ausgezahlt.

Übersicht

Fördersumme

124.057,00 €

Förderzeitraum

15.07.2020 - 15.07.2024

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik