Eine der treibenden Größen regionaler und globaler Umweltbelastungen ist die Energieversorgung. Deren Umbau zu klimaneutralen Energiesystemen führt zu einer Verlagerung der Umweltwirkungen, so dass es zu Zielkonflikten zwischen verschiedenen Umweltwirkungskategorien kommen kann. Im Rahmen des Projekts wurde ein Planungsmodell für dezentrale Energiesysteme weiterentwickelt und erprobt, dass eine umfassende Umweltwirkungsbewertung und Integration mit technischen und ökonomischen Aspekten ermöglicht. Das Planungsmodell unterstützt die Transformation zu klimaneutralen Energieversorgungssystemen für Quartiere unter Minimierung von sonstigen Umweltwirkungen und zeigt Lösungen zum Überwinden von Zielkonflikten zwischen Umweltwirkungen und Kosten sowie zwischen den Umweltwirkungen untereinander auf. Ergebnis des Modells sind Ausbau- und Einsatzpfade für Energieversorgungstechnologien im Zeitverlauf mit ausgewogenen und insgesamt verringerten Umweltwirkungen in den einzelnen Wirkungskategorien.
Übergeordnet wurden im Projekt zwei zentrale Ziele verfolgt:
1. Entscheidungsunterstützung bei der optimalen Ausgestaltung einer ressourcenschonenden, sektorübergreifenden Energieversorgung für Quartiere unter Berücksichtigung von Kosten und Umweltwirkungen, indem eine Weiterentwicklung des Planungsmodells LAEND erfolgt, und
2. die Erarbeitung von konkreten Konzepten unter Berücksichtigung der Sektoren Elektrizität, Wärme und Verkehr in Form von Elektromobilität und multikriterieller Entscheidungsunterstützung bei der Transformation zu treibhausgasneutralen und umweltschonenden Energieversorgungssystemen auf Quartiersebene zur Sicherstellung der Funktionalität des Planungsmodells.
Aus dieser Zielstellung ergeben sich verschiedene Aufgaben. Die Version des Modells vor der Weiterentwicklung umfasst ausschließlich die Elektrizitätsversorgung fiktiver Quartiere ohne praxisrelevante Rahmenbedingungen und ist auf wissenschaftliche Einsätze zur generellen Diskussion des methodischen Ansatzes beschränkt. Der erste Arbeitsschritt umfasst die Weiterentwicklung der Grundfunktionalitäten des Planungstools LAEND. Dazu werden zuerst die Anforderungen definiert. Entsprechend der erweiterten Grundfunktionalitäten muss die Datenbasis in Bezug auf Kosten- und Ökobilanzdaten erweitert werden. Zur Sicherstellung der Praxistauglichkeit wird das Planungsmodell auf drei Fallbeispiele angewendet, um auf Basis der spezifischen Anforderungen die Funktionalitäten weiter anpassen zu können. Aus den Ergebnissen der Modellierung werden Konzepte mit konkreten Handlungsempfehlungen hin zu einer klima- und umweltschonenden Energieversorgung abgeleitet und im Rahmen von Stakeholder-Dialogen diskutiert.
Programmcode inkl. englischsprachiger Dokumentation auf githubDeutsche Dokumentation und SchulungsvideoDas Planungsmodell LAEND konnte wesentlich verbessert und erweitert werden. Alle geplanten Erweiterungen wurden umgesetzt, manche ansatzweise, andere sogar darüber hinaus. Die von den potenziellen Nutzer:innen gestellten relevanten Anforderungen konnten erfüllt werden. Besonders das Zusammenspiel verschiedener Technologien bei der Sektorenkopplung konnte aufgezeigt werden. Die Nutzerfreundlichkeit wurde verbessert, wobei der offene Quellcode viel Flexibilität bietet, um das Modell z. B. an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Alle gängigen Technologien konnten mit lizenzfreien Sachbilanz-Datensätzen abgebildet werden. Somit wurden alle gesetzten Ziele erreicht.
Über alle Fallbeispiele und Optimierungsziele hinweg zeigt sich auf Systemebene, dass der Hochlauf der Elektromobilität den Ausbau von Stromkapazitäten nach sich zieht. Dasselbe ergibt sich aus der Nutzung von Wärmepumpen, die sich sowohl aus Kosten- als auch aus Umweltsicht vorteilhaft zeigten. Die Speicherung von Strom für die Wärmeerzeugung erweist sich als nachteilig, während Wärmespeicher in jedem Fall sinnvoll sind.
Im Vergleich zur reinen Kostenoptimierung zeigt die multi-kriterielle Optimierung von Kosten und Umweltwirkungen, dass Lithium-Ionen-Batterien stärker ausgebaut werden, in mehr BHKW-Leistung investiert wird und Biomethan genutzt wird.
Auf der Technologieebene lassen sich folgende generelle Aussagen für ein System treffen, bei dem sowohl Gesamtkosten als auch Umweltwirkungen ausgeglichen sind:
- Es wird tendenziell wenig Netzstrom bezogen, was bedeutet, dass die Umweltwirkungen und Systemkosten durch Eigenerzeugung mit regenerativen Energien geringer sind. Völlig autarke Systeme sind jedoch auch selten.
- Bei ausreichender Verfügbarkeit zeigen Biomethan und Holz Vorteile; vor allem, wenn sie in Blockheizkraftwerken statt in Kesseln eingesetzt werden.
- Der komplette Ersatz von Ölheizungen und der überwiegende Ersatz von Gasheizungen ist nicht nur aus Klimaschutzgründen sinnvoll.
- Abwasser-Wasser-Wärmepumpen und Sole-Wasser-Wärmepumpen erweisen sich als besser als Luft-Wasser-Wärmepumpen.
- Solarthermie ist in der gewählten Konfiguration anderen Technologien unterlegen.
- Wenn Windenergie möglich ist, ist sie gegenüber Aufdach- und Flachdach-Photovoltaikanlagen (PV) überlegen
- PV-Anlagen auf Freiflächen oder Flachdächern sind vorteilhafter als Aufdachanlagen.
Für alle Fallbeispiele konnten schlüssige Energiekonzepte abgeleitet und in konkreten Planungen verwendet werden.
Neben Konferenzbeiträgen, bei denen das Tool LAEND und die Ergebnisse für die Fallbeispiele präsentiert wurden, gab es mehrere Webinare beim Verband der Energieberatenden GIH. Der Programmcode des Tools mit Handbuch und Schulungsvideo sowie die Energiekonzepte für die Fallbeispiele wurden im Internet veröffentlicht.
Die multi-kriterielle Optimierung führt zu ausgewogenen Energiesystemen in Bezug auf Kosten und Umweltwirkungen. Dadurch können Belastungsspitzen vermieden werden. Kostenoptimierung zeigte im Vergleich zur Treibhauspotenzialoptimierung ein deutlich höheres Treibhauspotenzial. Die Treibhauspotenzialoptimierung geht meistens mit höheren installierten Leistungen einher, was zu mehr Kosten und Gesamtumweltbelastungen führt. Dies unterstreicht die Bedeutung des Einbezugs der Umweltbelastungen durch Produktion und Bau von Anlagen. Es besteht jedoch ein Bedarf an konsistent erhobenen, technologisch differenzierten Ökobilanzdaten.
Das Planungsmodell LAEND unterstützt die multi-kriterielle Entscheidungsfindung insbesondere für kommunale Entscheidungsträger, indem es die Kriterien Ökonomie und Ökologie integriert berücksichtigt. Anwendungsmöglichkeiten des Modells liegen in der Szenarienentwicklung bei der kommunalen Wärmeplanung und der Quartiersplanung. Weiterentwicklungen im Wärmesektor sind notwendig, um das Technologieportfolio zu erweitern.
Ein Fallbeispiel zeigte, dass eine alleinige Fokussierung auf die Wärmeversorgung zu höheren Gesamtsystemkosten führt, weshalb sektorgekoppelte Systeme sinnvoll sind. Strom- und Wärmespeicher bieten wichtige Flexibilitätsoptionen.
Trotz Verbesserungen bei der Nutzerfreundlichkeit bleibt das Planungsmodell ein Expertentool. Umwelt- und Energieplanung bleibt eine Aufgabe für Experten.