Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen der Gegenwart. Für ihre Bewältigung ist eine tiefgreifende Klimaschutz-Transformation notwendig. Damit diese gelingen kann, braucht es aktive „Change Agents“ bzw. lokale Akteur*innen des Wandels, die sich nicht nur auf individueller Ebene für Klimaschutz engagieren, sondern gemeinsam mit anderen auf der Ebene des Politischen auf Veränderungen hinwirken.
Studien der Jugendforschung belegen, dass sich junge Menschen mit globalen Fragen und
Umweltfragen auseinandersetzen und ihre Bereitschaft sich politisch zu beteiligen hoch ist. Auch
Bewegungen wie Fridays for Future zeigen, dass aus dieser Bereitschaft auch tatsächliches klimapolitisches Engagement erwächst.
Das geförderte Projekt sollte es Jugendlichen ermöglichen, als Veränderungsakteur*innen (lokale)
Klimaschutztransformationen voranzutreiben und die hierfür notwendigen Kompetenzen zu
erwerben. Dafür sollten Schüler*innen aller weiterführenden Schultypen (Gymnasium, Gesamt- und Berufsschule) handlungsorientiert und klimapolitisch anhand selbstbestimmter nachhaltigkeitspolitischer Aktionen politische Lernerfahrungen sammeln und reflektieren. Dabei gilt es Strukturen sowie Lehr-Lernsettings aufzubauen, zu erproben und zu reflektieren, die das jugendpolitische Klima- Engagement langfristig in der Region verankern und zugleich eine Übertragung von der Modellregion Lüchow-Dannenberg auf andere Regionen ermöglichen.
Ziel des Projektes war es, den Schüler*innen einen Entwicklungsprozess zu ermöglichen. Sie sollen als klimamündige Bürger*innen ihr Umfeld gestalten und dabei Selbstwirksamkeit in Bezug auf den Klimaschutz erfahren. Dabei sollten die Rahmenbedingungen geschaffen werden, politische und gesellschaftliche Spannungen, Konflikte und Dilemmata innerhalb der Transformationsprozesse wahrzunehmen und kooperative Lösungsansätze hierfür zu entwickeln. Anknüpfend auch an eigene Erfahrungswelten sollen die Lernenden Strategien und Möglichkeiten zum aktiven Handeln entwickeln. In freiwilligen Arbeitsgruppen (AGs) oder in ihrem Klassenverband wählten die Schüler*innen aus ihren eigenen Erfahrungswelten heraus Themen im Kontext von Klimakrise und Nachhaltigkeit, mit denen sie sich vertieft auseinandersetzten und zu denen sie eigene Aktionen planten und durchführten. Dabei wurden sie unterstützt von einer Lehrkraft, die die Gruppe das Schuljahr über begleitete, sowie durch Workshops, die das Projektteam regelmäßig durchführte.
Die Praxisphase von KLIMA-AKTIV erstreckte sich über die Schuljahre 2021/22 und 2022/23. Die Arbeit mit den Schüler*innen-Gruppen war in fünf Phasen aufgeteilt, wobei zunächst Themenfelder, Interessenlage und Politikfelder analysiert (Phase 1), Dilemmata identifiziert sowie Klimaschutz-Projekte geplant (Phase 2) und umgesetzt (Phase 3) werden sollten. Anschließend wurden die Lern- und Partizipationserfahrungen reflektiert (Phase 4) und eine Verstetigung des politischen Klima-Projekts in Schule und sozialem Nahraum vorbereitet (Phase 5), wobei die Phasen im Projektverlauf nicht streng chronologisch und getrennt voneinander stattfanden, sondern fließend ineinandergriffen und sich stellenweise zyklisch wiederholten.
Um die Gruppen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, fanden angelehnt an die fünf Phasen von KLIMA-AKTIV in Abständen von zwei bis drei Monaten Workshops statt, die den Schüler*innen nicht nur Wissen und das notwendige Handwerkszeug zur Umsetzung der eigenen Projekte an die Hand geben, sondern auch zur Reflexion der gemachten Erfahrungen anregen sollten. Durchgeführt wurden die Workshops von den Projektmitarbeiter*innen. Ab dem zweiten Schuljahr wurde das Projektteam dabei außerdem durch sogenannte „Peer-Educators“ unterstützt, die als junge, engagierte Menschen nahbare Bezugspersonen für die Kinder und Jugendlichen waren und die Workshops durch ihre Perspektiven und Erfahrungen bereicherten. Die hauptsächliche Projektarbeit sollte aber nicht in den Workshops, sondern in den (bestenfalls regelmäßigen) Treffen der Gruppen stattfinden.
Insgesamt wurden im Rahmen von KLIMA-AKTIV 23 Workshops an Schulen, drei schulübergreifende Veranstaltungen, ein außerschulischer Workshop sowie eine schulübergreifende Lehrkräftefortbildung durchgeführt sowie verschieden Lehr-Lernmaterialien erarbeitet - unter anderem eine umfassende Handreichung.
Trotz verschiedener Schwierigkeiten ist es im Rahmen von KLIMA-AKTIV gelungen, wertvolle Impulse für eine partizipative und politische Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) an Schulen zu setzen. Duzende Schüler*innen konnten im Rahmen der von KLIMA-AKTIV angestoßenen Projekte nachhaltigkeitsbezogene Bildungserfahrungen sammeln, sich mit politischen Fragestellungen auseinandersetzen, ihre Sozial- und Organisationskompetenzen weiterentwickeln und wertvolle Selbstwirksamkeitserfahrungen sammeln. Auch Lehrkräfte wurden im Zuge der persönlichen Zusammenarbeit sowie mithilfe einer Lehrkräftefortbildung für eine politische BNE sensibilisiert. An zwei Schulen ist es außerdem gelungen, eine dauerhafte AG zu etablieren, die auch über das Projektende hinaus bestehen bleibt.
KLIMA-AKTIV konnte einen Ausblick darauf geben, wie die Umsetzung einer politischen BNE in der Schule gelingen könnte und welche Lernerfahrungen und positiven Auswirkungen auf Schüler*innen, Lehrkräfte und ihre Umwelt möglich sind. Gleichzeitig muss eingestanden werden, dass es oftmals nicht in ausreichendem Maß gelungen ist, die politische Dimension der Schüler*innenprojekte sicht- und bearbeitbar zu machen. Auch die anvisierte Bearbeitung von Nachhaltigkeitsdilemmata kam nicht bei allen Schüler*innenprojekten ausreichend zum Tragen. Hier sind wir u.a. auf Hindernisse im Hinblick auf Schulstrukturen und die Rolle von Lehrkräften gestoßen, die strukturelle Veränderungen und zusätzliche Aus- und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte erforderlich erscheinen lassen. Oftmals mussten politische Aspekte innerhalb von rückblickend zu spärlich gesäten Workshops eingebracht werden. Während dieser Workshops wurden allerdings äußerst positive Erfahrungen im Hinblick auf die Ziele von KLIMA-AKTIV gemacht, sodass sich für zukünftige Projekte eine größere Häufigkeit solcher Workshops empfehlen lässt.
Obwohl nicht alle Projektziele wie ursprünglich beabsichtigt erreicht werden konnten, bieten die Erfahrungen aus KLIMA-AKTIV eine gute Grundlage für weitere Projekte im Bereich einer politischen Bildung für nachhaltige Entwicklung. Zudem konnten durch das Projekt bereits zahlreiche Anstöße gegeben und teilweise Strukturen wie etwa die beiden auch über die Projektlaufzeit hinaus stattfindenden AGs an zwei der teilnehmenden Schulen oder die Vernetzung unter BNE-interessierten Lehrkräften im Landkreis geschaffen werden, die zu einer Etablierung einer auf Nachhaltigkeit abzielenden Bildung beitragen.
Während des Projekts wurde immer wieder die lokale Öffentlichkeit eingebunden, indem nicht nur Kooperationen mit außerschulischen Akteur*innen eingegangen wurden, sondern auch die lokale Presse mehrfach über KLIMA-AKTIV berichtete. Auch eine Begleitung über Social Media fand statt und war sogar teilweise Teil der Schüler*innenprojekte. Zur Verbreitung der Erkenntnisse und Beobachtungen aus dem Praxisprojekt, aber auch zur Verbreitung der erstellten Lehr-Lern-Materialien wurden außerdem über die gesamte Projektlaufzeit und darüber hinaus zahlreiche Vorträge und Workshops auf einschlägigen Veranstaltungen für ein (wissenschaftliches) Fachpublikum gehalten. Auch eine Lehrkräftefortbildung für BNE-interessierte Lehrkräfte im Landkreis Lüchow-Dannenberg wurde organisiert und genutzt, um die Idee des Projekts und die Erkenntnisse daraus über die vier teilnehmenden Schulen hinaus bekannt zu machen. Auch in zahlreichen einschlägigen Fachzeitschriften und wissenschaftlichen Sammelbänden aus den Beeichen der Bildung und Nachhaltigkeit wurden Beiträge publiziert.
Das Ziel der Etablierung einer partizipativen politischen Bildung für nachhaltige Entwicklung, die die Schule als politischen Sozialisationsort versteht sollte beibehalten werden. Es hat sich als wertvoll erwiesen, den Schüler*innen Freiräume dafür zu bieten, eigene und selbstbestimmte politische Handlungserfahrungen zu sammeln und sie dabei didaktisch zu begleiten, um sie auf diese Weise bei der Entwicklung politischer Handlungskompetenzen zu unterstützen. Neben den bereits vorhandenen theoretischen Überlegungen und empirischen Erkenntnissen konnte KLIMA-AKTIV einen Ausblick darauf geben, wie die Umsetzung einer so verstandenen politischen BNE in der Schule gelingen könnte.
Gleichzeitig muss eingestanden werden, dass es oftmals nicht in ausreichendem Maß gelungen ist, die politische Dimension der Schüler*innenprojekte sicht- und bearbeitbar zu machen. In der Schule gibt es strukturelle Hindernisse, Wissensdefizite und Ressourcenmangel, die die erfolgreiche Etablierung von Freiräumen für selbstbestimmtes politisches Handeln erschweren. Umso wichtiger erscheint die politikdidaktische Begleitung eigenständiger Schüler*innenprojekte. So kann ein Verständnis für gesellschaftliche Strukturen, Bedingungen und Abhängigkeiten geschaffen, die Fähigkeit zur politischen Selbstverortung innerhalb einer krisenhaften Welt gestärkt und letztlich die politische Handlungsfähigkeit der Lernenden gefördert werden, um so die notwendige gesellschaftliche Transformation voranzubringen.