Gas- und Flüssigkeitsströmungen treten in den verschiedensten technischen und nicht-technischen Systemen auf. Die zugehörigen Phänomene der Strömungsdynamik sind äußerst vielfältig und komplex. So ist die Evaluierung von Strömungsproblemen über Experimente mit aufwendigen Prototypen in vielen Fällen sehr kostspielig, wenn sie überhaupt möglich ist. Prototypen und Experimente verbrauchen zudem große Mengen an Ressourcen bei der Herstellung und Durchführung.
Die numerische Strömungssimulation (CFD, vom englischen computational fluid dynamics) ermöglicht dagegen eine schnelle, digitale Entwicklung von Produkten – weniger Experimente, weniger teure Prototypen. Messtechnisch unzugängliche Parameter können erfasst werden, physikalische Effekte können isoliert betrachtet werden. Dadurch lassen sich weitreichende Erkenntnisse für das Verhalten des Produktes gewinnen, mit denen wiederum die Entwicklung des Produktes entscheidend vorangetrieben wird – größere Reichweite von Elektroautos durch optimierte Aerodynamik, effizientere Batterien durch optimierte Kühlung, höhere Stromausbeute durch bessere Aufstellung von Windrädern, saubereres Wasser durch optimierte Hocheffizienz-Filter, effizientere Herstellungsverfahren durch optimierte Apparate – die Anwendungsmöglichkeiten sind sehr vielfältig. CFD hat sich daher im Ingenieurwesen als wertvolles Werkzeug für Forschung und Entwicklung etabliert.
Durch die notwendige Vielzahl an Modellen für die jeweiligen Spezialfälle und zugehöriger Parameter ist die CFD aber bisher ein Werkzeug, das von Spezialisten bedient werden muss, um die gewünschte Genauigkeit und Verlässlichkeit der Simulationsergebnisse zu garantieren. Hinzu kommen enorme Computerkapazitäten, die für die Lösung der rechenintensiven Algorithmen benötigt werden. Dadurch ist der Einsatz von CFD – trotz ihrer Vorteile – bisher eng limitiert.
Die Entwicklungsabteilungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) im Maschinen- und Apparatebau sowie der verfahrenstechnischen Industrie verfügen vor diesem Hintergrund häufig nicht über ein ausreichendes Budget, um Strömungssimulationen in ihren Produktentwicklungsprozess zu integrieren. Maßgeblich sind dabei die mit der Strömungssimulation bisher verbundenen Personal-, Software- und Hardwarekosten.
An diesen zentralen Problempunkten setzt unser Gründungsvorhaben an, indem wir die Vorteile der innovativen Lattice Boltzmann Methode gezielt einsetzen, um diese Hürden abzubauen. Wir beseitigen die Spezialisierungshürden durch eine benutzerfreundliche und kundenspezifische Softwarelösung und machen dadurch präzise Strömungssimulationen für Nicht-Spezialisten zugänglich – und damit gerade für KMUs. Wir beseitigen die bisherige Kostenhürde durch eine hocheffiziente Implementierung der Lattice Boltzmann Methode auf Highperformance-Grafikkarten in einer sicheren Cloud. Der Einsatz des cloudfluid Strömungslösers setzt keine Lizenzverträge voraus, keine Hardwareinvestitionen und keine feste Personalbindung, sondern wird über ein flexibles Pay-per-Use-Konzept abgerechnet.
Dabei ist es das doppelte Ziel, rechenintensive Strömungssimulationen so nachhaltig wie möglich anzubieten, und zugleich unseren Kunden zu nachhaltigeren Produkten zu verhelfen. Durch unsere Technologie erhalten die Kunden tiefe Einblicke in die Fluid- und Thermodynamik ihrer Produkte, verbessern ihr Produktverständnis und erforschen wichtige Einflussfaktoren. Dadurch ermächtigen wir sie dazu, nachhaltigere Entwicklungsprozesse und letztendlich ressourcenschonendere und effizientere Produkte auf den Markt zu bringen. Dadurch agiert cloudfluid nicht nur selbst nachhaltig, sondern ermöglicht als Multiplikator auch seinen Kunden mehr Klimaschutz.
Unsere Simulationssoftware nutzt zur Lösung von Strömungsproblemen die innovative Lattice Boltzmann Methode (LBM). Wie der Name besagt, wird die physikalisch tief fundierte Boltzmann Gleichung numerisch gelöst, indem sie auf einem Gitter (engl. lattice) diskretisiert wird. Durch das Einarbeiten weiterer Modelle und Algorithmen können diverse physikalische Prozesse, wie beispielsweise thermodynamische Vorgänge in Fluiden oder Festkörpern mittels LBM berechnet werden. Ihre Effizienz führt zu einer qualitativ neuen Ebene des Verständnisses, da sie die Lösung von Problemen ermöglicht, die bisher nicht – oder nur mit unzureichender Genauigkeit – angegangen werden konnten.
Die Promotionen der Gründer Max Gaedtke und Marc Haußmann beschäftigen sich speziell mit der industriellen Anwendbarkeit der LBM. Die hierin erlangten Erkenntnisse sind heute nicht am Markt verfügbar, wodurch sich für den cloudfluid Solver ein erheblicher Neuigkeitsgrad ergibt.
Basierend auf den Erkenntnissen aus unserer Forschung an und mit der LBM begannen wir vor rund zweieinhalb Jahren, einen neuen, innovativen Strömungslöser zu entwickeln, optimiert für Grafikkarten (GPU). Diese Implementierung erlaubt es, auf verschiedensten Hochleistungs-GPUs bisher nicht erreichte Simulationsgeschwindigkeiten zu erreichen.
Um die Vorteile unseres Prototyps zu demonstrieren, haben wir eine Vergleichsstudie mit den beiden bekannten Simulationstools OpenFOAM und OpenLB aufgesetzt. Simuliert wurde die turbulente Durchströmung eines Verbrennungsmotors. Die Diskretisierungsparameter wurden so gewählt, dass alle Verfahren dieselbe mittlere Gesamtabweichung bezogen auf die Geschwindigkeitsfelder einer hochpräzisen Messung in derselben Geometrie erreichen. Die OpenFOAM und OpenLB Simulationen wurden jeweils auf 96 CPU-Kernen ausgeführt, während die cloudfluid Simulation auf einer Nvidia P100 Grafikkarte in der Cloud lief.
Die aus diesem Testfall resultierenden relativen Simulationsgeschwindigkeiten sind in Abbildung 3 aufgetragen: cloudfluid ist bis zu 253-mal schneller.
Die in den 24 Monaten Förderperiode geplanten Aktivitäten sind als Arbeitsplan in Abbildung 6 dargestellt.
Produktentwicklung: Unser Fokus während des ersten Jahres liegt in der technischen Entwicklung eines voll-funktionalen Minimum Viable Products. Die wichtigsten Aufgaben dazu sind die Übernahme wichtiger Modelle aus den Promotionsergebnissen zum cloudfluid Solver, Aufbau einer Qualitätssicherung mittels bekannter Benchmark Simulationsfälle, die Umsetzung des Client-Cloud Systems sowie die Entwicklung einer grafischen Oberfläche für die Konfiguration von Simulationsfällen.
Klimaneutralität: Zum Ende des ersten Jahres der Förderperiode streben wir an, die cloudfluid GmbH als klimaneutrales Unternehmen von einer anerkannten Stelle zertifizieren zu lassen. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Vision und Nachhaltigkeits-Strategie auf einen genormten Standard zu bringen und unseren Einsatz öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren.
In einem zweiten Schritt ist bis zum Ende der Förderperiode geplant, auch unsere SaaS als klimaneutrales Produkt zertifizieren zu lassen. Damit würden wir eine echte Marktneuheit schaffen, eine dementsprechende Dienstleistung ist unseres Wissens nach derzeit nicht verfügbar.
Akquise: Damit wir frühzeitig Kontakt zu potentiellen Kunden aufbauen können, sind für 2022 zwei Firmenauftritte geplant: Auf der LBM Spring School, einem Fortbildungskurs für Industrie und Wissenschaftler in Krakau, und auf der Achema in Frankfurt.