Projekt 35489/01

Reduktion der Stickstoffemissionen im Gemüseanbau durch Reduzierung der Düngung und der Lebensmittelverluste in der Wertschöpfungskette

Projektdurchführung

Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Mars-la-Tour Str. 6
26121 Oldenburg

Zielsetzung

Im Freilandgemüsebau ist Stickstoff (N) ein wichtiger Nährstoff mit sehr großem Einfluss auf die Qualität gemüsebaulicher Produkte. Die Vermarktung von Gemüse unterliegt der Einhaltung staatlicher Vermarktungsnormen, die Mindestanforderungen an die Qualität des Gemüses definieren. Darüber hinaus gibt es Qualitätsanforderungen des Marktes, die im Rahmen des Wettbewerbs oftmals über staatliche Normen hinausgehen. Da viele im Freiland produzierte Gemüsearten zum Zeitpunkt des vollen Wachstums und damit in einer Phase hoher Nährstoffaufnahme geerntet werden, müssen zum Zeitpunkt der Ernte Mindestgehalte an N im Boden vorhanden sein, damit das Gemüse die Vermarktungsnormen bzw. Qualitätsanforderungen erfüllen kann. Ziel des Vorhabens war es, zu untersuchen, inwiefern und inwieweit ein Einsparpotential für N in einer konsequenten Anwendung staatlicher Normen bei der Vermarktung von frischem Gemüse vorliegt. Erstmalig sollten in dieser Studie also Einsparpotentiale für N in die Wertschöpfungskette für Frischgemüse getragen und aktiv Daten im Produktions- und Vermarktungsprozess gesammelt werden.

Arbeitsschritte

Das Projekt gliederte sich in einen Produktions- und einen Vermarktungsteil. Untersucht wurden die flächenmäßig bedeutsamen Gemüsekulturen Kohlrabi, Brokkoli, Blumenkohl und Salat. Im Produktionsteil wurden in einem „on-farm-research“-Ansatz im Betrieb auf Praxisflächen Düngefenster mit reduzierter N-Düngung angelegt. Bei der Ernte wurden Änderungen in Qualitäten und deren Häufigkeitsverteilung analysiert. Als vermarktungsfähig im Rahmen einer Vermarktung nach gesetzlichen Normen wurden folgende Parameter festgelegt: (1) Salat und Brokkoli nach Gewicht 350 g+, (2) 8er- Blumenkohl und (3) Kohlrabi 80 – 100 mm Knollendurchmesser und ohne Laub. Unabhängig von Größe, Gewicht und/oder Belaubung entsprachen alle im Rahmen des Projektes vermarkteten Produkte den gesetzlichen Vorgaben der Klasse I. Im Vermarktungsteil wurde in 35 - 38 Märkten nur die neue Vermarktungsstrategie nach gesetzlichen Normen angewandt und demnach keine Wettbewerbsware nach marktüblichen Qualitätskriterien zusätzlich vermarktet. Zusätzlich wurden im Jahr 2023 auch vergleichende Untersuchungen in der Art vorgenommen, dass Projektware und übliche Handelsware konkurrierend angeboten wurden. Untersucht wurde der Abverkauf begleitet von Verbraucherbefragungen in Verbindung mit der Entwicklung eines Marketingkonzeptes, um beim Verbraucher (1) ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen und damit (2) die Akzeptanz des neuen Verfahrens zu fördern, da ein etwaiger „Systemwechsel“ zur ausschließlichen Anwendung gesetzlicher Normen in der Wertschöpfungskette für Frischgemüse bis zur/m Verbraucher*in nur vollzogen wird, wenn die/der Verbraucher*in die „neue“ Ware akzeptiert.

Projekt REVIEW

Ergebnisse

Eine Reduktion der N-Düngung führte über drei Jahre zu reduzierten Größen/Gewichten bzw. verändertem Wachstum bei den untersuchten Gemüsearten. Die Gemüsearten reagierten artspezifisch. Ein Einfluss des Erntesystems auf die Ergebnisse konnte bei den Kulturen Brokkoli und Blumenkohl nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die Versuchsjahre waren durch Hitze- und Dürreperioden sowie Phasen mit hohem Niederschlag geprägt. Gerade Jahre mit hohen Niederschlägen zeigten ein erhöhtes Produktionsrisiko eines Totalausfalls der auf dem Acker stehenden Kultur bei reduzierter N-Düngung.
Im Projektteil Vermarktung war die Erfassung von Verkaufsdaten und die Umsetzung des Versuchslayouts hinsichtlich Werbe-/Kommunikationsmaßnahmen in den teilnehmenden Testmärkten herausfordernd und wurde im Projektverlauf mehrfach angepasst. Folgende vorläufigen Ergebnisse können festgehalten werden: (i) Qualitätsänderungen infolge reduzierter Düngung können sich tendenziell negativ auf die Verkaufszahlen auswirken. (ii) Negative Verkaufseffekte durch Qualitätsänderungen innerhalb der gesetzlichen Normen können durch gezielte Kundeninformationen teilweise ausgeglichen oder sogar überkompensiert werden. (iii) Der Einfluss von Qualitätsänderungen auf die Verkaufszahlen hängt von der jeweiligen Kultur und Art der Qualitätsabweichung ab. (iv) Die Akzeptanz von weniger gedüngtem Gemüse ist auch von der sozioökonomischen Struktur im Marktumfeld abhängig. Ein vollständiger Systemwechsel auf weniger gedüngtes Gemüse kann ohne weitere Forschung und Optimierung der Rahmenbedingungen derzeit nicht uneingeschränkt empfohlen werden.
Weitere Rahmenbedingungen nahmen mutmaßlich Einfluss auf das Projekt. Dazu zählten (i) der Produktionsstandort (Bodenart, Nutzungshistorie), (ii) saisonale Witterungsverläufe und (iii) die jeweils aktuelle Marktsituation. So war der Beginn des Projektes durch die Corona-Pandemie geprägt, während sich mit der ab 2022 steigenden Inflation eine neue Situation ergab.
Insgesamt zeigte sich, dass eine reduzierte N-Düngung die untersuchten Gemüsearten veränderte. Es zeigte sich auch, dass die Ernte und Vermarktung der Projektware von vielen Standort-, Witterungs- und Marktbedingungen abhängig waren, die auch substantiellen Einfluss auf die N-Dynamik in der Wertschöpfungskette für Frischgemüse aus dem Freiland nahmen.
Zusätzlich konnten wertvolle Erkenntnisse bezüglich der Chancen aber auch Grenzen des gewählten praxisnahen Versuchsansatzes identifiziert werden.

Öffentlichkeitsarbeit

Nachfolgend werden beispielhaft einige wichtige Punkte der Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation dargestellt. Zu Saisonbeginn 2022 und 2023 wurden von den Projektpartnern im Konsortium abgestimmte Pressemitteilungen durch die LWK Niedersachsen und EDEKA Minden-Hannover herausgegeben. Diese wurden zu Beginn des Projektes in den Verteiler der Deutschen Presse-Agentur aufgenommen. Dadurch gab es eine entsprechende regionale und überregionale Reichweite des Projektes, die sich in verschiedenen medialen Veröffentlichungen wiederspiegelte. Eine detaillierte Auflistung findet sich am Ende des Projektberichts in den Anlagen. Weiterhin wurden auf einer Fachtagung des Zentrums für Betriebswirtschaft im Gartenbau e.V. im September 2023 einem gartenbaulichen Fachpublikum erste Ergebnisse vorgestellt.

Fazit

Marktbedingungen, Witterungsverläufe und der Produktionsstandort nehmen zumindest indirekt substantiell Einfluss auf die N-Effizienz in der Wertschöpfungskette für Frischgemüse. Hier bedarf es längerfristiger Untersuchungen, um die Wechselwirkungen besser zu verstehen und gesicherte Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.
Die Untersuchungen zum Absatz veränderter Gemüse in einem praxisnahen Produktions- und Vermarktungsumfeld waren in der täglichen Umsetzung herausfordernd. Entsprechend sind die Ergebnisse aufgrund lückenhafter Datenlage nicht abschließend belastbar. Praxisnahe Versuchslayouts sollten daher von Beginn an so angelegt sein, dass alle Projektpartner sowohl finanziell als auch arbeitswirtschaftlich uneingeschränkt agieren können.
Ein weiterer Faktor ist die Preisgestaltung (Erzeugerpreis und Verbraucherpreis). Es gibt Vor- und Nachteile einer Vermarktung nach Gewicht und nach Stück. Allgemeine Aussagen hierzu lassen sich nicht treffen. Etwaige Modellrechnungen sollten mindestens vier Fragen berücksichtigen: (i) Ändert sich mit kleineren Größen auch die Anzahl der Erntedurchgänge? (ii) Ändert sich mit kleineren Größen auch die Erntequote? (iii) Ändert sich mit kleineren Größen der Arbeitsumfang je geernteter und vermarkteter Einheit? (iv) Ändert sich bei kleineren Größen die Bestandsdichte auf dem Acker?
Eine Quantifizierung der N-Einsparung an den Produktionsstandorten ist nicht möglich. Hier sind analytisch umfassendere und längerfristige Untersuchungen notwendig.

Übersicht

Fördersumme

498.222,00 €

Förderzeitraum

01.06.2020 - 31.07.2024

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung