„Sustainability in action“ hat von Dezember 2019 bis Juni 2022 junge AkteurInnen in der Republik Moldau befähigt, sich für eine nachhaltige Entwicklung in ihrer Region einzusetzen. Die Republik Moldau liegt außerhalb der EU und bestimmt die Schlagzeilen eher durch Abwanderung, Armut und Politikverdrossenheit. Gleichzeitig besitzt die Region ein großes Potenzial für eine nachhaltige Entwicklung: extrem gute Böden (Schwarzerde), 30% mehr Sonneneinstrahlung als der Durchschnitt in Deutschland, noch intakte Dorfgemeinschaften und kleinteilige Landwirtschaft, ein bedingt durch mangelnde Kaufkraft geringer Konsum. Diese Faktoren machen einigen Menschen in der Region Mut, dort zu bleiben und an einem neuen Narrativ für die Region zu arbeiten. Es fehlt ihnen an Vernetzung, modernen Unterrichtsmethoden und Strahlkraft. An diesen Bausteinen hat Active Commons e.V. zusammen mit seinem moldauischen Partner AO EcoVisio gearbeitet.
In Seminaren, Fortbildungen und Netzwerkveranstaltungen wurden junge Leute aus dem Land eingeladen, sich in die fünf Schwerpunktthemen zu vertiefen und Projektideen für ihre Gemeinschaften zu Hause zu entwerfen. Die fünf Schwerpunktthemen waren
Müllvermeidung,
Gesunde Ernährung,
Ressourcenschonende Mobilität,
Share Economy/Kritischer Konsum und
Energieeffiziens/Erneuerbare Energien.
Die Seminarteilnehmenden wurden zu ProjektmanagerInnen ausgebildet und bekamen erfahrenere MentorInnen an die Hand, die aus den vergangegen Jahren der Arbeit von EcoVisio (Bildungsprogramme seit 2013, ein Netzwerk von etwa 500 Alumni) hervorgekommen sind.
In der Bildungsarbeit fehlt es sowohl in der formalen als auch informalen Bildung an gutem Material, das den Umweltbereich ganzheitlich abdeckt. Im Rahmen des Projektes und mithilfe von FilmemacherInnen wurden Erklärfilme produziert, die dann im Unterricht und in anderen Bildungsveranstaltungen Verwendung fanden und weiterhin finden werden. Diese Filme wurden von den Seminarteilnehmenden selbst entworfen und die Themen konnten von den Schwerpunktthemen abweichen oder ganzheitlicher sein, etwa beim Thema Klimawandel alsübergeordnetes Thema.
Damit das Material möglichst gute Verwendung findet, wurden zu jedem Film didaktische Konzepte mit Hintergrundinfos und Methodentipps entwickelt und diese in Schulungen für MultiplikatorInnen (Lehrende oder NGO-Vertreter) getestet.
Die Struktur des Projektes waren:
Erster Schtritt
A Impulsseminare zu den fünf Schwerpunktthemen:
1. Müllvermeidung:
Wie kann man beim Einkaufen Müll vermeiden? – z.B. Markt statt Supermarkt und damit Logistikketten vermeiden und lokale Wirtschaft stärken. Wie reduziere ich meinen Plastikkonsum? – z.B. Stoffbeutelund eigene Wasserflasche immer dabei!
2. Bio-Landwirtschaft und gesunde Ernährung
Was sind die Konsequenzen von Chemieeinsatz, Monokulturen in der Landwirtschaft? – z.B. Artensterben
Wie kann ich meinen Fleischkonsum reduzieren? – z.B. vegetarische Rezepte
3. Ressourcenschonende Mobilität
Warum machen Fahrräder und Trolleybusse in der Innenstadt Sinn?
Welche Alternativen zum Privatauto oder Flugzeug gibt es für längere Strecken? – z.B. Carsharing oder Zug; Erholung in der Region
4. Share Economy und kritischer Konsum
Wie kann ich durchs Teilen meinen Konsum verringern und Geld sparen? – z.B. Werkzeug teilen oder solidarische Landwirtschaft
Wie kann mir Teilen mehr Lebensqualität geben? – z.B. Community Dinner oder Bücherclubs
5. Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
Tippsammlung zur Reduktion des Energieverbrauchs im Haushalt – z.B. Good bye, Stand by! oder Temperaturregulierung (20 Grad ist genug!)
Welche Modelle zur Nutzung Erneuerbarer Energien machen Sinn? – gemeinsame PV-Anlage, Mini-Biogasprojekte für Reststoffe
Diese Fortbildungen haben größtenteils online stattgefunden.
Im zweiten Schritt haben wir dann zu
B Projektentwicklungs- und Netzwerkveranstaltungen eingelanden. Hier wurden Projekt. und Kampagnenideen entworfen. Außerdem Ideen für Erklärfilme.
Im dritten Schritt wurden in
C Erklärfilme produziert, Mini-Projekte durchgeführt und Kampagnen im öffentlichen und Social Media Raum durchgeführt.
Zuletzt haben wir im Schritt
D zu Fortbildungen für LehrerInnen und anderen MultiplikatorInnen eingeladen. Hier haben wir den Teilnehmenden unsere Methoden näher gebracht und die motiviert, diese in ihrem Unterricht oder anderen Bildungseinheiten zu benutzen.
FINALE RESULTATE in Zahlen
Dezember 2019 – Juni 2022
• 5 Hauptthemen wurden während des Projekts entwickelt: 1. Abfallmanagement und -vermeidung, 2. Shared Economy und kritischer Konsum, 3. alternative Transportmittel, 4. Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie 5. nachhaltige Ernährung.
• 10 erklärende handgezeichnete Videos, die mit Teilnehmenden produziert wurden und mehr als 89.000 Aufrufe erzielten.
• 16 originelle Bilder zu aktuellen Umweltthemen wurden mit den Teilnehmenden erstellt und in den sozialen Medien veröffentlicht.
• Rund 1000 Plakate und Broschüren, die durch LehrerInnen und JugendbetreuerInnen in ländlichen Gebieten, Schulen und Jugendzentren verteilt wurden
• 2 Ausstellungen mit handgezeichneten Originalkarikaturen zum Thema Abfall und Konsum. Eine Ausstellung im öffentlichen Verkehrssystem für 6 Monate und die andere in den Hauptparks von Chisinau für 4 Monate in 2 verschiedenen Parks.
• 74 offline-Bildungsveranstaltungen wurden im Zeitraum 2020-2022 organisiert, mit Teilnehmerzahlen zwischen 12 und 50, je nach Art der Veranstaltung und Covid-Vorschriften. Die Veranstaltungen bestanden aus eintägigen Workshops und Netzwerktreffen, Wochenendseminaren, einwöchigen Seminaren und zweitägigen Multiplikatorenschulungen.
• 50 online-Bildungsveranstaltungen wurden in dieser Zeit organisiert, mit Teilnehmerzahlen zwischen 9 und 70, je nach Art der Veranstaltung. Die Veranstaltungen bestanden aus Webinaren, Workshops, Online-Netzwerktreffen, thematischen Minikursen und Seminaren sowie Foren für JugendbetreuerInnen, LehrerInnen und ModeratorInnen, die zu MultiplikatorInnen werden.
• Nach unseren Bildungsveranstaltungen wurden 47 Kleinstprojekte in verschiedenen ländlichen und städtischen Gemeinden in Moldawien von unseren Teilnehmern durchgeführt. Die Miniprojekte zielten darauf ab, die Situation bei einem der fünf Projektthemen zu verbessern oder die lokale Bevölkerung dafür zu sensibilisieren. Die Reichweite der Projekte lag je nach Art des Projekts zwischen einem Dutzend und Tausenden von Menschen.
2020-2022 waren denkbar schwierige Jahre für Umweltbildung in der Region. Zunächst war es die Pandemie, die gruppendynamische Prozesse eingedämmt hat. Als wir dann endlich im Frühling 2022 loslegen wollten mit vielen Offline-Veranstaltungen und Aktionen kam im Februar 2022 der russische Angriffskrieg dazwischen und hat unsere Aktivitäten erst einmal lahm gelegt. Alle EcoVisio-AktivistInnen und auch vieler der Alumni waren monatelang in der Flüchtlingshilfe tätig. Moldova hatte zwischenzeitlich im April 2022 knapp 300.000 Menschen auf der Flucht im Land (auf 2,6 Mio Einwohner).
Zum Ende des Projektes im Mai hat sich die Lage etwas entspannt und wurde auch immer weniger bedrohlich für Moldova selbst. Unsere Themen sind hochaktuell und unsere Methoden, besonders im Energie-Bereich nun sehr wertvoll. Moldova ist energietisch zu 95% abhängig von russischem Gas. Es ist zu befürchten, dass die Moldauer ihren kleinen Waldflächen schaden, wenn das Gas zu teuer ist oder gar nicht mehr kommt. Hier haben wir einiges an Kampagnen- und Infomaterial vorbereitet, das im Winter 2022/23 helfen kann, die Not zu lindern: Wärmedämmung, Energiespartipps etc.
Für die Außenwirkung haben wir in diesem Projekt vor allem die Social Media Kanäle von EcoVisio genutzt. In Moldova hat Facebook eine enorme Reichweite und die EcoVisio-Seite über 10.000 Follower. Auch auf youtube haben wir die Erklärfilme hochgeladen. Hier aber eher, um selbst einfach Zugriff auf eigene Materialien zu haben.
Desweiteren haben die EcoVisio-Webseite und den EcoVisio-Newsletter, wo wie über dieses Projekt berichtet haben. Da die Zielgruppe in Moldova ist, sind die Materialien größtenteils auf Rumänisch, teilweise mit russischen oder englischen Untertiteln.
Im Januar 2021 kam eine UN-Studie zum Bewusstsein über die Bedrohung durch den Klimawandel heraus. 50 Länder waren beteiligt und Moldova war das Land, in dem mit Abstand am geringsten Bewusstsein für diese Bedrohung besteht. Und das obwohl Moldova als Agrarland eins der vulnerabelsten Länder in Europa ist. Sommerdürren sind mittlerweile schon normal, Wasserknappheit ein Dauerzustand und Starkregen im Frühling verhehrend. Umweltbildung ist daher weiterhin unbedingt notwendig.
Wir hatten mit unserem moldauischen Partner EcoVisio eine schwierige Phase – zunächst waren wir aufgrund der Pandemie sehr eingeschränkt in unserem Handeln. Dann kam im Februar 2022 der russische Angriff aufs Nachbarland hinzu, das die Region in eine Art Schockstarre versetzt hat. Unsere Themen hatten es erst einmal schwer. Jetzt im Herbst 2022 sind besonders die Energiethemen so gefragt wie nie.
Wir würden gern weiter Grassroot-Arbeit machen und auch das Konzept mit Seminaren, Empowerment durch Kleinstprojekte und Kampagnenarbeit beibehalten. Wir werden weiterhin dafür Partner suchen.