Projekt 35338/01

Entwicklung eines neuen Verfahrens zur Faserstofferzeugung aus Agrarreststoffen für die Herstellung von nachhaltigen Papierprodukten

Projektdurchführung

Steinbeis Papier GmbH Bereich Forschung und Entwicklung
Stadtstr. 20
25348 Glückstadt

Zielsetzung

Aufgrund aktueller Entwicklungen auf dem Papiermarkt, rechnet der Antragssteller mit Engpässen hinsichtlich Verfügbarkeit und Qualität des Rohstoffes grafisches Altpapier. Als mögliche alternativen Faserstoffquelle werden Agrarreststoffe, wie z. B. Getreidestroh, die aktuell nicht in einer stofflichen Nutzungskonkurrenz stehen, in Betracht gezogen. Ziel des Projektes war die Entwicklung eines Verfahrens zur Erzeugung von Faserstoffen aus Reststoffen der regionalen Landwirtschaft für die Herstellung hochwertiger und nachhaltiger Papierprodukte. Aufgrund des Einsatzes von Stroh, oder auch anderen Agrarreststoffen, handelte es sich um einen sehr umweltfreundlichen Ansatz, regional verfügbare Rohstoffe effizient zu nutzen, um unter Einsatz von Holz erzeugte, weniger ökologische Papierprodukte oder sogar Plastikprodukte zu substituieren, die wegen der Entsorgungs- und Umweltproblematik stark in die öffentliche Kritik geraten sind.

Durch die Nutzung von hochwertigen Strohzellstoff kann der grafische Altpapierkreislauf gestützt werden. Gelangt der Strohfaserstoff in den Recycling-Kreislauf, könnte der Rückgang an hochwertigen grafischen Altpapieren bzw. Fasern kompensiert werden. Durch die Zumischung eines Strohfaserstoffes könnte es möglich sein, mit einem weiterhin hohen Anteil an Altpapier, hochwertige Papierprodukte herzustellen, ohne auf Marktzellstoff auf Holzbasis zurückgreifen zu müssen. Während holzbasierten Marktzellstoffen oft auf Basis schnellwüchsiger Plantagenhölzer erzeugt werden, könnte der Einsatz von Agrarnebenprodukten aus regionalen Quellen, als ökologisch vorteilhaft betrachtet werden.
Das zu entwickelnde Verfahren sollte leicht in bestehende Papierwerke implementierbar sein. Somit könnten mehrere Produzenten, die durch die Entwicklungen auf dem Altpapiermarkt eine ungesicherte Rohstoffversorgung erleben, von dieser Verfahrensentwicklung profitieren.

Arbeitsschritte

AP 1: Studie zur Rohstoffverfügbarkeit

AP 2: Herstellung eines ungebleichten Faserstoffes
Ein sehr interessanter Ansatz und der innovative Kern des geplanten Forschungsvorhabens war der Aufschluss von Agrarreststoffen unter Verwendung von Natriumcarbonat. In diesem sog. Carbonataufschluss sollten ungebleichte Faserstoffe in hoher Ausbeute und mit guten Festigkeitseigenschaften in einem unkomplizierten Verfahren mit stark vereinfachter Che-mikalienrückgewinnung erzeugt werden. Wegen des noch hohen Ligningehaltes und des niedrigen Weißgrades ist eine Bleiche derartiger Faserstoffe jedoch technologisch und wirt-schaftlich nicht umsetzbar. Daher musste der Carbonataufschluss für die Herstellung gebleichter Faserstoffe modifiziert oder unter Umständen ein alternativer Aufschlussprozess entwickelt werden.

AP 3: Herstellung eines bleichbaren Faserstoffes
Mit dem NACO- und APMP-Prozess sollten zwei weitere Aufschlussverfahren getestet wer-den, um bleichbare Faserstoffe auf Basis von Agrarreststoffen zu erhalten. Hierbei standen die Anforderungen an Weißgrad und Restligningehalt der Faserstoffe im Vordergrund, da diese Kennwerte ausschlaggebend für die Eignung der Faserstoffe für eine Bleichbehandlung sind.

AP 4: Faserstoffbleiche
Für die Bleiche der Faserstoffe aus dem vorangegangenen Arbeitspaket sollte eine Sequenz mit möglichst einfacher Technologie und geringem Chemikalieneinsatz, natürlich unter Ver-zicht von chlorhaltigen Bleichmitteln (TCF-Bleiche) entwickelt werden. Als Referenz (Bench-mark) für den endgebleichten Faserstoff sollten Altpapierstoffe für die Herstellung von Büropapier herangezogen werden.

AP 5: Bemusterung für Papiermaschinenversuche im Pilotmaßstab

AP 6: Papiermaschinenversuche und Herstellung von Verpackungspapieren

AP 7: Bewertung der Umweltrelevanz sowie der technologischen und wirt-schaftlichen Umsetzbarkeit

Ergebnisse

Die Rohstoffverfügbarkeit potenzielle Faserstoffquellen am Standort Glückstadt wurde untersucht. Neben dem Anfall faserhaltiger Nebenprodukte der regionalen Landwirtschaft, wurde die verfügbarkeit von Getreidespelzen recherchiert. Parallel wurden ungebleichte Faserstoffen auf Basis von Agrarreststoffen hergestellt. Als Rohstoffe wurden Weizen- und Gerstenstroh sowie Haferspelzen verwendet.
Für die Herstellung von ungebleichten Faserstoffen wurde Weizenstroh verwendet. Für den Aufschluss wurde das sog. Carbonatverfahren eingesetzt. Hierbei wird das Stroh mit Natriumcarbonat (Na2CO3) aufgeschlossen. Als Referenz wurden Sodakochungen mit Natriumhydroxid (NaOH) durchgeführt.
Es konnten ungebl. Faserstoffe in hoher Ausbeute (bis zu 72 %) hergestellt werden. Die Faserstoffe besaßen moderate Festigkeiten.
Die Referenz-Sodafaserstoffe besaßen Ausbeuten von bis zu 67 %. Da NaOH im Vergleich zu Na2CO3 eine stärkere Alkalinität besitzt, verlief auch der Aufschluss intensiver. Für die Herstellung von bleichbaren Faserstoffen wurde neben Weizenstroh auch Gerstenstroh sowie Haferspelzen verwendet. Für den Aufschluss wurde das NACO-Verfahren eingesetzt. Hierbei wird der Aufschlussreaktor zusätzlich mit Sauerstoff beaufschlagt. Zusätzlich wurde auch NaOH als sog. Makeup-Chemikalie eingesetzt, um den Aufschluss zu intensivieren. Neben dem NACO-Verfahren wurde auch der APMP-Prozess untersucht. Bei der breiten Rohstoffpalette sowie durch die unterschiedlichen Aufschlussvarianten wurde ein breites Spektrum an Ergebnissen erzielt. Die Faserstoffausbeuten lagen im Bereich von 55–70 %. Es konnten Weißgrade von bis zu 44 %ISO erzielt werden. Für die Bleiche der Faserstoffe wurden unterschiedliche völlig chlorfreie (TCF) Bleichsequenzen entwickelt. Es wurden gebleichte Faserstoffe mit Weißgraden von bis zu 73 %ISO hergestellt. Die Kombination aus hohen lokalen Rohstoffkosten zusammen mit einer negativen Experteneinschätzung bezüglich der Mobilisierbarkeit zusätzlicher Rohstoffmengen mit hohen Ausbeuteverluste und hohen Chemikalieneinsatzmengen für die Erzeugung von gebleichten Fa-serstoff ergab eine negative Standorteinschätzung für die Erzeugung von Faserstoff auf Basis von Getreidenebenprodukten am Standort Glückstadt.

Öffentlichkeitsarbeit

2023: Saake, B., Steffen, F., Chen, Y., Heizmann, T., Nepal, S., Eckardt, M. P.: „Pulping of wheat straw with sodium carbonate – an alternative fiber source for the paper industry“. International Symposium on Wood, Fiber and Pulping Chemistry. 06.07.2023, Venedig, Italien.

2023: Nepal, S.: „TCF bleaching of NACO Straw Pulps“. Project Work. Universität Hamburg.
Eckardt, M. P.: „NACO-Aufschluss von Weizenstroh zur Herstellung von bleichbaren Faserstoffen“. Bachelorarbeit. Universität Hamburg.

2022: Wolter, J.: „Investigation on NACO Pulping of Canola and Barley Straw“. Master Thesis. Universität Hamburg.
Chen, Y.: „Optimisation of NaCO pulping and TCF bleaching of oat husks“. Master Thesis. Universität Hamburg.

2022: Wolter, J.: „Investigation on NACO Pulping of Canola and Barley Straw“. Master Thesis. Universität Hamburg.

2021: Gülsün, R.: „Untersuchungen zur Herstellung von bleichbaren Hochausbeutefaserstoffen aus Weizenstroh“. Bachelorarbeit. Universität Hamburg

Fazit

Es konnte gezeigt werden, dass das Carbonatverfahren für die Herstellung von Faserstoffen auf Basis von Agrarnebenprodukten geeignet ist. Insbesondere zur Erzeugung von unge-bleichten Faserstoffen ergibt sich ein einfacher Prozess, der mit unterschiedlichen Rohstoffen betrieben werden kann. Das NACO-Verfahren bietet sich für die Erzeugung von bleichbaren Faserstoffen an. Allerdings waren dafür hohe Chemikalieneinsatzmengen (vor allem in der Bleiche) notwendig und auch die Ausbeuteverluste waren sehr ausgeprägt. Eine Modifizierung des NACO-Verfahrens durch Zugabe von geringen Mengen an Natriumhydroxid (als sog. Make-up) führte zu wesentlich besseren Aufschlussergebnissen.
Die großtechnische Umsetzbarkeit am untersuchten Standort ist für Steinbeis Papier aufgrund der regionalen Rohstoffsituation leider nicht gegeben. Für die Erzeugung von ungebleichten Fasern beispielsweise für Lebensmittelverpackungen ist der Prozess weiterhin interessant. Dieses Projekt kann somit Grundlage dienen, um die Wirtschaftlichkeit des Carbonatverfahrens an anderen Standorten zu bewerten.

Übersicht

Fördersumme

353.014,00 €

Förderzeitraum

01.10.2020 - 30.09.2023

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter